Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Die Thüringer Landesregierung plant in einem geänderten Bestattungsgesetz, die Zulassung von Bestattungswäldern deutlich zu erleichtern und damit auch privaten Anbietern den Zugang in einen hoheitlichen Bereich der Daseinsvorsorge zu vereinfachen. Damit wird sich das Dilemma bestehender Friedhöfe weiter verschärfen, denn sie befinden sich dann einmal mehr in einem ungleichen Wettbewerb. In der 49.-51. Plenarsitzung stand das Thema vergangene Woche auf der Tagesordnung.

Bundesverband Deutscher Steinmetze

In der Gesetzesvorlage der Thüringer Landesregierung vom 25. November 2015 heißt es „Dem wachsenden Bedürfnis nach naturnahen Bestattungen soll durch Änderung des Thüringer Bestattungsgesetzes […] durch Schaffung der Möglichkeit von Urnenbeisetzungen auch im Wald entsprochen werden.“ Demnach könnten dann per Gesetz Friedhöfe auch in Form von Waldfriedhöfen angelegt werden. Explizit wird festgehalten, dass sich Friedhofsträger bei der Errichtung und beim Betrieb ihrer Friedhöfe Dritter bedienen dürfen, die als unselbständige oder selbständige Verwaltungshelfer tätig werden. Friedhöfe könnten dann im Einvernehmen mit der unteren Forstbehörde und der unteren Naturschutzbehörde auch im Wald im Sinne des Thüringer Waldgesetzes angelegt oder erweitert werden (Waldfriedhof), ohne dass es hierzu einer Änderung der Nutzungsart des Waldes nach § 10 des Thüringer Waldgesetzes bedarf. Eine Einfriedung sei nicht erforderlich.

Eine solche gesetzliche Regelung lässt die Vermutung zu, dass sich politische Entscheidungsträger von wirtschaftlich orientierten Unternehmen, wie es die Anbieter von Bestattungswäldern sind, instrumentalisieren lassen.

Die traditionellen Friedhöfe haben bisher hoheitliche und konfessionelle Träger. So muss es auch im Sinne unseres demokratischen Grundverständnisses bleiben. Die Friedhofskultur ist eine gesellschaftliche Aufgabe und jegliche Form der Privatisierung von Bestattungsplätzen befördert eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, wie sie sich wohl kein Bürger wünschen dürfte.

Argumente, dass kommunale Träger von Friedhöfen trotz eines solchen Gesetzes immer noch frei über die Entwicklung ihrer Friedhöfe vor Ort entscheiden können, sind nicht haltbar. Auch ohne die direkte Beförderung von Bestattungswäldern per Gesetz haben die hoheitlichen Träger alle Möglichkeiten. Es ist legitim, wenn der Privatwirtschaft im Bestattungswesen nicht Tür und Tor geöffnet wird, solange wir in Deutschland die öffentliche bzw. konfessionelle Hoheit über die Bestattungsplätze haben.

Ein zweiter ganz wesentlicher Aspekt ist, dass die bestehenden Friedhöfe alle Möglichkeiten einer „naturnahen“ Bestattung bieten, denn viele Friedhöfe sind aufgrund ihrer Gestaltung und mit der Vielfalt an Pflanzen per se ein „Naturort“: Hier finden z.B. in großen Städten viele Tier- und Pflanzenarten ein geschütztes Refugium, und auch die Menschen schätzen diesen Ort als grünen Rückzugsraum im Großstadttrubel. Es mag schwieriger scheinen, diese bestehenden Orte nach den modernen Bedürfnissen der Menschen umzuwandeln, als gleich einen Bestattungswald in nächster Nähe zu eröffnen. Doch diese scheinbar einfachere Lösung ist kurzsichtig gedacht, denn dadurch geraten die Friedhöfe noch mehr aufs Abstellgleis und die Träger noch mehr unter Druck. Das Interesse am Friedhof wird sowohl bei der Bevölkerung, als auch bei den Trägern immer geringer, die Probleme immer größer. Ist es nicht Aufgabe der von uns gewählten Politiker, über diese hoheitlichen Grundfesten unseres Staates schützend die Hand zu halten, anstatt große Unternehmen per Gesetz als direkte Konkurrenz zu kommunalen Aufgaben zu befördern?

Viele schon bestehende neue Konzepte auf Friedhöfen zeigen, dass ein Umbau im Zusammenwirken zwischen den Verwaltungen, den Planern, den Bürgern, Steinmetzen und Friedhofsgärtner vor Ort gelingt. Ob kleinere Grabanlagen, naturnahe (Baum-)Bestattungen bis hin zur Neugestaltung ganzer Friedhofareale mit Bänken, Brunnen und künstlerischen Elementen (z.B. Hauptfriedhof Karlsruhe) – es gibt bundesweit schon viel kreative Beweise im Sinne der Hinterbliebenen: Orte der Erinnerung und des Gedenkens, die auf Wunsch meist pflegefrei sind. Im Gegensatz zu Bestattungswäldern sind diese Bestattungsorte auch für alle Menschen zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.

Dieser Weg muss weiter beschritten werden, denn gute Ideen in der Grabgestaltung auf Friedhöfen führen schnell zu einer hohen Akzeptanz in der Bevölkerung und die mögliche Suche der Menschen nach externen Alternativen geht zurück. Es liegt in der Verantwortung von Politik und Verwaltung, sinnvolle und nachhaltige Entscheidungen für die Gemeinde/Kommune und ihre Bürger zu treffen.

Somit bedarf es keiner großen gewinnorientierten Unternehmen im Friedhofs- und Bestattungswesen – es ist alles da, und wir müssen sorgsam mit diesem Kulturgut umgehen und die Chancen einer Weiterentwicklung nutzen. Man muss nicht neue Friedhofsflächen im Wald schaffen, die ausschließlich im Interesse privater Anbieter liegen, während es auf kommunalen Friedhöfen immer mehr Freiflächen gibt, die genutzt werden können.

Solange Friedhöfe zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehören und nicht privatisiert sind, kann und darf es nicht über Sonderregelungen zur Bevorzugung ausgewählter privater Anbieter kommen. Das Interesse privatwirtschaftlicher Unternehmen tangiert bis heute die hoheitlichen Träger bewusst nicht, angesichts der Gleichbehandlung muss dieser Grundsatz auch weiterhin gelten. Die Interessen der Hinterbliebenen sind auch auf unseren Friedhöfen umsetzbar.

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