Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Rund 50 Vorträge und praktische Vorführführungen, eine mit 131 Ausstellern ausgebuchte Messe und 1.450 Tagungsteilnehmer aus 17 Ländern - die Bilanz der diesjährigen Deutschen Baumpflegetage kann sich sehen lassen. Zum 24. Mal fand das bedeutendste europäische Baumpflege-Event vom 26. bis zum 28. April 2016 in Augsburg statt und lockte selbst Fachleute aus Japan, Neuseeland, Russland und den USA in die Fuggerstadt.

Der Forstpathologe Prof. Dr. Heinz Butin war zu den Deutschen Baumpflegetagen nach Augsburg gekommen, um die ihm gewidmete Jubiläumsausgabe des Jahrbuches Baumpflege entgegenzunehmen. V. l. n. r.: Prof. Dr. Dirk Dujesiefken, Prof. Dr. Rolf Kehr, Prof. Dr. Heinz Butin, Dr. Bärbel Schöber-Butin, Dr. Jörg Schumacher und Prof. Dr. Ottmar Holdenrieder.

Vertreter unterschiedlicher Fachbereiche und Positionen näherten sich bei einer Podiumsdiskussion zu Alleen und ihrer Verkehrssicherheit an.

Im Kletterforum bekamen Baumpfleger Vorführungen von Praktikern für Praktiker geboten. (Fotos: Kottich)

Im Mittelpunkt des Tagungsprogramms: Alleen und ihre Verkehrssicherheit, eingeschleppte Schädlinge und neue Baumkrankheiten. Parallel hierzu traf sich die Branche traditionell auf der Baumpflege-Messe und im Kletterforum, in dem die praktische Umsetzung von Baumpflegearbeiten die Hauptrolle spielte.

Auf dem Holzweg: Droht den Alleen das Aus?

Die Debatte um Alleen und ihre Verkehrssicherheit sorgte für Zündstoff bei den Deutschen Baumpflegetagen 2016. Der erste Tag der Tagung war dem brisanten Thema gewidmet. In halbstündigen Vorträgen vertraten fünf Referenten kontroverse Positionen: Für Dr. Detlev Lipphard vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat und Uwe Ellmers von der Bundesanstalt für Straßenwesen stand die konsequente Einhaltung der Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeugrückhaltesysteme (RPS) an erster Stelle. Das Ziel: fehlerverzeihende Straßen durch Reduzierung von Gefahrenquellen. „Bäume am Straßenrand sind leider eine Gefahr. Im Jahr 2014 kam mehr als ein Viertel der Verkehrstoten in Deutschland durch Baumunfälle ums Leben“, so Lipphard. Die Konsequenz: Auf die Neupflanzung straßenbegleitender Bäume solle verzichtet werden. Wenn neu gepflanzt werde, dann nur unter Berücksichtigung umfassender Schutzmaßnahmen. Vorhandene Bäume müssten gefällt werden, wenn sich an ihrem Standort Unfälle häufen und Schutzmaßnahmen nicht greifen.

Katharina Brückmann, Referentin für Baum- und Alleenschutz im BUND Landesverband Mecklenburg-Vorpommern und Prof. Dr. Rüdiger Trimpop vom Institut für Psychologie in Jena kritisierten diese in ihren Augen einseitige Denkweise, die weder den Menschen als Unfallverursacher noch die Bedeutung der Alleen als Natur- und Kulturerbe berücksichtige.

„Die Kettensäge und der Verzicht auf Baumpflanzungen können nicht die Lösung sein. Wir müssen bei den Autofahrern ansetzen und das Unfallrisiko durch höhere Tempolimits, verstärkte Verkehrsüberwachung, mittige Barrieren auf Landstraßen und die Reduzierung von Ablenkung im Auto mindern“ forderte Brückmann. In dieselbe Kerbe schlug Prof. Trimpop: „Bäume springen selten auf die Straße und verursachen Unfälle. Es ist ein verständlicher, aber sehr unrealistischer Wunsch, alle potenziellen Gefahren abschaffen zu wollen, statt den kompetenten Umgang mit ihnen zu trainieren“. Dass Alleenschutz und Verkehrssicherheit sich nicht ausschließen müssen, legte schließlich Dr. Peter Sanftleben, Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern dar. In Mecklenburg-Vorpommern werden Alleen mit Unterstützung eines Alleenfonds gepflegt und angepflanzt. Zwischen 1990 und 2014 entstanden so 550 neue Alleen-Kilometer.

