Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Was tun nach dem Schulabschluss? Diese Frage stellen sich jedes Jahr zahlreiche junge Menschen in Deutschland. Beliebte Berufe wie Mechatroniker oder Arzthelferin sind jedem ein Begriff. Von vielen weiteren spannenden Ausbildungsberufen hingegen hat der Großteil der Schulabgänger noch nie etwas gehört. Um Schülerinnen und Schülern die Bandbreite der beruflichen Möglichkeiten nahezubringen, veranstalten immer mehr Schulen Berufsmessen oder laden Unternehmen ein, die über Lehrberufe informieren. So auch die Gemeinschaftsschule an der Lecker Au.

Adonis Andresen (links) und Stefan Momsen beweisen Achtklässlern in der Gemeinschaftsschule an der Lecker Au, das Mathe nicht so nutzlos ist, wie viele Schüler denken.

Mathematik im wahren Leben: Die Schüler René Traum (links) und Richard Hainul arbeiten konzentriert an der Lösung einer Textaufgabe, die den mathematischen Arbeitsalltag eines Landschaftsgärtners widerspiegelt. Fotos: Reith

Nach einer erfolgreichen Berufsmesse im Februar bekamen die achten Klassen nun Besuch von Adonis Andresen. Der Ausbilder und Referent für Nachwuchswerbung beim Fachverband für den Garten- und Landschaftsbau Schleswig-Holstein (FGL) übernahm am 10., 16. Und 17. März in insgesamt sieben Klassen das Zepter im Mathematikunterricht. Das Ziel: Die Schülerinnen und Schüler für eine Karriere als Landschaftsgärtner zu begeistern und zu zeigen, wie wichtig es für diesen Beruf ist, in den Mathestunden aufzupassen. Mit dabei waren an jeweils einem Tag auch Stefan Momsen vom landschaftsgärtnerischen Fachbetrieb „Gartenträume“ mit Sitz in Emmelsbüll-Horsbüll und Peter Schmidt-Petersen vom landschaftsgärtnerischen Fachbetrieb Theodor Andresen aus Niebüll.

„Landschaftsgärtner pflanzen Blumen und Pflanzen um und graben vielleicht auch Teiche“

Montagmorgen, Matheunterricht: Der Lehrer Egbert Möller hat das Pult in der Klasse 8a geräumt und zwischen seinen Schülern im Klassenraum Platz genommen. Seinen Job übernehmen heute Adonis Andresen und Stefan Momsen. Das Thema des Tages: Wozu brauche ich Mathematik, wenn ich als Landschaftsgärtner arbeiten will? Aber was macht ein Landschaftsgärtner überhaupt? „Blumen und Pflanzen umpflanzen. Vielleicht auch Teiche graben“, lautet die Antwort eines Schülers auf Andresens Einstiegsfrage. Dass die wenigsten

Schülerinnen und Schüler eine genaue Vorstellung vom Beruf des Landschaftsgärtners haben, wundert Andresen nicht. „Bei mehr als 350 anerkannten Ausbildungsberufen sehen die Jugendlichen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Ein Grund mehr für die Landschaftsgärtner, sich von der Masse abzuheben. Die Personalverantwortlichen der grünen Betriebe müssen begreifen, dass es fünf vor 12 ist. Wir haben akuten Bewerbermangel in Schleswig-Holstein“, sagt der Referent für Nachwuchswerbung.

Wenn Ausbilder in Schulen für ihre Unternehmen und Ausbildungsberufe werben, ist das für Betriebe und Schüler eine Win-win-Situation: „Die regionalen Unternehmen erhalten eine Plattform und die Möglichkeit, potenzielle Nachwuchskräfte zu informieren und zu interessieren. Die Schülerinnen und Schüler bekommen neue Perspektiven für ihren beruflichen Werdegang aufgezeigt“, sagt Benjamin Mommsen, Koordinator für Berufsorientierung an der Gemeinschaftsschule. In der Klasse 8a der Gemeinschaftsschule an der Lecker Au kommen die Schülerinnen und Schüler an diesem Morgen zunächst zu der Erkenntnis, dass Landschaftsgärtner durchaus nicht nur Blumen pflanzen. Adonis Andresen hat Pläne an die Wand geworfen, die komplette Garten- und Parkanlagen mit Pflanzen, Bäumen, Wegen, gepflasterte Terrassen, Teichen, Mauern und Zäunen zeigen. „All dies und noch viel mehr machen Landschaftsgärtner“, sagt der Ausbilder des landschaftsgärtnerischen Fachverbandes in Schleswig-Holstein, in dem aktuell rund 110 anerkannte Fachbetriebe Mitglied sind.

„Mathematik ist wohl doch nicht so nutzlos“

Einige Schüler zeigen sich beeindruckt von der Vielfalt des Berufes: „Das klingt wirklich vielseitig. Ich hätte nicht gedacht, dass Landschaftsgärtner so viele verschiedene Dinge machen“, sagt der Achtklässler Richard Hainul. „Und viel rechnet“, ergänzt Stefan Momsen und schlägt damit eine Brücke zu Thema des Schulunterrichtes. An der Leinwand erscheint nun eine Textaufgabe: Eine Terrasse soll als Rechteck gepflastert werden. Der Architekt hat im Plan die Länge 7,50 cm x 3,75 cm gezeichnet. Der Maßstab beträgt 1:200. Da es sich um eine begehbare Fläche handelt, reichen 10 cm Tragschicht + 5 cm Ausgleichsschicht aus. Wie viele m² Pflastersteine müssen bestellt werden? Wie viel Tragschicht muss bestellt werden, wenn der Verdichtungsfaktor bei 30 % liegt? Wie oft muss der LKW fahren, wenn für diese Terrasse 33,64 m³ Oberboden abgefahren werden müssen, 1 m³ Oberboden 1,7 t wiegt und der LKW 9 t zuladen kann?

Die Köpfe der Achtklässler rauchen. Manch einem wird nun bewusst, dass Mathematik doch nicht so unnütz ist, wie bisher vermutet. Maßstabs-, Flächen-, Volumenberechnung und Prozentrechnung – all dies in einer Textaufgabe und dann noch in einer, die unmittelbar aus dem beruflichen Alltag eines Landschaftsgärtners gegriffen ist. „Ein Landschaftsgärtner arbeitet viel in und mit der Natur. Er muss aber auch in der Lage sein, Vermessungen und Berechnungen durchzuführen, Aufträge korrekt zu kalkulieren und für seinen Betrieb ökonomisch sinnvolle Entscheidungen zu fällen. Für all diese Aufgaben ist Mathematik sehr wichtig“, so das Fazit von Adonis Andresen nach lehrreichen 90 Unterrichtsminuten. „Das war echt ganz cool. Die Verbindung zwischen Mathe und Beruf hat echt Spaß gemacht“, wird der Referent für Nachwuchswerbung im Anschluss von Schüler René Traum gelobt. Auch Stefan Momsen ist zufrieden: „Dies ist ein guter Weg, mit Nachwuchskräften in Kontakt zu kommen.“ Peter Schmidt-Petersen ergänzt: „Es ist wichtig, dass die jungen Leute wissen, was sie in unserem Beruf erwartet. Nur wer alle Anforderungen kennt, kann entscheiden, ob der Beruf der richtige ist“.

 

Empfohlen für Sie: