Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Friedhofsflächen bedrohen die Entwicklung unserer Friedhöfe zu öffentlichen Räumen der Begegnung und der Trauerverarbeitung. Kommunen sind oft nur an rein ökonomischer Inwertsetzung der Areale interessiert. Pläne zur Um- und Entwidmung: Friedhöfe werden in Zukunft immer mehr die Funktion therapeutischer Begegnungs-Räume haben, gerade aufgrund der zunehmenden Individualisierung, prognostiziert Anton Aschenbrenner, ehemals katholischer Pfarrer und Trauerexperte im bayerischen Waldkirchen.

Immer mehr Überhangflächen auf Friedhöfen

"Konnten Menschen früher ihre Trauer zumeist in der Gemeinschaft verarbeiten, so bedarf es jetzt der Einführung neuer Angebote, die Menschen die Möglichkeit geben, ihre Trauer anzupacken sowie diese konstruktiv und kreativ für die weitere Persönlichkeitsformung zu nutzen." Solche Ideen können durchaus in die bestehenden Friedhöfe integriert werden. Die ökonomische Diskussion Aufgrund der demografischen Entwicklung, aus Kostengründen und wegen der Entfaltung neuer Bestattungsarten beklagen die Friedhöfe bundesweit rückläufige Beisetzungszahlen und die Bevorzugung platz- und kostensparender Grabarten, vor allem von 2 Urnengrabstätten.

Das führt auf immer mehr Friedhöfen zu den so genannten Überhangflächen. Diese sind teilweise kleinteilig und verstreut auf dem Friedhofsgelände, teilweise aber auch großflächig und zusammenhängend. In manchen Fällen liegen sie am Rand des Friedhofes, oft aber auch inmitten der Grabfelder. Insbesondere große Areale in Randlagen stehen bei Kommunen aufgrund der Belastung der örtlichen Kassen gerne als Entwidmungsfläche zur Diskussion. Dem Spektrum der potentiellen friedhofsfremden Nutzungen sind dabei scheinbar keine Grenzen gesetzt.

In und an Friedhöfen sollen deshalb neue Baugebiete, Energieparks und Anbauflächen für nachwachsende Rohstoffe entstehen, Hauptsache die Flächen sind wirtschaftlich effizient in Wert gesetzt. Was hierbei häufig nicht berücksichtigt wird, ist die Tatsache, dass auch eine friedhofsnahe Nutzung langfristig durchaus finanzielle Vorteile hat:

Die Attraktivität der Friedhöfe steigt und damit auch das Interesse der Bevölkerung an diesem Friedhof. In der Folge ist wieder mit zunehmenden Gebühren zu rechnen, wenn die Menschen sich für den letzten Ort der Ruhe auf einem Friedhof entscheiden, der über die Gräber hinaus auch ein ansprechendes Umfeld für die Trauerarbeit und Begegnung bietet. Eine vielen Experten zufolge sinnvollere Alternative bilden daher diese friedhofsnahen Umwidmungen. Bevor man also dem Friedhof Flächen endgültig entzieht, könnten gewisse Areale kurz- und mittelfristig anderweitig genutzt werden, um sie im Bedarfsfall wieder dem ursprünglichen Zweck zuzuführen. So meint Lüder Nobbmann, Vorsitzender des Bundes deutscher Friedhofsgärtner (BdF):

"Laut Prognosen der Demografen werden in einigen Regionen Deutschlands die Sterbezahlen in den kommenden 20 Jahren wieder deutlich steigen. Dann brauchen wir diese Flächen definitiv wieder zurück."

Infrastruktur für Trauerbewältigung

Nach Meinung Nobbmanns und vieler anderer Friedhofs-Experten greift die rein ökonomisch geführte Diskussion zu kurz. Der Friedhof als Kulturraum und vor allem als wichtigster Ort der Trauerbewältigung für die Hinterbliebenen - auch aufgrund der hier viel einfacheren Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten mit 'Schicksalsgenossen' - leide unter einer derart engen Perspektive. Innovative Alternativpläne für eine friedhofsgemäße Nutzung gibt es mittlerweile in großer Zahl. So schlägt der Landschaftsarchitekt Joachim Pander in seinem Konzept-Paper "Trauerparadiese und Lebenswege - sinngebende Räume auf Friedhöfen" unterschiedliche Gestaltungen von ungenutzten Flächen vor, mit denen er den Friedhof zwecks der Durchlebung von Trauerbewältungsphasen strukturieren will. Pander nennt sein Konzept 'Selbstsorge':

"Durch das Schaffen von Räumen wird dem Besucher ein Rahmen vorgegeben, bestimmte Phasen der Trauer auf dem Friedhof zu durchleben. Durch das Begehen dieser Raumsituationen wie Kommunikationsräumen, 'Loslass’-Räumen und Räumen für die letzten Worte werden die Sinne aktiviert. Ziel ist es, Trauer auszulösen und zu bewältigen, Kraft zu schöpfen, sich innerlich zu stärken, um das Dasein wieder bewusster zu erleben." Unterwegs durch Räume der Trauerphasen Trauerexperte Aschenbrenner sieht ebenfalls im Gehen einen wichtigen konstruktiven Ansatz Trauer zu bewältigen:

"Bei meinen Spaziergängen im Waldfriedhof München nach dem Tod meiner Großeltern erfuhr ich das Gehen als sehr heilsam. Der Trauernde sucht - dem Wanderer gleich - nach Rückblicken, neuen Perspektiven, Ausblicken. Der trauernde Sinn-Sucher findet Versöhnung mit seiner Situation durch die Sinne, die er durch das Gehen auftut." Dabei geht der Weg des Sinnsuchenden im wahrsten Sinne über Stock und Stein. Aschenbrenner: "Hindernisse, Barrieren und Bachläufe überwinden. Wildnis auch im eigenen Innern zulassen. Der Friedhof darf und soll seine Attraktivität durchaus dadurch steigern, dass er mystisch, einladend, nachdenklich und geheimnisvoll wirkt." - Friedhöfen sollten friedhofsgemäß genutzt werden.

 

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