In dubio pro arbore: Podiumsdiskussion verspricht Wandel durch Annäherung

Im Anschluss an ihre Vorträge kamen alle Referenten und weitere Fachleute bei einer Podiumsdiskussion unter Leitung von Prof. Dr. Dirk Dujesiefken, dem Veranstalter der Deutschen Baumpflegetage, an einen Tisch. Die Debatte entwickelte sich zu einem lösungsorientierten Austausch, in dem alle Beteiligten die Bereitschaft einer Zusammenarbeit signalisierten. Einig war sich die Gesprächsrunde darin, dass die Fällung von Bäumen nur die Ultima Ratio sein kann, die Verkehrssicherheit und Schutzmaßnahmen aber ebenfalls von großer Bedeutung sind. Katharina Brückmann und der FFL-Geschäftsführer Jürgen Rohrbach forderten nachdrücklich eine baldige Überarbeitung der RPS unter Einbeziehung von Grünen Verbänden und Verhaltensforschern. „Vielleicht greifen die RPS bezüglich der Bäume tatsächlich etwas kurz“, räumte Uwe Ellmers ein.

Bäume schützen und heilen: Baumkrankheiten im Fokus

Die Ursache, Vorsorge und Behandlung von Baumkrankheiten stand am zweiten Tag der Deutschen Baumpflegetage im Mittelpunkt der Vorträge im Großen Saal der Messe Augsburg. Experten referierten unter anderem zum Eschentriebsterben, Rosskastaniensterben und der Bekämpfung des Asiatischen Laubholzbockkäfers. Einen speziellen Blick auf die praktische Baumpflege warf Prof. Dr. Rolf Kehr von der HAWK Göttingen. Anhand verschiedener Krankheitstypen und Beispiele erläuterte er die Möglichkeiten und Grenzen der Desinfektion und zeigte auf, in welchen Fällen es ratsam ist, Schnitt- und Arbeitswerkzeuge zu desinfizieren.

Zwei Jahrzehnte Baumpflege: Ein Jahrbuch feiert Jubiläum

Seit 20 Jahren fasst das Jahrbuch der Baumpflege alle Vorträge der Baumpflegetage zusammen. Auf diese Weise entstand ein Nachschlagewerk für die Fachwelt mit über 600 Fachbeiträgen in 20 Bänden. „20 Jahre Jahrbuch, das bedeutet zwei Dekaden Dokumentation mit allen Schwerpunkten, die die Baumpflege bewegen“, sagte Prof. Dr. Dirk Dujesiefken, der das Jahrbuch herausgibt. Gewidmet ist die Jubiläumsausgabe dem berühmten Gehölzpathologen Professor Dr. Heinz Butin, der seit mehr als 60 Jahren auf dem Gebiet der Baumkrankheiten forscht, lehrt und publiziert. Butin war extra nach Augsburg gereist, um das Jahrbuch persönlich entgegenzunehmen. „Dieses Buch vereint jedes Jahr die modernsten Erkenntnisse aus der Baumpathologie und anderen Fachbereichen. Sein Lexikoncharakter macht das Werk sehr wertvoll für die Baumpflege. Ich selbst ziehe die Jahrbücher oft als Quelle für meine eigenen Veröffentlichungen heran“, sagte Butin.

Kompetenz breit aufgestellt: Fachpartner LWF und KWF

Mit der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und dem Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF) hatten die Deutschen Baumpflegetage in diesem Jahr erneut zwei starke Fachpartner an ihrer Seite. Am Stand der LWF konnten die Besucher Baumschädlinge durch das Mikroskop beobachten, Exponate des Asiatischen Laubbockkäfers (ALB) betrachten und seine Befallsmerkmale an Holzproben studieren. Große Aufmerksamkeit weckten auch die am Stand ausgestellten holzzersetzenden Pilzarten. Das KWF informierte über seine vier Prüfsiegel und zeigte Produkte aus der Baumpflege, die vom Kuratorium auf Sicherheit, Einsatztauglichkeit, Umweltschutz und gesundheitliche Verträglichkeit getestet werden.

International und vielseitig: Das Kletterforum

Das Kletterforum war auch 2016 der Ort auf dem Augsburger Messegelände, an dem Baumpflegern ein maßgeschneidertes Programm geboten wurde. Großen Wert legten die Organisatoren auf das ausgewogene Verhältnis von Theorie und Praxis. Erstmals gab es genauso viele Fachvorträge wie praktische Vorführungen, die in ihrer Kombination alle Facetten widerspiegelten, die der Beruf des Baumpflegers zu bieten hat.

Die kommenden Baumpflegetage finden vom 25. Bis zum 27. April 2017 in Augsburg statt.

 

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