Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Norbert Müller merkt man seinen Stolz an, wenn er über den neuen Café-Pavillon auf dem Kesselbrink - einem zentralen Platz in der Innenstadt der Ostwestfalen-Metropole - spricht. „Architektonisch einmalig“, schwärmt der Geschäftsführer der Bielefelder Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (BGW). „Es ist von unseren 600 Häusern derzeit mein Lieblingsobjekt.“ Rund 2,4 Mio. Euro hat die BGW in diesen Bau investiert. Das Besondere, was bei dem Kubus sofort ins Auge sticht, ist seine grüne Außenfassade. 12.000 Efeu-Pflanzen wurden dafür in speziellen Kübeln auf einem Stahlskelett an dem Gebäude befestigt.

Kesselbrink

Norbert Müller, Geschäftsführer der BWG (Fotos: HALM)

Wer den Kesselbrink bei Google Streetview sucht, kann sich anschauen, wie trist der Platz noch vor wenigen Jahren aussah. Anfang der 1960-er Jahre war hier eine riesige Tiefgarage gebaut worden und darüber ein Busbahnhof mit einigen Kiosken. Im Laufe der Zeit war der Ort etwas heruntergekommen und die Tiefgarage sanierungsbedürftig geworden. Im Juli 2010 wurde deshalb ein freiraumplanerischer Wettbewerb zur Neugestaltung des Kesselbrinks ausgerufen, aus dem eine Arbeitsgemeinschaft von Berliner Architekten und Ingenieuren als Gewinner hervorging. Die Gebäude wurden abgerissen und die marode Tiefgarage mit ihren 700 Stellplätzen in Stand gesetzt. Anschließend begann man mit der Umsetzung des Siegerentwurfs, welcher einen geometrischen Park mit Baumreihen, einem Rasenplateau, einer gepflasterten Mehrzweckfläche sowie einem Café-Pavillon vorsah. Auch der bereits vor der Neugestaltung vorhandene Bike- und Skatepark auf der Ostseite des Platzes wurde komplett neu angelegt und ist jetzt die größte innerstädtische Skateanlage Deutschlands.

Der neue Kesselbrink wurde im September 2013 feierlich eröffnet – allerdings noch ohne das Café. Das war zwar Teil des Entwurfes, aber nicht des Finanzierungplanes. Da kein geeigneter privater Investor für das Projekt gefunden wurde, übernahm die BGW die Aufgabe. Der gemeinnützige Immobiliendienstleister gehört zu 75 Prozent die Stadt Bielefeld. „Als die Anfrage der Stadt kam, wussten wir sofort, dass man an dieser exponierten Stelle mitten in der City ein einmaliges, innovatives Gebäude errichten muss. Die Architektur sollte besonders und auch ökologisch vernünftig sein“, berichtet Müller. Es ist ihm außerdem wichtig zu betonen, dass kein Geld der Kommune in das Projekt geflossen sei.

Mit dem Entwurf des Café-Neubaus wurde der Architekt Sven Detering aus Bielefeld beauftragt. „Im ursprünglichen Plan für die Platzgestaltung war ein Kubus komplett aus Glas vorgesehen. Der sollte 21 Meter hoch, breit und tief sein. An diese vorgegebenen Abmessungen musste ich mich bei den Entwürfen für das zweigeschossige Gebäude halten“, erinnert sich Detering. „Die Idee mit der grünen Fassade kam dann von der BGW. Ich hätte wahrscheinlich gar nicht gewagt, einem Bauherren so etwas Außergewöhnliches vorzuschlagen.“ Gemeinsam hat man sich Fassadenbegrünungssysteme verschiedener Hersteller angesehen. Die Wahl fiel schließlich auf das System „Elata“ des schwäbischen Unternehmens Helix Pflanzensysteme. Dieses wurde modifiziert und an das Bielefelder Projekt angepasst. „Wir wollten bei diesem Gebäude auf keinen Fall Risiken eingehen und haben uns deshalb für den Anbieter mit der meisten Erfahrung auf dem Gebiet der nichtbodengebundenen Gebäudebegrünung entschieden“, so der Architekt. Da der grüne Gesamteindruck des Gebäudes auch in den Wintermonaten bestehen bleiben soll, gab es bei der Pflanzenauswahl zu Efeu keine Alternative. Bereits in der Bauphase hatte die BGW für die Gerüstverkleidung deshalb eine Folie mit Efeublättern als Motiv bedrucken lassen. So konnten sich die Bielefelder schon früh eine Vorstellung davon machen, wie das Gebäude einmal aussehen sollte.

