Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Das vierte Corthum-Fachseminar im Februar 2009 bot den über 70 Teilnehmern mit vier Fachvorträgen ein abwechslungsreiches Programm, welches von der Entwicklung von Extensivbegrünungen ohne Pflege über grüne Nachbarstreitigkeiten bis hin zum Baummanagement der BASF und praktischen Substrattests zur Qualitätsprüfung auf der Baustelle informierte.

Veranstaltungsort war in diesem Jahr das neu gebaute Glashaus "Casa Terra Corthum" auf dem Betriebsgelände der Firma Forst-Humus GmbH in Marxzell-Pfaffenrot.

"Die Zeit für das Lesen von seitenlangen wissenschaftlichen Fachartikeln hat in der heutigen Zeit ja fast niemand mehr", erklärte Uwe Schönthaler, Geschäftsführer der Forst-Humus GmbH, sein für dieses Seminar ausgewähltes kompaktes Informations-Potpourri aus Forschung und Wissenschaft, welches deshalb auch von der Architektenkammer Baden-Württemberg als Fortbildungsmaßnahme anerkannt ist.

Ohne Pflege viel Fremdbewuchs

Inhalt des Vortrages von Prof. Dr. Stephan Roth-Kleyer, Fachhochschule Wiesbaden, Campus Geisenheim, war die Entwicklung von mehrschichtig ausgeführten extensiven Dachbegrünungen ohne Pflege über den Zeitraum von zehn Jahren.

Im Jahr 2008 wurden die 13 Begrünungsvarianten erneut auf ihre physikalischen und chemischen Substratkennwerte untersucht. "Überraschend für uns war, dass der Anteil an organischer Substanz bei neun Substraten (= knapp 70 %) zugenommen hat", erklärte Roth-Kleyer.
Dieses Ergebnis stimmt nicht mit den Werten älterer Veröffentlichungen überein, die bislang grundsätzlich von einer Reduktion der organischen Substanz ausgingen. Der Salzgehalt und auch der Stickstoffgehalt haben ohne Düngung in den zehn Jahren drastisch abgenommen. Die Bedeckung durch Fremdarten betrug im Durchschnitt 15 Prozent, wobei die Varianten hier von null Fremdbewuchs bis hin zu fast einem Drittel variierten.

Als Fremdarten hatten sich vor allem Sedum album, Allium schoenoprasum, Leguminosen, Löwenzahn, Sternmiere, Flechten und Moose eingestellt. Habichtskraut (Hieracium pilosella) und Katzenminze (Nepeta x fassenii) - Pflanzen aus der ursprünglichen Vegetation - waren völlig verschwunden und die Dachhauswurz (Sempervivum montanum) konnte sich nur schwach entwickeln.

"Die Vegetation auf dem Dach kann immer einer natürlichen Bestandsumbildung unterliegen und die Ansiedlung anderer Pflanzenarten ist möglich, doch genau dies muss durch regelmäßige objektspezifische Pflegegänge in die richtige Richtung gesteuert werden", so der Wissenschaftler.

Ohne Pflegemaßnahmen wird die Zielvegetation - das hat dieser Langzeitversuch eindeutig dargelegt - in ihrer Entwicklung gehemmt und zeigt oftmals weder artgerechtes Wachstum noch den üblichen Habitus. Im Extremfall bedeckt am Ende sogar eine Flechten-Moos-Vegetation und nicht die vom Auftraggeber gewünschte artenreiche Sedum-Gras-Kraut-Mischung die Dachfläche.

Um dies zu vermeiden, empfiehlt Roth-Kleyer den ausführenden Firmen, ihren Kunden nicht nur die Glanzbilder und schönen Prospekte von perfekten Dachbegrünungen zu zeigen, sondern auch Fotos von ungepflegten, bemoosten Dächern parat zu haben.

"Gerade die hässlichen Bilder verhelfen zum Abschluss eines langjährigen Pflegevertrages, denn solche Entscheidungen werden meist von fachlichen Laien getroffen", ist sich Roth-Kleyer sicher.

Durch diese Art der Herangehensweise kann der Kunde viel besser abschätzen, ob eine natürliche Dynamik in der Vegetationsentwicklung seinen langfristigen Erwartungen entspricht oder nicht. Fixiert in Wort und Bild kann mit dem Kunden dann sogar eine Gewährleistung auf das Begrünungsziel - abgestuft in verschiedene Pflegestufen - vereinbart werden. "Das wäre eine von beiden Seiten gelebte Nachhaltigkeit", erläuterte der Professor.

Patentrezepte für die Sanierung von ungepflegten Dachflächen gibt es nicht. Roth-Kleyer rät jedoch den ausführenden Firmen zu folgenden Schritten: Nach dem Lockern und Säubern der Pflanzfläche wird der Fremdbewuchs entfernt, nötige Schnittarbeiten werden durchgeführt, die Dachfläche wird gedüngt und bei Bedarf gewässert. Nicht mehr benötigte Verankerungen können entfernt, die anderen neu justiert werden. Bestehende Bewässerungssysteme sind auf ihre Funktionsfähigkeit zu prüfen. Im Rahmen einer Sanierung können im ersten Jahr vier bis acht Pflegegänge erforderlich sein.

Softwaregestütztes Baummanagement

Dieter Keck, Meister im Garten- und Landschaftsbau und Baumsachverständiger, arbeitet für die BASF in Ludwigshafen als Koordinator der Außenanlagen und Freiflächen. Seine zu betreuende "Schar" an Bäumen ist groß und umfasst circa 20.000 Exemplare.

