Vor jedem Gründach steht die Überzeugungsarbeit bei der Bauherrschaft. Je früher diese vom Architekten geleistet wird, desto leichter können bautechnische Belange abgestimmt werden, um beste Voraussetzungen für eine funktionierende Dachbegrünung zu schaffen. Dies will auch die überarbeitete FLL-Richtlinie, die im Frühjahr 2008 erwartet wird.
Der derzeit im Umlauf befindliche Gelbdruck enthält den neuesten Stand der Technik, unter anderem auch einen Substrattyp für die einschichtige Intensivbegrünung - eine Aufbauform, die bislang nur als Sonderbauweise zulässig war.
Fast dreißig Architekten und einige Garten- und Landschaftsbaubetriebe informierten sich am 26. Oktober 2007 auf dem Dachbegrünungsseminar der Firma Vulkatec in der Eifel über das Zusammenspiel von Aufbau und Funktionalität eines Gründaches. Die rege Diskussion nach jedem der drei Fachbeiträge zeigte, dass zu diesem Thema, welches im Zuge der Nachhaltigkeit und der Klimaerwärmung wieder in den Mittelpunkt vieler Planungen gerückt ist, weiterhin ein sehr hoher Informationsbedarf besteht.
Eine frühzeitige Abstimmung zwischen Hochbau- und Landschaftsarchitekt führt laut Professor Wigbert Riehl von der Universität Kassel in der Regel zu einer technisch einwandfreien und ökonomisch sinnvollen Lösung bei der Dichtungs- und Wurzelschutzfrage. Riehl plädiert bei den Seminarteilnehmern für einen in der Dachabdichtung integrierten Wurzelschutz.
"Dies ist die optimale Lösung", so Riehl, der diese Leistung aus Gewährleistungsgründen dem Hochbauarchitekten und dem Dachdecker zuordnet. Für Riehl beginnt das Folgegewerk der Landschaftsarchitekten und Landschaftsgärtner eindeutig danach. Landschaftsarchitekt und Landschaftsgärtner sind zuständig für den Aufbau der Vegetationsfläche, die mit ihren unterschiedlichen Funktionsschichten auf die bauartspezifischen Besonderheiten des Gebäudes einzugehen hat, um eine optimale Wirkungsweise sicherzustellen.
"Die in den letzten Jahren vermehrt aufgetretenen Schäden bei Dachbegrünungen sind auf eine falsche Auswahl der Substrate zurückzuführen", äußerte sich Riehl. Vor allem hohe organische Anteile haben hierbei zu Schäden geführt. Die organische Substanz hat sich über die Jahre zersetzt (mineralisiert), was zu einem Ausfall der Vegetation aufgrund der veränderten physikalischen Eigenschaften oder aber zu einem veränderten Pflanzenbestand führte. Riehl forderte deshalb bei jedem Projekt eine genaue Festlegung der Begrünungsart, des Planungszieles und eines hierfür geeigneten Substrates unter dem Gesichtspunkt der Pflanzensoziologie.
Riehl verdeutlichte zudem, dass eine Dachbegrünung nur im Zusammenspiel mit einer abgestimmten Pflege dauerhaft funktionieren wird. "Für Grünpflege wird einfach kein Geld ausgegeben, egal ob unten oder oben auf dem Dach", bemängelte Riehl. Durch eine frühzeitige und durchdachte Zusammenarbeit von Architekt und Landschaftsarchitekt lässt sich heute laut Riehl nahezu jedes Dach dauerhaft begrünen. Riehl baute seine ersten Dachbegrünungen schon vor über dreißig Jahren. Bis heute musste er - sicherlich auch Dank der fachkundigen Pflege dieser Flächen - keine der Vegetationsflächen sanieren, so die Antwort auf die Frage einer Architektin.
Seit circa 15 Jahren macht sich Riehl dafür stark, dass bei neuen Planungen für Dachbegrünungen kein Tropfen Niederschlagswasser in die Kanalisation abgeführt wird. Bei einem bereits vor 12 Jahren geplanten Projekt landet beispielsweise das Überschusswasser aus der Extensivbegrünung zuerst in der Intensivbegrünung des Gebäudes und wird danach in einer Zisterne gesammelt, die sowohl die Bewässerung der Dachbegrünung als auch die Sprühanlagen an der Gebäudefassade zur Kühlung der Innenhöfe und Innenräume bedient.
