Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

In Weil am Rhein ist seit 1997 von der Kommune ein Großteil der Leistungen am Friedhof an eine private Arbeitsgemeinschaft von Friedhofsgärtnern und Bestattern übertragen worden. Seitdem gelten die Friedhöfe der badischen Stadt als Vorzeigemodell für ein gelungenes Public-Private-Partnership-Projekt - zum Wohle der Bürger.

Bürgerorientierung ist für das Friedhofsmanagement keinesfalls nur ein Schlagwort. Hier Gerhard Hugenschmidt im Gespräch mit Friedhofsbesuchern.

Gerhard Hugenschmidt ist stolz auf das Erreichte. Der Friedhofsgärtner, der vor mehr als zehn Jahren in einer Arbeitsgemeinschaft mit einem Berufskollegen und zwei Bestattern die gesamten Pflege- und Bestattungsleistungen sowie einen beträchtlichen Teil der Verwaltungsdienste von der Stadt übertragen bekommen hat, freut sich insbesondere über das Lob der Bürger hinsichtlich des Pflegezustands der Friedhöfe. "Viele Leute", so meint der 43jährige "haben mich in den letzten Jahren angesprochen und gesagt, wie sehr sich der Friedhof auch optisch gemacht hat. Das hört ein Gärtner natürlich besonders gerne.

Dienstleistungsorientierung

Dass Kommunen Leistungen an private Dritte übertragen wird immer mehr üblich. Weil am Rhein, die südbadische Ortschaft mit mehr als 30.000 Einwohnern, gehörte zu den ersten Gemeinden im Bundesgebiet, die im Bereich des Friedhofsmanagements Initiative zeigten. Die "Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner" brachte den Stein ins Rollen und fand in der Friedhofsverwaltung einen interessierten und offenen Ansprechpartner. Die Genossenschaft übernimmt seit der Zusage der Stadt die verwaltungstechnischen Belange, die Praxisarbeit ist Sache der Arbeitsgemeinschaft. Die Bereitschaft, den "Friedhofsexperten" wie Friedhofsgärtnern und Bestattern die Verantwortung zu übertragen, kam aber auch in Weil nicht nur aufgrund der besonderen Kompetenzen dieser Berufsstände zustande.

Kassen leer - Neue Wege gehen

Das Umfeld kommunaler Friedhöfe ist seit gut dreißig Jahren im Wandel. Die gesamte kommunale Wirtschaft befindet sich seit 1990 in einer schweren Finanzkrise. Konsequenzen sind - bei meist weiterhin wachsender Verschuldung - Ausgabensenkungsprogramme, Modernisierung der Verwaltung sowie Ausgliederungen und Privatisierungen. Außerdem befinden sich die Friedhöfe seit Jahrzehnten in einer Ertragskrise, während der die Kosten stetig anwuchsen. Als Antwort der Gemeinden werden die Gebühren angehoben, aus Sicht der Bürger natürlich keine populäre Maßnahme.

Hinzu kommt ein Problem im Selbstverständnis der Friedhofsverwaltungen. Getreu dem Grundsatz "Gestorben wird immer" machten sich die Verantwortlichen lange keine Gedanken um die wirtschaftliche Zukunft der Friedhöfe. Warum auch: Der Friedhof bildete lange Zeit einen Teil des alltäglichen Leben der Menschen wie Schule, Kneipe und Kirche. Mit einem steigenden Kostenbewusstsein nach dem Motto "lieber kostengünstige Urne als teure Erdestattung" und der Konkurrenz durch neue private Anbieter von Friedwäldern bis Seebestattungen ging diese Sicherheit verloren. Die Wertschätzung für das "Produkt Friedhof" nahm sicherlich auch deshalb ab, weil vielen Bürgern ihr Friedhof zu selbstverständlich erschien - für Spaziergänge wurden die Friedhöfe als "grüne Lungen" der Städte oft und gerne genutzt, aber ein Ansteigen der Gebühren hielt dennoch zumeist niemand für gerechtfertigt.

Dienstleistungsorientierter Friedhof

"Wenn ein Friedhof heutzutage eine Zukunft haben will, muss er auch und insbesondere ein Ort der Lebenden werden" meint Hugenschmidt. "Die Kundenorientierung, die sich in anderen Wirtschaftsfeldern und selbst Verwaltungsbereichen schon länger durchgesetzt hat, muss auch für das Management eines Friedhofes gelten." Rückblickend auf die ersten zehn Jahre war die "Teil-Privatisierung" ein voller Erfolg. Die Einsparung für Weil liegt im hohen sechsstelligen Bereich. Obwohl die neue Gebührensatzung, auf die die Arbeitgemeinschaft keinen Einfluss nehmen konnte, den Bürgern wieder höhere Grabnutzungsgebühren auferlegte, liegen die Gebühren für Grabanlegung und Bestattung deutlich unterhalb der regionalen Preise. So bezahlt der Bürger für den Grabaushub 356 Euro oder für den Sargträger 41 Euro. Die Kosten sind aber nur die eine Seite der Medaille. Eine ganze Reihe von Erleichterungen und neuen Angeboten haben einen hohen Grad an Zufriedenheit seitens der Bürger erbracht.

Innovationsschub und Zukunftspotentiale

"Für die Bürger hat sich so einiges zum Positiven verändert", resümiert Hugenschmidt. "Insbesondere kann die Grabstelle seit unserer Übernahme frei ausgesucht werden. Das ist heute schon zur Selbstverständlichkeit geworden, die der Kunde nicht mehr missen möchte." Für Hugenschmidt bedeutet die Wahlfreiheit zwar einerseits einen hohen Aufwand, da viele Nutzungsberechtigte vor der Beerdigung einen Termin für die optimale Bestattungslage mit ihm vereinbaren. "Aber hierdurch kommen immer wieder neue Aufträge auf uns zu", freut sich der Badener über die hervorragende Auslastungsquote.

Der Pressesprecher und Dezernent für die Friedhofsverwaltung der Stadt Weil am Rhein, Christoph Huber, war vor zehn Jahren skeptisch, was die Leistungsübertragung an die Arbeitsgemeinschaft anging. Dies hat sich grundlegend geändert: "Nehmen wir das Beispiel der einheitlichen Anlaufstelle. Früher musste der Bürger im Trauerfall obligatorisch sowohl zum Bestatter als auch zum Rathaus. Jetzt geht es nur zum Bestatter, der alles für ihn erledigt. Gerade in einer solchen angespannten psychischen Situation ein ungemeiner Vorteil für den Bürger." In erster Linie aber schätzt Huber die Innovationspotentiale durch die Kompetenz der Genossenschaft und der Arbeitsgemeinschaft in gärtnerischer Hinsicht. Die letzten Jahre hätten eine Abkehr von der monotonen Symmetrie der klassischen Friedhöfe gebracht. Es wäre jetzt viel mehr Kreativität und Sinn für innovative Gestaltung zu sehen:

"Die Friedhofsgärtner in unserer Arbeitsgemeinschaft haben das Gespür für fantasievolle Gestaltungen und haben viel wirklich Neues durchgesetzt. Die sind am Puls der Zeit und wissen was dem Bürger gefällt!"

 

Weitere Informationen erhalten Sie hier:

Bund deutscher Friedhofsgärtner (BdF)

Godesberger Allee 142-148
53175 Bonn
Deutschland

Tel.: +49 (0)228/81002-44
Fax: +49 (0)228/81002-65

Email:
Web: http://www.grabpflege.de

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