Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

In diesem Jahr fehlen der Agrarbranche deutschlandweit noch mehrere hundert Auszubildende, allein in Mecklenburg-Vorpommern braucht es noch um die 100. Demografischer Wandel und Generationenwechsel erfordern neue Wege in der Nachwuchssicherung. Als erstes Bundesland setzt das Bildungswerk der Landwirtschaft M-V bei dieser Herausforderung ab sofort auf einen softwaregestützten Bewerberpool, der Betriebe und Bewerber zusammenführt.

Deutsche Landwirte suchen Nachwuchs mit Leidenschaft für Natur und Tiere, die aber zunehmend auch weitere Anforderungen erfüllen müssen. So erfordern moderne, computergestützte Landwirtschaftsmaschinen mathematisches Wissen und Kenntnisse der Informationstechnik. Dementsprechend forschen lokale Verbände händeringend nach effizienten Methoden, um die raren Nachwuchskräfte für die grünen Berufe in der Agrarwirtschaft zu begeistern. Mecklenburg Vorpommern entschied sich für die Zusammenarbeit mit den Personalexperten der Berliner Younect GmbH. Deren Konzept branchenspezifischer Bewerber- und Talentpools ist 2012 nominiert für den Bundessieg im Wettbewerb "365 Orte im Land der Ideen." Eine Idee, die auch Torsten Weidmann, Geschäftsführer des Bildungswerks der Landwirtschaft Mecklenburg-Vorpommern, überzeugte: "Jeder landwirtschaftliche Betrieb in unserem Land hat seine Besonderheiten. Genau wie auch jeder Schulabgänger seine eigenen Talente und Wünsche an den Ausbildungsbetrieb mitbringt. Der Bewerberpool führt zwei passende Pole zusammen."

Vom Nachbarsjungen zum Nachwuchsportal: Ein Leuchtturmprojekt aus dem Norden

Die klassische Hofübergabe, wie man sie aus den alten Bundesländern kennt, spielt in Mecklenburg-Vorpommern eine untergeordnete Rolle. Davon spricht auch Weidmann: "Ein Großteil der Auszubildenden kommt heutzutage aus landwirtschafsfernen Bereichen. Auch der Nachbarsjunge, der schon in den Ferien immer bei der Heuernte half und nach dem Schulabschluss dann seine Lehre auf dem landwirtschaftlichen Betrieb macht, ist kaum noch anzutreffen." Engagement und Schritte auf die Jugendlichen zu sind gefragt, wenn der Ausbildungsbetrieb auf der Suche nach dem richtigen Nachwuchs nicht leer ausgehen will. Natürlich gibt es auch Betriebe, die sich um Auszubildende keine Sorgen machen müssen, weil sie in guter Lage liegen oder sich einen über die Jahre gewachsenen guten Ruf als Ausbildungsbetrieb geschaffen haben. "Doch meist reicht die Stelle an sich nicht mehr als Lockmittel", so Weidmann. "Finanzielle Unterstützung beim Führerschein, eine betriebseigene Unterkunft - Landwirte lassen sich heutzutage einiges einfallen, um Schulabgänger zu überzeugen. Die Besten sind schnell weg." Viele Ausbilder haben schon dazugelernt und stellen ihren Betrieb in nahegelegenen Schulen vor. Persönliche Vorstellung, das Angebot, Praktika zu absolvieren, all das erhöht die Wahrscheinlichkeit, den richtigen Kandidaten zu finden.

Um Ausbildungsbetriebe zu unterstützen und sie mit geeigneten Kandidaten zusammenzuführen, hat Weidmann in Zusammenarbeit mit der Berliner Younect GmbH den "Bewerberpool Agrarwirtschaft M-V" ins Leben gerufen. Die Plattform bietet einerseits landwirtschaftlichen Unternehmen und Einrichtungen im Bundesland die Möglichkeit sich zu registrieren und vorzustellen. Andererseits sind Schulabgänger mit Interesse an den grünen Berufen aufgefordert ihre Bewerbung im Pool zu hinterlegen.

"Die Anmeldung erfordert von den Jugendlichen nicht mehr Zeit als zwei Postings auf facebook", schmunzelt Weidmann. "Wir hoffen, dass wir unseren Nachwuchs da abholen, wo er sich eh gerne tummelt: online." Auch die Betriebe müssen nur wenige Minuten investieren, um sich zu registrieren. Um den Bewerberpool zu füllen, sind Weidmann und seine Kollegen dieser Tage viel unterwegs. Sie besuchen Messen und Infotage, gehen in Schulen und begeistern Schüler ab der Klassenstufe 9 für die Landwirtschaft. Interessierte erhalten eine Einladung in den Pool und können ihre Unterlagen hochladen. Doch auch Lehrer und Betreuer anderer Bildungseinrichtungen können sich zukünftig am Bewerberpool beteiligen. Sie empfehlen Schüler, die sie für Agrarberufe aufgrund verschiedener Qualifikationen als geeignet sehen, und verfassen ihre Referenzen direkt im Bewerberpool.

"Wir möchten mit dem Portal zeitgemäß dem demografischen Wandel und den besonderen Herausforderungen der Agrarbranche in Mecklenburg-Vorpommern begegnen." So formuliert Weidmann sein Ziel. Bis Ende des Jahres erhofft er sich 50 bis 100 registrierte Betriebe auf seiner Internetseite. Auch sie werden auf Messen und Veranstaltungen angesprochen und in den Pool eingeladen. "Ich möchte Ausbilder und Schüler zusammenbringen. Immerhin braucht unser Bundesland auch im kommenden Jahr wieder 250 bis 300 leidenschaftliche Auszubildende in grünen Berufen".

 

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