Auf die Frage, wie Riehl die Dichtigkeit eines Daches testet, lautet Riehls Antwort: "Eine Woche Wasser auf dem Dach". Den Vorschlag eines Architekten, dann doch lieber mit Sensorenbahnen zu arbeiten, begegnet Riehl mit dem Argument der ständigen Fehlermeldung bei nicht richtig ausgetrocknetem Beton. Ansonsten stimmt Riehl dem Einsatz dieser mittlerweile ausgereiften und gut einsetzbaren Leckmeldetechnik zu. Riehl stellte klar, dass vor allem die niveaugleichen Anschlüsse Probleme in der Abdichtung bereiten. Deshalb plädierte er für Los-Festflanschkonstruktionen, die zwar teurer, dafür aber auch dicht sind.
"Aufgabe der Planer ist es, das für den Standort richtige Substrat auszuwählen und somit eine bedarfsgerechte Ausschreibung durchzuführen", erklärt Professor Dr. Stephan Roth-Kleyer von der Fachhochschule Wiesbaden seinen Zuhörern. Roth-Kleyer plädiert bei den Dachsubstraten für eine RAL gütegesicherte Qualität. "Das Substrat ist immer noch das Kernstück einer Dachbegrünung und es gibt genug gute Substratausgangsstoffe und Mischtechniken, um sachgerechte und bedarfsgerechte Substrate in hoher gleichbleibender Qualität herzustellen", erläutert Roth-Kleyer. Die RAL-Gütesicherung beispielsweise verleiht ihr Gütesiegel immer nur für ein Jahr. Danach muss sich das Substrat einer erneuten Fremdprüfung unterziehen. Zudem überwacht der Hersteller sein Produkt durch laufende Eigenkontrollen. Trotzdem empfiehlt Roth-Kleyer bei größeren Bauvorhaben grundsätzlich Rückstellproben des angelieferten Substrates zu ziehen. Neue FLL-Richtlinien für 2008 Laut Roth-Kleyer wird auch die neue FLL-Richtlinie für Dachbegrünungen - was die Gültigkeitsdauer der Prüfzeugnisse anbelangt - nachziehen. Derzeit sind drei Jahre der Diskussionsstand. Eine jährliche RAL-Gütesicherung ersetzt allerdings das FLL-Prüfzeugnis. Was ebenfalls neu sein wird in dieser Richtlinie, die im Frühjahr 2008 erwartet wird, ist die Deklarierung der Ausgangsstoffe. "Bislang bestand hierzu keine Vorgabe und man hat nicht immer gesehen, was drin ist", äußerte sich Roth-Kleyer. "Auch ein Zuviel an organischer Substanz wird es zukünftig nicht mehr geben", ergänzte Roth-Kleyer erfreut.
Bislang gilt hier eine Obergrenze von bis zu 12 Massenprozent bei "Leichtsubstraten", die im schlimmsten Fall bis zu 50 Volumenprozent ausmachen konnte. Die zukünftige Richtlinie begrenzt die Massenprozente für organische Stoffe auf 90 Gramm pro Liter. Damit ist auch eine Reduktion der Volumenprozente gegeben. Diese Werte haben sich laut Roth-Kleyer bei Untersuchungen an verschiedenen Hochschulen und Untersuchungsanstalten bewährt. Auch die Obergrenze bei der Wasserdurchlässigkeit der Substrate wird sich verändern. "Manchmal konnte man die Stoppuhr gar nicht so schnell drücken, wie das Wasser verschwunden war", schmunzelte Roth-Kleyer.
Die pH-Wert-Spanne ist zukünftig für alle Substrate gleich und von 6,0 bis 8,5 auch enger gefasst, so es hier keine Einsprüche mehr gibt. Auch beim Salzgehalt gibt es Veränderungen. "Die absolute Obergrenze wird zukünftig bei zweieinhalb Gramm pro Liter liegen", enthüllt Roth-Kleyer. Roth-Kleyer hofft zudem auf eine Tabelle im Anhang, die den Planern einen Vergleich der alten und neuen Richtlinie einfacher macht. Wer Interesse am so genannten Gelbdruck hat, kann diesen über die FLL beziehen.
Das eigentliche Ziel einer Dachbegrünung sollte es sein, das Niederschlagswasser möglichst lange auf dem Dach zu halten, bzw. möglichst viel davon zu speichern. Dr. Martin Upmeier, Geschäftsführer der Firma Zeobon, zeigte den Planern die Unterschiede der verschiedenen Aufbaumöglichkeiten. Überraschend war hierbei, dass ein extensives Einschichtsubstrat mit der Körnung 0 bis 10 Millimeter fast genauso viel Wasser speichert (28 Liter), wie ein vergleichbarer mehrschichtiger Aufbau mit einem Drän- und Speicherelement von 25 Millimetern Höhe, kombiniert mit einem Extensivsubstrat der Körnung 0 bis 12 Millimeter (29,6 Liter). Die mehrschichtige Lösung mit einem Dränschüttstoff schneidet, was die Wasserspeicherung anbetrifft, mit 26,5 Liter sogar schlechter ab.
Des Weiteren erklärte Upmeier, dass die Wasserrückhaltung durch Dränschüttstoffe oder Einschichtbegrünungen besser ist. Bei einem Dränelement fließt das überschüssige Wasser auf direktem Wege ab, während es bei einer Schüttung eine längere Fließstrecke - nämlich um die Körner herum - hat und somit auch mehr Zeit benötigt. Beim Spezialfall des 0°-Daches, welches oft durch Pfützenbildung zu ungewollter Wasserspeicherung neigt, empfiehlt Upmeier die Wasserverdrängung durch ein Dämmelement. "Für mich ist das Umkehrdach in diesem Fall die Königslösung", so Upmeier, der allerdings auch um die Verlegeprobleme der Platten weiß, wenn man das Wasser nicht vom Dach bekommt.
Weitere Möglichkeiten sind laut Upmeier der Einbau einer Kapillarbruchschicht wie zum Beispiel Kies (1,5 x Wasserhöhe) oder die Erhöhung der Schichtstärke bei Einschichtbegrünungen (mind. 10 cm oberhalb des Wasserspiegels), wobei hier die Kapillarkräfte zu einer Verteilung des Wassers im Substrat führen. Die Qualität des Ablaufwassers einer Dachbegrünung ist für die weitere Nutzung entscheidend. "Organische Substanzen führen zu einer Verfärbung, was den Kunden in der Regel bei einer angeschlossenen Brauchwassernutzung nicht glücklich macht", führt Upmeier aus. Er empfiehlt deshalb rein mineralische Schüttstoffgemische und den Einsatz von Zeolith als absorbierenden Stoff. Zeobon-Einschichtsystem "Die einschichtige Intensivbegrünung wird mit Inkrafttreten der neuen FLL-Richtlinie keine Sonderbauweise mehr sein", freut sich Upmeier.
Er sieht die Vorteile dieser Begrünungstechnik vor allem in der schnelleren Bauausführung und dem Verzicht auf kostenintensive Dränmatten, Dränschüttstoffe und Trennvliese. Plattenbeläge können laut Upmeier direkt in das Substrat verlegt werden und nachträgliche Korrekturen im Aufbau sind jederzeit möglich. Upmeier hält diese Möglichkeit für eine sehr wirtschaftliche Bauweise, so die Qualität des Substrates beachtet wird.
Nach der vielen Theorie folgte ein bisschen Praxis, denn die Teilnehmer des Seminares besuchten am Nachmittag die Grube Hummerich, in welcher aktiver Lavaabbau betrieben wird. Den Abschluss bildete die Besichtigung der Substratproduktion bei Vulkatec in Kretz. Alle Dachbegrünungssubstrate von Vulkatec verfügen bereits seit dem Jahr 2005 über die fortlaufende RAL-Gütesicherung.