Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Rund 30 junge Geflüchtete der Integrationsklassen der Berufsschule. In Fürth besuchten Mitte Dezember 2017 vier Gartenbaubetriebe in Nürnberg und Fürth, um sich über Ausbildungsmöglichkeiten in den verschiedenen gärtnerischen Fachsparten zu informieren.

Andreas Nutz, Ausbilder der Garten- und Landschaftsbaufirma Kolb Nürnberg, erläuterte den Flüchtlingen und Bildungsberaterin Mathilde Bätz vom AELF Fürth (1. v. r.) den Außenanlagenplan eines Projektes der Firma Kolb in der Fürther Südstadt. (© Karin Oswald, AELF Fürth)

Betriebsinhaber Dieter Radloff, Blumenhaus und Gärtnerei Radloff Nürnberg, zeigte den Teilnehmern der Lehrfahrt verschiedene Arten von Grabgestecken. (© Karin Oswald, AELF Fürth)

Mario Witte, Gartenbauingenieur bei Gartenwelt Dauchenbeck in Fürth, erklärte den Integrationsschülern die Anzucht von Primeln für das kommende Frühjahr. (© Daniel Pascal Klaehre, AELF Fürth)

Neben der Friedhofsgärtnerei Radloff und dem Gemüsebaubetrieb Link wurde eine Baustelle des Garten- und Landschaftsbaubetriebes Kolb in der Fürther Südstadt besichtigt. Ein Besuch in der Zierpflanzengärtnerei Dauchenbeck in Fürth rundete das Programm ab. Gefolgt waren die Schülerinnen und Schüler einer Einladung des Gartenbauzentrums (GBZ) Bayern Mitte am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Fürth, das die Informationsfahrt in Zusammenarbeit mit der Berufsschule I Fürth organisiert hatte.

Blick in die Praxis ist unverzichtbar

„Viele Asylsuchende wissen gar nicht, welche Möglichkeiten der Berufsausbildung bei uns im Gartenbau existieren“, meint Mathilde Bätz, Bildungsberaterin für Gartenbau am AELF Fürth.

„In der Praxis ist alles doch ein wenig anders, als in der Theorie. Umso wichtiger ist es daher für die Schülerinnen und Schüler, neben den Berufsinformationen an der Berufsschule, auch durch Betriebs- und Baustellenbesuche Materialien, Maschinen und Arbeitsabläufe im Gartenbau

kennenzulernen“, so Mathilde Bätz. Mit der Vorstellung der gärtnerischen Berufe soll das Interesse an einer Ausbildung in der Grünen Branche bei den jungen Menschen geweckt werden.

Schnupperrunde auf der Baustelle

„Nur wer sich im Vorfeld ausreichend informiert, findet auch den für ihn passenden und damit erfolgreichen Einstieg in das Berufsleben“, meint Andreas Nutz, Vorarbeiter und Ausbilder der Garten- und Landschaftsbaufirma Kolb, als er die Gruppe über eine Baustelle in der Fürther Südstadt führte und dabei landschaftsgärtnerische Arbeiten auf einem Tiefgaragendach erläuterte. Er zeigte den Schülerinnen und Schülern die speziellen Materialien, wie geschäumtes Glas und Substrate mit Backstein-Shredder, die verwendet würden, damit am Ende eine Grünfläche auf dem Dach entstehe. Zahlreiche Maschinen und Geräte kämen dabei zum Einsatz. „Drei Ausbildungsjahre reichen beinahe nicht aus, um sich die breit gefächerten Fachkenntnisse anzueignen“, sagte Nutz. Wir trafen auch den afghanischen Mitarbeiter, der letztes Jahr seine Ausbildung zum Landschaftsgärtner bei der Firma Kolb beendet hat. „Wir sind sehr zufrieden mit Hamayon und wollen ihn gerne behalten“, so Nutz. Zum Abschluss lud er die Schülerinnen/Schüler ein, im Rahmen eines Schülerpraktikums den Beruf des Landschaftsgärtners noch besser kennenzulernen.