Efeuumhüllt

Am 19. September 2014 eröffnete schließlich das „Café Agora“ auf dem Kesselbrink 2. Als Pächter wählte die BGW bewusst keine Kaffee- oder Fast-Food-Kette, sondern einen Gastronom der einen Bezug zu Bielefeld hat. Die Einrichtung der zwei Etagen wurde passend zum Gebäude edel und puristisch gewählt. Auf der Dachterrasse wird es im Sommer einen Loungebereich geben und eine kleine separate Eisdiele mit Straßenverkauf ist auch geplant. Das Gebäude verfügt über 600 Quadratmeter Nutzfläche und bietet etwa 150 Sitzplätze. Rechnet man die Außengastronomie auf Balkon und im Biergarten dazu, kommt man auf rund 400 Plätze. Auf der Speisekarte steht heute mediterrane und regionale Küche.

Der eigentliche Gebäudekörper des Neubaus ist mit einer vorgehängten Stahlkonstruktion umgeben, an der die Pflanzenträger befestigt sind. Die fensterlose Westseite, auf der sich die Funktionsbereiche des Cafés befinden, wurde komplett begrünt. An den anderen Seiten schieben sich drei Elemente aus der Efeufassade heraus: Der Windfang am Haupteingang, ein Glaskubus an der Nordseite und der große Balkon, der das Gebäude in Richtung des Platzes öffnet. Auf der Südseite verbirgt das natürliche Grün eine Fluchttreppe, die sich außerhalb befindet.

In vier Reihen übereinander haben ca. 240 Meter Pflanzkästen ihren Platz rund um das Haus gefunden. Es sind speziell gedämmte Anfertigungen, so dass der Efeu im Winter nicht erfrieren kann. Die vorgezogenen Kletterpflanzen wachsen in einem Granulat und stützen sich auf ein stabiles Metallgitter. Sie bildeten schon nach kürzester Zeit eine üppig grüne Pflanzenwand. Für eine optimale Versorgung sind beim Helix Fassadenbegrünungssystem „Elata“ alle Pflanzgefäße an eine computergesteuerte, vollautomatische Bewässerungs- und Düngungsanlage angeschlossen. Sensoren an den verschiedenen Seiten des Hauses bestimmen, wann welche Pflanzen gewässert werden müssen. Laubengänge zwischen Begrünung und Gebäude ermöglichen Wartungsarbeiten sowie die Pflege und das regelmäßige Schneiden der Kletterpflanzen.

An der TU Dresden wurde bereits eine Studie zu dem neuen BGW-Gebäude in der Bielefelder Innenstadt erstellt. Es wurde berechnet, dass die eingebrachten Efeupflanzen insgesamt eine Blattoberfläche von 4.500 Quadratmetern aufweisen. Die grüne Fassade soll so jährlich 760 Kilogramm Sauerstoff freisetzen und 1.070 Kilogramm CO2 absorbieren. „Im Sommer hat das Begrünungssystem außerdem eine beschattende und kühlende Wirkung für das Café. In Zeiten des Klimawandels ist das – gerade bei Häusern mit vielen Fensterflächen – ein wichtiges Thema“, erklärt Detering. „Darüber hinaus kann durch solche zusätzlichen Grünflächen die Artenvielfalt in einer Stadt aktiv und quantifizierbar gefördert werden. Schon jetzt kann man viele Vögel auf Nahrungssuche zwischen den Efeupflanzen beobachten und wahrscheinlich werden im nächsten Jahr die ersten hier auch nisten.“ Aber obwohl die grüne Hülle viele positive Auswirkungen auf das Haus und die direkte Umgebung hat, unterstreicht der Architekt, dass es sich dabei in erster Linie um ein Gestaltungselement handele, welches zur optischen Aufwertung des Gebäudes und des Platzes beitrüge. Und hört man sich einmal in Bielefeld um, wurde dieses Ziel auf jeden Fall erreicht. Der neu gestaltete Kesselbrink wird heute wieder von Jung und Alt angenommen und entwickelt sich zu so etwas wie der neuen Mitte der Stadt. Hier finden Wochenmärkte und Kulturveranstaltungen statt und rund um das „Café Agora“ ist von morgens um 9 Uhr bis Mitternacht immer etwas los.

 

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