Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Themen- und Gemeinschaftsgrabfelder zeigen einen markanten Wandel auf unseren Friedhöfen. Engagierte Gruppen setzen sich dafür ein, den Vergessenen unserer Gesellschaft einen Ort der Erinnerung zu geben.

Unsere Friedhöfe werden bunter: neben den traditionellen Familien- und Reihangrabstätten gibt es zunehmend andere, neue Formen der letzten Ruhe. So etwa die Themen- oder Gemeinschaftsgrabfelder, auf denen Menschen mit ähnlichen Lebensläufen, Schicksalen, Neigungen und Geschmäckern gemeinsam beerdigt sind. Dabei sind die Themen dieser Grabanlagen so vielfältig wie Leben und Tod, wie die Beispiele aus Frankfurt, Aachen, Berlin und Hamburg zeigen.

Wolfram Brieske von der Frankfurter Genossenschaft der Friedhofsgärtner steht vor dem Gemeinschaftsgrabfeld der Föten auf dem Hauptfriedhof seiner Stadt. Kaum ein zweiter Ort berührt ihn so sehr: Ein Kaleidoskop von verschieden Erinnerungssymbolen, von Blumen über Spielzeug bis hin zu Fotografien und gemalten Bildern, überzieht das Feld. Die Grundbepflanzung ist in der Form von Wolken und einer Sternschnuppe gestaltet worden. Buchs und Waldsteinia sowie diverse Stauden sind die Komponenten des anmutigen und bunten Bildes. Das Grabfeld hat den bezeichnenden Namen "Ein Hauch von Leben." Brieske: "Das Motiv der Wolken gefiel uns deshalb so gut, weil wir mittels eines solchen himmlischen Motivs die Erlösung aus dem bitteren Schicksal der Föten symbolhaft darstellen wollten. Zudem drückt dieses Motiv eine Leichtigkeit und Schwerelosigkeit aus, die zum Motto des Themenfeldes sehr gut passt."

Ein Hauch von Leben: Grabfelder für Frühchen und Föten

Lokale Selbsthilfegruppen haben lange Zeit auf die traurige Tatsache hingewiesen, dass tote Föten nur als "Abfallmaterial" gesehen wurden und dementsprechend als Krankenhausmüll auch entsorgt wurden. Bei den Friedhofsgärtnern der Mainmetropole fielen deren Anregungen bei den Betroffenen auf fruchtbaren Boden. Auf eigene Kosten haben sie dieses Grabfeld eingerichtet. Die Genossenschaft übernahm einen Dauergrabpflegevertrag, die Friedhofsgärtner sorgen jetzt für die ständige professionelle Pflege.

Für die Frankfurter Friedhofsgärtner, wie in allen Teilen Deutschlands, ist die Gestaltung eines Themenfeldes schon längst Teil des handwerklichen Repertoires geworden. Auf dem Aachener Westfriedhof ist Ursula Sprothen, die Prokuristin der dortigen Friedhofsgärtner-Genossenschaft von Stolz erfüllt, wenn sie von dem Grabfeld für die Frühchen spricht. Auch hier in Aachen werden die Kosten der Pflege von den Friedhofsgärtnern übernommen. Waldsteinia als Bodendecker, dazu jahreszeitlich wechselnde Blumen (im Spätfrühling sind es Primeln, Hyazinthen und Narzissen), geben den Beeten um die markanten Stelen mit den Namen der Kinder eine ganz besondere Note: "Bei dem Themenfeld muss man eine Gestaltung und eine Bepflanzung wählen, die einerseits den Sinn des Grabes bestmöglich zum Ausdruck bringt, andererseits auch die diversen Wünsche der Eltern so gut es geht berücksichtigt. Hier eine Synthese zu finden ist mindestens eine solche Herausforderung wie die Gestaltung eines individuellen Grabes."

Clanfriedhöfe und Gärten der Frauen

Der Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg ist aufgrund seiner Tradition und Größe der vielleicht bekannteste Friedhof Deutschlands. Hier kann der Besucher einen Eindruck von der Vielfalt bekommen, die die heutige Trauer- und Sterbekultur besitzt. Vom Schmetterlingsgarten für die Liebhaber dieser schönen Insekten über das Grabfeld des Chinesischen Vereins bis hin zum Grabfeld der Zarathustra-Anhänger sind alle Interessen und Weltanschauungen vorhanden. Reiner Sörries vom Museum für Sepulkralkultur in Kassel nennt solche Beerdigungstypen "Clan-Friedhöfe" oder "identitätsstiftende Gruppengräber". Einer dieser Clan-Friedhöfe ist der "Garten der Frauen". Er ist ein Erinnerungsort für Hamburger Frauen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens der letzten hundert Jahre, berühmte oder weniger bekannte, bei denen die Nutzungsdauer ihrer Grabstätten auf dem Friedhof überschritten ist und niemand für die Kosten aufkommt. Damit diese Frauen nicht in Vergessenheit geraten, werden ihre Grabsteine in den Garten der Frauen verlegt. Dort können sich Frauen bestatten lassen, die mit dem Erwerb einer Grabstelle gleichzeitig auch Mäzeninnen des seit 2001 bestehenden Gartens werden.
Rita Bake, die Vorstandsvorsitzende des Vereins "Garten der Frauen", erklärt, dass die Idee keinesfalls neu ist: "Hiermit folgen wir dem Prinzip der jahrhundertealten Tradition der Genossenschaftsgrabanlagen. So kommt der Verein neben der Pflege auch für die Grabpflege auf."

Idealismus und Denk mal positHIV

Sörries, einer der vorrangigen Experten auf dem Gebiet der Trauerkulturforschung, sieht in der Aids-Bewegung der 80er- Jahre den Ausgangspunkt der modernen Gruppengräber. Erste Grabfelder für Menschen, die an Aids verstarben, entstanden im Hamburg, die so genannten Memento I bis III Gräber. In einigen Großstädten Deutschland wurden in der Folge Grabfelder für die Aidstoten angelegt, beispielsweise auf dem Matthäusfriedhof in Berlin. Dort gibt es ein ähnliches Modell wie das auf dem Garten der Frauen in Hamburg.

Um alte Grabanlagen vor dem Verfall zu retten, können Mäzene aktiv werden und diese in "Patenschaft" übernehmen. Der Verein "Denk mal positHIV&quot" erstand so das Grab des Unternehmers Adalbert Streichenberg, der 1900 starb. Seit der Übernahme durch den Verein ist das ehemalige Industriellen-Grab einer der herausragenden "Pilgerorte" der Schwulen-Bewegung in der Metropole. Diese Gräber in Frankfurt, Aachen, Berlin und Hamburg machen Hoffnung in einer Gesellschaft, die so oft als egoistisch und anonym bezeichnet wird. Am Fötengrab in Frankfurt meint Wolfram Brieske: "Die Grabfelder derjenigen, die helfen, die Gesellschaft durch ihren Idealismus und ihre Taten direkt oder indirekt weiterzubringen, sind eine Bereicherung unserer Friedhofskultur. Diesem Idealismus möchten wir Friedhofsgärtner durch unsere gärtnerische Gestaltung den verdienten Respekt entgegenbringen."

 

Weitere Informationen erhalten Sie hier:

Bund deutscher Friedhofsgärtner (BdF)

Godesberger Allee 142-148
53175 Bonn
Deutschland

Tel.: +49 (0)228/81002-44
Fax: +49 (0)228/81002-65

Email:
Web: http://www.grabpflege.de

Empfohlen für Sie: