Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft 1822 e.V. (DGG) veranstaltete am 30. März 2017 einen Parlamentarischen Abend im Berliner Paul-Löbe Haus, um auf die dramatischen Veränderungen der grünen Freiflächen im ländlichen Raum hinzuweisen. Zahlreiche Politiker aus der Bundes- und der Kommunalpolitik folgten der Einladung.

In Versuchsgärten getestete und bereits vielfach in verschiedenen Städten und Kommunen bewährte Mischungen sind für unterschiedliche klimatische Bedingungen erhältlich. (Foto: BGL)

„Die DGG greift bewusst dieses bislang wenig beachtete Thema auf. Wir sehen uns als Vordenker, um gemeinsam Lösungen zu diskutieren und gelungene Praxisbeispiele aufzuzeigen“, so DGG Präsident Prof. Dr. Klaus Neumann.

In seinem Eingangsstatement skizzierte DGG Präsident Prof. Dr. Klaus Neumann die dramatischen Entwicklungen von grünen Freiflächen im ländlichen Raum: „Wir stellen eine Überfüllung der Städte fest und eine Entleerung des ländlichen Raumes. Friedhöfe werden zu Betonflächen, Vorgärten zu Kiesflächen. Die Garten- und Dorfkultur verändert sich dramatisch. Die DGG greift bewusst dieses bislang wenig beachtete Thema auf. Wir sehen uns als Vordenker, um gemeinsam Lösungen zu diskutieren und gelungene Praxisbeispiele aufzuzeigen.“

Der Bundestagsabgeordnete Josef Göppel (CDU/CSU) sorgte sich ebenfalls um die Entwicklung im ländlichen Raum. Insbesondere die Änderung des Städtebaurechts sieht er sehr kritisch: „Kommunen können ganz unbürokratisch im „beschleunigten Verfahren“ bis Ende 2019 am Ortsrand Bauland ausweisen.“ Dies sei ein Schritt in die falsche Richtung und führe weiter zur Verödung des Dorfkerns. Er forderte daher ein neues politisches Konzept.

Frank Baumgarten, Vorsitzender der Stiftung Landleben, setzt sich für den Erhalt und die Förderung der ländlichen Wohnkultur ein und berichtete von erfolgreichen Maßnahmen aus Thüringen, wo älteren Bürgern ein Häusertausch angeboten wird. In die größeren Häuser ziehen dann wiederum junge Familien ein. „Das Veröden ganzer Dörfer kann aufgehalten werden, wenn die politische Unterstützung da ist“, so Baumgarten.

„Von der Bundesgartenschau 2015 profitiert die Havelregion bis heute“, berichtete die Oberbürgermeisterin der Stadt Brandenburg an der Havel, Dr. Dietlind Tiemann (CDU). Auch Frau Dr. Tiemann appellierte an die Politik als auch an die Bürger, sich aktiv für den Erhalt des ländlichen Raumes einzusetzen. Investitionen wie z.B. in eine Bundesgartenschau, würden doppelt wieder eingespielt werden. Man dürfe allerdings nicht die reine BUGA Zeit betrachten, so Dr. Tiemann.

Helmut Selders, Präsident Bund deutscher Baumschulen (BdB), hob die Bedeutung von Bäumen hervor: „sie sind ein Kulturgut in Kommunen und gehören zu einer intakten Dorfgemeinschaft dazu. Kies- und Schottergärten sind hingegen eine unschöne Modeerscheinung.“ Leider falle Menschen erst nach Fällaktionen auf, wie wichtig ihnen Bäume sind. Hinzu kommt, dass Kommunen immer weniger Bäume pflanzen. „Gestaltetes Grün ermöglicht den Menschen eine lebenswerte Umgebung“, so BdB Präsident Selders.

„Mein Dank gilt insbesondere den Politikern, die es ermöglicht haben, dass für grüne Infrastrukturmaßnahmen 50 Millionen Euro an Fördermitteln bereitgestellt wurden“, begann Dr. Robert Kloos, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL), sein Statement. Er betonte die Bedeutung des Weißbuches „Grün in der Stadt“, woraus sich konkrete Maßnahmen für die Entwicklung für Grünflächen ergeben werden. Dr. Kloos verwies auf die Landschaftspflege, infolge dessen sich die Attraktivität von Kommunen und ländlichen Gebieten erhöhe.

Interessante Einblicke auf den psychologischen Einfluss von Natur und Grünflächen gab Prof. Dr. Peter Schmuck von der Universität Göttingen: „Es gibt zahlreiche positive Beispiele aus dem ländlichen Raum. Modellregionen sind eine gute Möglichkeit, um verschiedene Maßnahmen und Ansätze zu präsentieren. Es können Einnahmen wie z.B. durch erneuerbare Energie generiert werden und wieder für die Menschen vor Ort investiert werden.“

Hans Müller, Landwirt und Beigeordneter der Stadt Herxheim in der Pfalz, plädierte für mehr Eigeninitiative von Bürgern und Kommunen und stellte das Projekt „In Herxheim blüht uns was“ vor. Hier haben 15 Landwirte in Eigeninitiative rund 50 ha Blühflächen zur Förderung der Biodiversität in der Gemarkung angesät.

In der sich anschließenden Diskussion, moderiert von ARD Gartenexpertin und DGG-Vizepräsidentin Heike Boomgaarden, äußerten sich die zahlreichen politischen Vertreter des Abends. Willi Brase (SPD) verwies auf das Zusammenwirken mit der Wirtschaft im ländlichen Raum: „Arbeitsplätze sind ein Anker für die Menschen. Werden Menschen ermuntert sich einzubringen, können die Grünflächen in Kommunen auch entsprechend in Szene gesetzt werden.“ Johann Saathoff (SPD) forderte eine öffentliche Förderung für die Schaffung von grüner Infrastruktur, denn „Kommunen seien häufig nicht dazu in der Lage“. Auch schaffe die Energiewende im ländlichen Raum enormes Potenzial, welches es noch zu nutzen gilt.

Den Abend fasst DGG Präsident Prof. Dr. Klaus Neumann zusammen: „Grüne Infrastruktur zu schaffen und zu erhalten, ist eine enorme Herausforderung. Wir als DGG 1822 werden am Thema weiter dranbleiben. Wie so oft zeigt sich auch hier, dass es auf die Menschen in den Kommunen ankommt, etwas verändern zu wollen. Allerdings ist die Politik aufgefordert, die entsprechenden Mittel hierfür bereitzustellen. Der Dialog über die Entwicklung von Dorf und Grün hat erst begonnen!“

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