Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Wer im Flugzeug beim Landeanflug auf Berlin aus dem Fenster blickt, sieht, wie grün die Stadt ist. Baumalleen begleiten die großen Straßenzüge, ausgedehnte Wald- und Parkflächen durchziehen die Häuserflut, aber auch begrünte Innenhöfe, Schrebergartenanlagen und nicht zuletzt private Gärten tragen zum Gesamtbild bei.

Mehr Grün in dicht bebauten Gebieten ist eine wirksame Maßnahme zur Milderung der lokalen Klimawandelfolgen, es schafft aber auch die Räume für Naturerfahrung, für sozialen Ausgleich. (Foto: BdB)

"Wir hoffen sehr darauf, dass im aktuell geführten Weißbuchprozess konkrete Vorschläge und Konzepte zur Stärkung des Urbanen Grüns entwickelt werden", betont BdB-Präsident Selders. (Foto: BdB)

So ähnlich sehen viele Städte in Deutschland von oben aus: Flächenmäßig nehmen Grün- und Freiflächen einen erheblichen Anteil des urbanen Raums ein – sie leisten damit einen wesentlichen Beitrag zu Lebensqualität, Umwelt- und Klimaschutz. Darüber hinaus sind es die Freiräume - insbesondere Grün- und Wasserflächen – die als Gegenpol zur Bebauung urbane Qualitäten schaffen, die Städte unverwechselbar machen. Aber, wenn man genau hinschaut, ist der Blick ins Grüne vielerorts auch stark getrübt.

Grünverteilung ungerecht

Ein wesentliches Problem ist die ungleiche Verteilung von Grünflächen in verschiedenen Stadtteilen. Tendenziell kann davon ausgegangen werden, dass in Innenstadtbezirken nur sehr wenige Grünflächen zur Verfügung stehen, wohingegen in peripheren Lagen teilweise mehr als drei Viertel der Grundfläche grün sind. Eine zweite Tatsache lässt aufhorchen: In Stadtteilen mit mehr Einfamilienhäusern und dazu gehörigen Gärten ist oftmals auch mehr öffentliches Grün vorhanden, während in hochverdichteten Siedlungen mit Hochhäusern und wenig privaten Gärten meist auch nur in geringem Maße öffentlich zugängliche Parks und Grünflächen zur Verfügung stehen. Insbesondere in größeren Städten gibt es folglich Bezirke, die mit Grünraum stark unterversorgt sind. Diese Ungleichverteilung ist auch ein sozialpolitisch kritisches Thema. Nur durch Grün in der unmittelbaren Wohnumgebung wird die Lebensqualität der Menschen verbessert. Mehr Grün in dicht bebauten Gebieten ist eine wirksame Maßnahme zur Milderung der lokalen Klimawandelfolgen, es schafft aber auch die Räume für Naturerfahrung, für sozialen Ausgleich, für Sport und Erholung. Diese Erkenntnis ist nicht neu!

In der im Mai 2007 verabschiedeten „Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt“ hatten die für Stadtentwicklung zuständigen Ministerinnen und Minister der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bereits vereinbart, „den benachteiligten Stadtquartieren besondere Aufmerksamkeit im gesamtstädtischen Kontext zu widmen.“ Die nationale Biodiversitätsstrategie - Kabinettsbeschluss vom 7. November 2007 - formulierte für Urbane Landschaften die Vision, dass durch vielfältiges Grün auch eine hohe Lebensqualität für die Menschen gesichert sein sollte. Entsprechend ambitioniert waren die vor fast zehn Jahren konkret benannten Ziele der Bundesregierung. So sollte beispielsweise bis 2020 die Durchgrünung der Siedlungen deutlich erhöht sein und damit öffentlich zugängliche Grünflächen mit vielfältigen Qualitäten und Funktionen in der Regel fußläufig zur Verfügung stehen. „Von diesem politischen Ziel sind wir noch weit entfernt“, so Helmut Selders, Präsident des Bund deutscher Baumschulen (BdB) e.V. Der Verband hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach eine Nationale Strategie zur grünen Stadtentwicklung angemahnt. „Wir hoffen sehr darauf, dass im aktuell geführten Weißbuchprozess konkrete Vorschläge und Konzepte zur Stärkung des Urbanen Grüns entwickelt werden“, betont Selders.

Bürgerengagement erwünscht

Der Marburger Umweltbewusstseinsforscher Professor Dr. Udo Kuckartz attestiert den Deutschen insgesamt eine starke Sensibilität für Umweltthemen. So wundert es nicht, dass sich in mehr und mehr Städten Bürgerengagement für das öffentliche Grün entwickelt. Zwei Gründe fördern diese Entwicklung: Einerseits sind in vielen kommunalen Verwaltungen die Budgets und die Ausstattung der Grünflächenämter reduziert, so dass die Grünverantwortlichen insbesondere in der Pflege und Unterhaltung nach Alternativen suchen. Andererseits zeigt sich ein wachsendes Bedürfnis in der Bevölkerung, konkret und praktisch Einfluss auf das eigene Lebensumfeld zu nehmen. In vielen Städten und Gemeinden werden jetzt im Frühjahr Aufräumaktionen organisiert, bei denen Bürger den öffentlichen Raum von Müll und Unrat befreien. In Düsseldorf beispielsweise haben beim sogenannten „Dreck-Weg-Tag“ im März 2016 unter dem Motto „Gib dem Dreck seinen Sack“ rund 6.800 Helferinnen und Helfer insgesamt 20,5 Tonnen Müll eingesammelt, den dann die Stadt entsorgt hat. Weit verbreitet sind auch Patenschaften für Grünflächen oder Bäume. Der Verkehrsverein Pro Stuttgart koordiniert dies für die baden-württembergische Landeshauptstadt. Bürger übernehmen dann beispielsweise das Wässern von Bäumen im Sommer oder achten darauf, dass der Bodenbereich frei von Müll und Hundekot bleibt.

In vielen Städten gibt es auch Aufrufe für Baumspenden. Die Stadt Mannheim ruft unter dem Titel „GrünTaten“ dazu auf, Bäume zu spenden und so dazu beizutragen, die Stadt ein Stück schöner und grüner zu machen. In Leipzig heißt das entsprechende Pendant „Baumstarke Stadt“, in Hamburg „Mein Baum – Meine Stadt“, in Bonn „1.000 Bäume für Bonn“, „Bürgerbäume“ in Friedrichshafen oder „Mein Baum für Magdeburg“ ebendort. Auf der Internetseite der Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) steht eine Liste mit beispielhaften Aktionen zur Verfügung: siehe Link Dort werden beispielhaft Baumpflanzkampagnen und Baumpatenschaften aus verschiedenen Mitgliedsstädten des GALK-Arbeitskreises Stadtbäume vorgestellt mit Links zu weiterführenden Informationen.

Zeichen setzen am Tag des Baumes

Am 25. April ist der Tag des Baumes, an dem traditionell bundesweit öffentliche Baumpflanzungen organisiert werden. BdB-Präsident Selders: „Der diesjährige Baum des Jahres, die Winterlinde, eignet sich außerordentlich gut als Stadtbaum. In den Baumschulen stehen Selektionen und Sorten zur Verfügung, so dass für verschiedenste Standorte der jeweils perfekte Baum gewählt werden kann.“

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