Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

In der Immobilienwirtschaft ist jeder Quadratmeter Geld wert, deshalb wird es vor allem in hochverdichteten Städten für Bäume, Sträucher und Grünflächen eng. Die Folge: Bürger, die keinen eigenen Garten haben, müssen oft weite Wege auf sich nehmen, wenn sie eine ruhige, grüne Zone zur Entspannung suchen. Auf der anderen Seite gibt es immer mehr extensiv bepflanzte Dachflächen. Schätzungen zufolge sind heute in Deutschland etwa zehn bis 15 Prozent der Flachdächer begrünt, Tendenz steigend.

Der Dachpark Vierhavenstrip in Rotterdam ist seit anderthalb Jahren geöffnet und zeigt anschaulich, wie viele andere Flachdächer mitten in der Stadt heute aussehen könnten. (Foto: Nophadrain)

Eine positive Entwicklung, denn die grünen Dächer sind ökologische Ausgleichsflächen, speichern Regenwasser, filtern Schadstoffe aus der Luft, sorgen für eine Verbesserung des Umgebungsklimas und sind für das Gebäude eine zusätzliche Wärmedämmung im Winter und ein Hitzeschild im Sommer.

Diese positiven Effekte und auch finanzielle Anreize – direkt durch Zuschüsse oder indirekt z.B. durch verringerte Abwassergebühren – machen Gründächer bei vielen Bauherren so beliebt. Schade ist nur, dass extensiv begrünte Dachflächen nicht begehbar sind. In den Niederlanden, wo die Bevölkerungsdichte wesentlich höher ist als bei uns, setzt man daher in letzter Zeit vermehrt auf sogenannte intensiv begrünte Dächer, also solche, die von den Menschen in den Städten als zusätzlicher Lebens- und Bewegungsraum genutzt werden können. Vor allem in der Architekturmetropole Rotterdam gibt es derzeit viele interessante Projekte, die Vorbildcharakter haben.

80.000 Quadratmeter Parklandschaft

Eines findet man im Stadtteil Delfshaven, Standort Vierhavenstrip. Hier auf einem ehemaligen Eisenbahngelände siedelten sich mehrere Unternehmen und Ladengeschäfte an. Oben auf dem Gebäude ist ein begrüntes Dach entstanden, das seinesgleichen sucht. Mit einer Länge von einem Kilometer, einer Breite von 80 Metern und einer Nutzfläche von 80.000 Quadratmetern gilt es heute als größter Dachpark Europas. „An der höchsten Stelle ist der Park neun Meter hoch. Wir haben dort ein Gewächshaus, Themengärten, Gastronomie, Schatten- und Sonnenplätze, Spielgelegenheiten und Ruhebereiche“, skizziert Architekt Rik de Nooijer das neu geschaffene Gelände. „In einem langen Prozess ist etwas gelungen, wovon Anwohner und die lokale Wirtschaft träumten: ein attraktiver, grüner Ort der Erholung in der aufgeregten Stadt.“

Leuchtturmprojekt

Begonnen hatte alles – wie oft – mit einem Wettbewerb. Dabei ging es darum, mehrere Funktionen auf der riesigen Fläche optimal zu verbinden. Das Architekturbüro sprach mit der niederländischen Bahn, mit dem Hafen, den Bürgern, Unternehmern, der Politik und hat die unterschiedlichen Anforderungen und Wünsche bei der Planung aufgegriffen. Anschließend suchte die Stadt einen Partner, der sich die Realisierung eines solchen Projektes technisch zutraute. „Wenn man einen Park auf einem solch besonderen Standort anlegt, müssen die Bäume und Sträucher und verwendeten Substrate mit Bedacht gewählt werden. Auch die Regenwasserfrage musste optimal gelöst sein“, erklärt de Nooijer. Mit der technischen Umsetzung wurde deshalb Nophadrain, ein europaweit tätiger Spezialist für Nutzdächer, beauftragt.

Projektleiter Pieter Wesselink von Nophadrain spricht von einer großen Herausforderung: „Da der Dachpark Vierhavenstrip eine so immense Oberfläche hat, war es wichtig, das Regenwasser, das von der Vegetationsschicht nicht aufgenommen und gespeichert werden kann, so schnell wie möglich abzuleiten. Außerdem haben wir es bei diesem Projekt mit sehr hohem Druck zu tun, denn über dem Drainagesystem liegt schließlich einige Meter Substrat, auf dem sich zudem auch noch Menschen bewegen. Für den Dachpark Vierhavenstrip haben wir deshalb ein ganz eigenes System entwickelt, das auf die Anforderungen des Auftraggebers genau zugeschnitten ist. Solche Sondersysteme entwickeln und produzieren wir in unserem Werk in Kerkrade. In der Branche sind solche Maßanfertigungen ziemlich selten.“

Der Dachpark Vierhavenstrip in Rotterdam ist seit anderthalb Jahren geöffnet und zeigt anschaulich, wie viele andere Flachdächer mitten in der Stadt heute aussehen könnten. Die Resonanz und die Akzeptanz des Projektes sind überwältigend. „Nicht nur die Anwohner nutzen den großen Park auf dem Dach, es reisen auch andere Besucher speziell dafür an. In den Niederlanden, aber auch in den Nachbarländern stößt dieser besondere Dachpark auf ein sehr positives Interesse – er ist ein Leuchtturmprojekt und eine Attraktion“, so de Nooijer.

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