Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Kornelkirschen in verschiedenen Sorten, Eberesche, Speierling, Felsenbirne, Aronia, Mispel, Wildpflaume sowie Holunder wachsen entlang des Wildobstpfades im Gärtnerhof Jeutter, der Anfang Oktober von Göppingens Oberbürgermeister Guido Till eröffnet wurde.

Leider fehlte der erhoffte Sonnenschein auf der Eröffnungsführung durch den Wildobstpfad, was das Interesse der Zuhörer jedoch nicht schmälerte. '(Foto: Petra Reidel)

„Wir möchten unseren Kunden zeigen, wie sie die Biodiversität in ihren Gärten auf einfache aber geschmacklich sehr vollmundige Art steigern können", erklärt Johannes M. Jeutter, Garten- und Landschaftsbauunternehmer, in seiner Eröffnungsrede. Als echte regionale Bereicherung und ökologisches Vorzeigeprojekt beschreiben Guido Till und Dr. Wolfgang Rapp, Vorsitzender der NABU-Ortsgruppe, diesen Lehrpfad.

Inspirierende Ernte

Alles fing mit einem Cornus mas an, dazu gedacht, am Sandkasten Schatten zu spenden, doch die Kinder wuchsen schneller als der Hartriegel und so war am Ende der Sandkasten verwaist als die erste reiche Ernte zu Boden fiel. Essbares nicht zu verwerten, fällt dem Unternehmerehepaar Nicole und Johannes M. Jeutter einfach schwer und so landeten die Kornelkirschen letztendlich als Marmelade im Glas. Das Geschmackserlebnis war überraschend fruchtig und somit der Startschuss für den Wildobstpfad sowie weitere kulinarische Experimente. Seit 2015 kreieren die Jeutters Fruchtaufstriche aus Wildobst. „Das trockene Jahr 2015 brachte jede Menge Brix in die wilde Ernte, das ist das Pendant zu Öchsle, und versüßte unsere Kreationen", erklärt Jeutter.

„Mini-Hotspot" der Biodiversität

Es muss nicht immer größer, schneller, weiter sein. Manchmal hilft die Rückbesinnung auf das Ursprüngliche und eröffnet unvermuteten Genuss. Der Geschmack des wilden Obstes kitzelt nicht nur den Gaumen auf eine vielfältige, für viele wahrscheinlich bereits ungewohnte Art und Weise, sondern öffnet gleichzeitig den Blick für das Wesentliche. „Wer sich darauf einlässt, erlebt Erdung und Vielfalt gleichermaßen", ermuntert Jeutter, der aus einer Gärtnerfamilie mit langer Tradition stammt. Inzwischen profitieren auch die Vögel, das Wild und die Insekten von der neuen Artenvielfalt inmitten der Streuobstwiese mit ihren alten Quitten-, Apfel- und Birnensorten oberhalb des Betriebsgeländes.

Interessant beschildert

Spannende Informationen wecken das Interesse und dies ist der Firma Jeutter mit ihrer Beschilderung des Wildobstpfades definitiv gelungen. So liest der Besucher beispielsweise, dass die Kornelkirschen im Altertum zur Schweinemast verwendet wurden und das extrem harte Holz früher der Herstellung von Speeren diente. „Mit ihrer Trägwüchsigkeit passt die Kornelkirsche jedoch auch hervorragend in die heutigen kleinen Gärten", ergänzt Jeutter. Schnittverträglich und als Frühblüher sowie Bienenweide geschätzt, ist es nun an der Zeit, ihre fruchtige Seite in den Mittelpunkt zu stellen. Überreif mit maximalem Zuckergehalt sind die Kirschen am leckersten und dann lösen sie sich auch am besten vom Kern. Über den Schwarzen Holunder lernten die Gäste bei der Eröffnung des Wildobstpfades, dass die Früchte wegen ihrer cyanogenen Glycoside (Blausäure-Äquivalente) nicht roh verzehrt werden dürfen, sondern erst der Frost oder das Einkochen sie genießbar machen.

Jede Menge Antioxidantien und Vitamin C bringen den Holunder als Wunderwaffe gegen Grippe, Nieren- und Blasenleiden zum Einsatz oder eben rein kulinarisch als Marmelade, Saft, Wein und Likör. Eng verwandt mit Felsenbirne und Weißdorn, ist die Mispel ein fast vergessenes Obstgehölz, das seine Hochblüte im Mittelalter hatte. Wilde Mispeln brauchen richtig kalte Frostnächte, um das Fruchtfleisch weich und säuerlich werden zu lassen. Rinde, Blätter und unreife Früchte wurden früher zum Gerben genutzt. Als Brutgehölz, Frucht- und Pollenlieferant ist die Mispel eine echte Bereicherung für jeden Garten. „Die Schwarze Apfelbeere, auch als Aronia melanocarpa bekannt, hat nachgewiesener Maßen einen positiven Einfluss auf den Gesamtcholesterinwert und den Blutzuckerspiegel, wodurch sie unterstützend bei der Therapie von Diabetes mellitus mitwirken kann", erläutert Jeutter, der selbst den aromatischen Saft sehr gerne genießt.

Außergewöhnliche Kreationen

Vom kulinarischen Schaffensdrang in Sachen Wildobst profitierten bislang vor allem die Kunden in Form kleiner schmackhafter Geschenke. „Ob wir unsere Produktion weiter ausbauen und in den Verkauf aufnehmen wird die nächste Ernte zeigen", so Jeutter, der vor allem das Sortiment der Kornelkirschen stark erweitert hat. „Wichtig ist, die Früchte für die Weiterverwertung möglichst direkt vom Baum zu ernten. Sind sie erst mal auf dem Boden gelandet, schlagen Schimmel- und Hefepilze sehr schnell zu und verändern rasch das Geschmackserlebnis", verrät Nicole Jeutter. Aronia-Brombeere, Klarapfel-Aronia, Mispel-Klarapfel, Kornelkirschen-Gelee, Kirschpflaume (Prunus cerasifera), Mispel-Gelee oder Holunder-Ebereschen-Gelee, so lesen sich die Etiketten auf den kleinen Gläsern, von denen jedes für sich eine extravagante Geschmacksexplosion verspricht. Mit süßen Schnittchen und alkoholfreiem Apfelsekt wurden dann auch die Gäste an der Eröffnungsfeier verwöhnt.

Der Gärtnerhof Jeutter im Marbachtal

Die gärtnerischen Wurzeln der Jeutters können bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Die im Gärtnerhof auf über 2.000 Quadratmetern kultivierten Stauden und Gehölze gedeihen mit mineralischem Dünger und komplett ohne chemischen Pflanzenschutz. Ausgefallene und vergessene Sorten und Schönheiten im Kräuterbereich sind zur Spezialität geworden und präsentieren sich mit individuellen Holzschildern in den Gewächshäusern. Das Unternehmen ist sowohl in der Pflanzenproduktion als auch im Garten- und Landschaftsbau ökologisch und ganzheitlich orientiert und seit Jahrzehnten Mitglied im Verband Garten- und Landschaftsbau Baden-Württemberg e.V. Bei der Planung von Gärten wird sehr viel Wert auf Lebensbereiche, Ökologie, Architektur und ländliche Kultur gelegt. Somit profitieren die fünf Auszubildenden nicht nur von den reichhaltigen Pflanzenkenntnissen ihrer Chefs, sondern auch vom fast achtzigjährigen Erfahrungsschatz im GaLaBau sowie hochqualifiziertem Fachpersonal.

 

 Links zu diesem Thema:

Empfohlen für Sie: