Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Hinterbliebene betonen die große Bedeutung der Friedhöfe für die persönliche Trauerarbeit. Der Friedhof ist ein gemeinschaftlicher und integrativer Ort. Die Friedhofspflicht besagt, dass neben Särgen auch Urnen auf dem Friedhof beizusetzen sind. Über Jahrhunderte hat sich in Deutschland eine Kultur entwickelt, die Hinterbliebenen hilft, trauern zu dürfen und gleichzeitig die anschließende Hinwendung zum Leben fördert. Der Friedhof ist der gemeinschaftliche Ort dieser Kultur für die Trauer und die Erinnerung.

Anlässlich der anstehenden Novellierung des Nordrhein-Westfälischen Bestattungsgesetzes erklärt Andreas Mäsing, Vorsitzender des Vereins zur Förderung der deutschen Friedhofskultur, die unverändert wichtigen Gründe, die eine Beibehaltung der Friedhofspflicht sinnvoll machen: "Natürlich ist es kurz nach dem Verlust eines Angehörigen nachvollziehbar, den Verstorbenen ganz nah bei sich haben zu wollen und dies zum Beispiel durch die Aufbewahrung der Asche im Regal zu tun. Dennoch ist für mich, bestätigt durch die Erfahrung von Generationen, die Trauerarbeit am Grab des geliebten Menschen, auf dem Friedhof, eindeutig der bessere Weg, um zu trauern und Abschied zu nehmen. Friedhöfe liegen mitten in unserem Wohnumfeld, dort, wo wir den Verstorbenen jederzeit besuchen können. Ein Ort, der für alle Trauernden immer zugänglich ist - aber dennoch durch seine Entfernung vom Zuhause auch räumlich deutlich signalisiert: Tod ist endgültiger Abschied, aber ohne Vergessen."

Weiter führt Mäsing aus: "Der Mensch ist ein soziales Wesen. Wir sind häufig in mehreren Vereinen Mitglied. Dies bedeutet, neben der Familie begleiten uns Freunde, Bekannte und Nachbarn unser Leben lang. Der Tod nimmt nicht nur der Familie den Ehemann, die Schwester oder den Opa, nein er hinterlässt auch eine Lücke beim Skatspielen, im Kunstverein oder bei den alten Herren im Fußballverein. Auch der Tod ist keine Privatangelegenheit. Das Grab gehört auf einen öffentlich zugänglichen Friedhof."

Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es eine Friedhofspflicht. Ausnahmen sind nur dann genehmigungsfähig, wenn die Beisetzung auf einem öffentlich zugänglichen Ort erfolgt. Daneben gelten natürlich auch ethische Bedingung die Wahrung der Totenruhe und die Gewährung eines würdigen Umgangs mit der Totenasche. Für Hartmut Neumann, Pfarrer in Dortmund, ist es höchst fragwürdig, ob dies bei der Aufbewahrung der Urne zuhause garantiert werden könne. Zu groß seien die Gefahren des Missbrauchs, gewollt oder ungewollt. "Man müsse sich nur vorstellen, die Urne purzelt beim Staubwischen vom Kamin", meint Neumann. Und einen besonderen Bezug des Angehörigen zum Toten will er durch die Hausaufbewahrung auch nicht erkennen. Neumann: "Hier können wir vielmehr eine beunruhigende Mentalitätsveränderung erleben. Wie in anderen Lebensbereichen auch, greift eine pietätslose Entsorgungsmentalität um sich. Das Geld, also die Einsparung von Kosten durch den Verzicht einer Friedhofsbeerdigung, ist wichtiger als die Würde des Toten. Bloß schnell und kostengünstig weg mit den Verstorbenen, die doch eigentlich auch ein Stück eigener Lebensgeschichte darstellen, Respekt und Dank verdienen."

Die Gesellschaft braucht Orte der Erinnerung Ist die Asche des Toten in einem Privathaushalt aufbewahrt, so ergibt dies für andere Menschen aus dem Umfeld des Verstorbenen, die ebenfalls Trauerarbeit leisten wollen und müssen, große Schwierigkeiten. Der öffentliche Zugang zum Toten ist Ihnen verwehrt. Dies ist aber einer der Grundpfeiler unserer traditionellen Trauerkultur. Trauer braucht Erinnerung, nicht nur für die unmittelbaren Verwandten, sondern für alle Menschen, die den Toten zu Lebzeiten begleiteten. Sie alle haben das Recht, den Toten aufzusuchen und an dessen Grab Trauerarbeit zu leisten. Für Andreas Mäsing hat der Friedhof vor allem durch seine öffentliche Erreichbarkeit eine zentrale Funktion in unserer Gesellschaft. "Friedhof fördert Gemeinschaft, ist eine der wenigen Institutionen, an der man noch Gemeinschaft unmittelbar erleben kann."