Gute Ausbildung hat Zukunft

„Die Gartenbaubetriebe brauchen gut ausgebildete Mitarbeiter, die selbständig arbeiten können“, meinte Dieter Radloff während der Besichtigungstour durch seine Friedhofsgärtnerei. Er erklärte, welche Pflanzen für die 1500 von ihm gepflegten Grabstellen produziert würden und wie abwechslungsreich sich der Tagesablauf im Betrieb gestalte. Neben den Arbeiten an der Pflanze brauche es im Umgang mit kleinen und großen Geräten auch technisches Verständnis und die Fähigkeit, selbst Lösungen zu finden. „Eine fundierte Ausbildung ist wichtig und die Grüne Branche bietet gerade für praktisch-technisch begabte Asylsuchende einen optimalen Start ins Berufsleben“, so Radloff. Besonderes Interesse bei den Schülerinnen und Schülern fand der Fuhrpark mit verschiedenen Traktoren und Pflanzwägen. „Darf ich den dann auch fahren, wenn ich bei Ihnen arbeite?“ fragte ein junger Geflüchteter neben einem Mini-Traktor. Auch die floristischen Arbeiten rund um weihnachtliche Trockengestecke fanden großes Interesse.

Integration durch Ausbildung

Im Gemüsebaubetrieb von Peter und Stefan Link, der nächsten Station der Besichtigungsfahrt, trafen wir auf einen jungen Afghanen, der seit Herbst seine Ausbildung im Betrieb Link absolviert. Hassan erzählte, dass er sehr zufrieden mit seiner Ausbildung sei und ihm die Arbeit Spaß mache.

Stefan Link führte die Schülerinnen und Schüler mit Sachverstand durch seine Betriebshallen. „Frisches Gemüse, morgens geerntet und abends auf dem Tisch: Das ist der Anspruch, den ein moderner Gemüsebaubetrieb heute erfüllen muss. Neben dem gärtnerischen Wissen über Anbau und Anzucht der Pflanzen bis zur Ernte, ist die gut organisierte Vermarktung, vom Großmarkt bis zum eigenen Hofladen, eine Stärke des Betriebes“, so Link. Er wünsche sich, dass sein afghanischer Auszubildender die Ausbildung erfolgreich durchlaufe: „Integration passiert nicht von alleine: Neben dem Willen zur Integration beim Asylsuchenden selbst kommt es vor allem auch auf das ´echte´ Integrationsangebot des Umfeldes an. „Neben dem privaten Umfeld am Wohnort oder im Freundeskreis bietet gerade eine Ausbildung die ideale Integrationsmöglichkeit“, meint Stefan Link.

Auch Kreativität ist gefragt

„Wir legen großen Wert auf kompetente Mitarbeiter, die Liebe zur Natur und Spaß an aktiver Arbeit mitbringen“, sagte Mario Witte, Gartenbauingenieur bei Gartenwelt Dauchenbeck in Fürth. Er führte die Gruppe der jungen Flüchtlinge durch die Gewächshäuser und erklärte, wie der Weihnachtsstern dazu gebracht wird, genau zur Adventszeit seine Blüte zu produzieren. „Ohne fundiertes Wissen rund um die Pflanze und die eingesetzte Technik ist eine qualitativ hochwertige Pflanzenanzucht nicht möglich. Deshalb sind wir immer auf der Suche nach interessierten jungen Menschen, die eine Ausbildung zum Gärtner/in der Fachsparte Zierpflanzenbau absolvieren wollen“, sagt Witte. Er lud die jungen Flüchtlinge ein, ein Praktikum im Zierpflanzenbau zu absolvieren. „Neben den gärtnerischen Arbeiten an der Pflanze und mit Maschinen ist im Verkauf und der Warenpräsentation auch Kreativität gefragt“, erläuterte Witte in der reich dekorierten Verkaufshalle.

Kampagne „Grüne Berufe“

Wer Gärtner/-in werden möchte, muss sich für seine Ausbildung zunächst für eine der sieben Fachrichtungen entscheiden. So stehen für den Berufseinstieg das Baumschulwesen, die Friedhofsgärtnerei sowie der Garten- und Landschaftsbau, aber auch die Bereiche Gemüsebau, Obstbau, Staudengärtnerei und Zierpflanzenbau zur Auswahl. Die Ausbildung umfasst jeweils drei Jahre und findet im dualen System (Ausbildungsbetrieb und Berufsschule) statt.

Mit der Informationskampagne des Bayerischen Staatsministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Helmut Brunner sollen gezielt Asylsuchende mit Bleibeperspektive für die Grünen Berufe, wie Landwirt oder Gärtner, gewonnen werden. Dabei wird direkt in den Integrationsklassen für die Berufsfelder geworben und mit der Vermittlung von Praktika ein Blick in die Berufspraxis ermöglicht. Um den sprachlichen Zugang zu erleichtern, werden zudem die vorhandenen Informationsbroschüren zu den Agrarberufen in die wichtigsten Herkunftssprachen übersetzt.

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