Dies kann Stefanie Uphues, Pressesprecherin der Deutschen Bischofskonferenz, nur bestätigen: "Wir können auf den Friedhof als Ort der Trauer und des Abschiednehmens nicht verzichten. Menschen benötigen einen festen und öffentlich zugänglichen Ort der Erinnerung und des Gedenkens an die Toten, einen Ort, den jeder aufsuchen kann. Das namentlich gekennzeichnete Grab hält den Verstorbenen öffentlich in Erinnerung. Der Friedhof bietet allen Hinterbliebenen gleichermaßen einen Ort der Trauer und des Gedenkens und beugt der Gefahr vor, dass Trauernden der Ort der Trauer dauerhaft entzogen bleibt."

Gegen eine Abschaffung der Friedhofspflicht sprechen ebenso historische und allgemein kulturgeschichtliche Erwägungen. Professor Reiner Sörries, Direktor des Museums für Sepulkralkultur in Kassel, sieht in der Abschaffung der Friedhofspflicht, die für ihn de facto schon seit Jahren rechtlich fragwürdig, z.B. durch den nicht endenden Transport vom Bestatter zum Friedhof, unterwandert wird, einen gewaltigen Verlust für das kulturelle Gedächtnis und die Psyche Europas : ,Es gehört zur Tradition der abendländischen Kultur, dass die Räume für die Toten bisher immer definiert waren; ob es sich um Nekropolen, Kirchhöfe oder unsere heutigen Friedhöfe handelt. Dies entspricht dem althergebrachten Grundsatz, dass die Lebensräume der Toten und der Lebenden strikt getrennt gehalten werden sollen. Und diesem kulturgeschichtlichen Argument folgen heute trauerpsychologische Erwägungen, die ebenfalls die Trennung von Lebenden und Toten für eine gelingende Trauerarbeit als sinnvoll, wenn nicht sogar notwendig erachten."

Menschen unterschiedlicher Herkunft leben in Deutschland zusammen. Der Friedhof in der Nachbarschaft dokumentiert dieses Miteinander auf eindrucksvolle Weise. Auf den Friedhöfen ist es selbstverständlich die Riten und Gebräuche verschiedener Kulturkreise zu berücksichtigen. So wurde und wird nicht für jede Kultur und jede Nation ein eigener Friedhof begründet. Der Friedhof als zentraler Platz für die Trauer, die Abschiedsnahme und die Erinnerung ist vielmehr ein integrativer Ort.

DieErinnerung an den Toten können nur Grabstätten auf dem Friedhof, also in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Lebenssphäre des Verstorbenen, garantieren. Der Aspekt der "Öffentlichkeit" der Grabstätte ist ein sehr entscheidender. Haben Menschen keinen Zugang mehr zum Grab, verliert unsere Kultur Orte der Erinnerung, die als sozialer Kitt für den Zusammenhalt der Gesellschaft unverzichtbar sind. Stefanie Uphues gibt darüber hinaus den Vertretern der Bürger- und Menschenrechte unter den Verfechtern der Abschaffung der Friedhofspflicht zu bedenken: "Jede Anonymisierung und Privatisierung der Bestattung trägt dazu bei, den Tod unsichtbar zu machen und die personale Würde des Menschen über seinen Tod hinaus zu verdunkeln."

Die Würde des Menschen kennt aber keinen Tod. Dies müsse von der Gesellschaft und der Politik unbedingt beherzigt werden, meint Andreas Mäsing. Es wäre der falsche Weg, den Friedhof und die von ihm repräsentierten Werte so leichtfertig aufs Spiel setzen: "Heutzutage ist der Friedhof einer der wenigen Orte, auf dem man noch Gemeinschaft erleben kann, Gemeinschaft nutzen kann. Gibt man ihn auf, so gibt man einen großen Teil gesellschaftlichen Lebens auf. Um es auf den Punkt zu bringen: Der Friedhof muss bleiben, denn die Erinnerung lebt."

 

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Verein zur Förderung der deutschen Friedhofskultur e.V.

Robert-Koch-Straße 33
46325  Borken
Deutschland

Tel.: +49 (160) 257 89 30
Fax: +49 (721) 151 270 787

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Web: http://www.vffk.de

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