"Ohne gutes Management wäre die Fülle an Aufgaben kaum zu bewältigen", erklärte Keck. Jeder Baum hat deshalb eine Nummer, ein eigenes Datenblatt im Baumkataster und ist maßstabgetreu als Baumsymbol in "FLAEMIS" (= Flächenmanagement und Informationssystem, BASF eigene und gewachsene Software für alle Gewerke auf dem Gelände) geographisch erfasst.

"Unser Baummanagement ist inzwischen so gut, dass sich die Bäume selbst melden, wenn die turnusgemäße Begehung ansteht", erläuterte Keck. Dies erfolgt durch eine Verfärbung der Baumsymbole auf dem Bildschirm und erspart enorm viel Zeit und Geld. Die Pflegeaufträge werden durch beschränkte Ausschreibungen zu 100 Prozent an Garten- und Landschaftsbaufirmen vergeben.

"Die beauftragten Betriebe verfügen über kompatible Programme und können so selbstständig ihre Aufträge abarbeiten", so Keck.

Die Routinekontrollen erfolgen halbjährlich bei der Gruppe von "kritischen Bäumen", welche ca. 10 Prozent des Bestandes ausmacht. Jungbäume und Pflanzen an unkritischen Standorten werden alle zwei Jahre in Augenschein genommen, der größten Restgruppe mit ca. 60 Prozent wird ein jährlicher Besuch abgestattet.

"Bei Neupflanzungen suchen wir immer nach langfristigen Standorten, denn ein Baum auf dem BASF-Gelände sollte nicht nur 30 Jahre alt werden, sondern mindestens 80 Sommer erleben", führte Keck ein Ziel dieses Baummanagements auf, welches kürzere Lebenszeiten als viel zu hohen Kostenfaktor einstuft.

Als weitere Eckpunkte nannte er, dass die Neupflanzungen immer die Zahl der Rodungen überschreiten und sehr viel Wert auf die Jungbaumpflege, Kronenpflege und Lichtraumpflege gelegt wird.
Als Hauptbaumarten zählte Keck Ahorn, Platane, Pappel, Linde und Eiche auf. "Der Klimawandel betrifft uns relativ stark, da auf dem gesamten Gelände kein gewachsener Boden ansteht und wir dadurch ein sehr schnelles Feedback von unseren Bäumen bekommen", erläuterte Keck, der zudem der Meinung ist, dass sich durch diese Gegebenheit Krankheitsbilder schneller verbreiten als an natürlichen Standorten.

Das Baummanagement der BASF unterstützt auch die Forschung gegen Krankheiten und Schädlinge. So wurde beispielsweise vor fünf Jahren ein Impfversuch an Rosskastanien gegen die Miniermotte durchgeführt. "Dieses Jahr werden wir die Ergebnisse auswerten und augenscheinlich können wir sehr zufrieden sein", meinte Keck.

Boden- und Substratqualität testen

Landschaftsgärtner arbeiten täglich mit unterschiedlichsten Böden und Substraten und manchmal ist es einfach nötig, sich einen schnellen Überblick über die gelieferte Qualität zu verschaffen. Dass dies mit einfachsten Mitteln auch auf der Baustelle funktioniert und nicht immer einer Laborprobe bedarf, führte Dipl.-Ing. Johannes Prügl vom gleichnamigen Bodeninstitut in Au in der Hallertau den Teilnehmern vor.

"Oft genug kippt der LKW-Fahrer die bestellte Ware ab und der Lieferschein wird ohne Sicht- oder Qualitätskontrolle unterschrieben", so Prügl. Bestellt wird meistens in Kubikmeter, geliefert in Tonnen. Prügl empfahl deshalb den verarbeitenden Betrieben immer wieder mal eine Schüttgewichtsbestimmung vorzunehmen.

"Die Qualitätsunterschiede bei Lava sind groß und Lava kann von 0,8 to/cbm bis zu 1,4 to/cbm wiegen", so Prügls Erfahrung, wobei man wissen muss, dass nur die leichte Lava über das so geschätzte Porenvolumen verfügt.
Des Weiteren wiegt nasses Substrat natürlich mehr als trockenes. "Für die Schüttgewichtsbestimmung brauche ich nur einen ausgeliterten 20-Liter Eimer und eine Personenwaage", zählte Prügl auf, der zudem auch die Bestimmung des Wassergehalts empfiehlt. Ein Mikrowellengeschirr aus Porzellan mit ca. ½ Liter Fassungsvermögen, eine Mikrowelle und eine Schullaborwaage reichen aus, um nach 10 Minuten Trocknungsvorgang in der Mikrowelle den Wassergehalt errechnen zu können.

"Dieses Instrumentarium lässt sich in jedem Auto oder Bauwagen unterbringen", so Prügl. Gerade beim Einbau von beispielsweise Baumsubstraten sollte das Substrat sowieso trockener sein als sein optimaler Wassergehalt, damit es nicht zu sehr verdichtet wird. Hier wäre die Bestimmung des Wassergehaltes äußerst wichtig. Bei der Lieferung von Substratmischungen reichen ein 2mm- und ein 4mm-Sieb aus, um die feinen Teilchen abzusieben und einen Einblick in die Zusammensetzung zu bekommen. Mit Wasser abgespült, wird sehr schnell sichtbar, aus welchen Einzelstoffen das Substrat gemischt wurde.

"Für diesen Test reichen ein kleines Sandsieb und eine Wasserflasche und in drei Minuten hat man das Ergebnis, welches ansonsten unter dem dunklen Kompost versteckt geblieben wäre", schmunzelt Prügl.

Auch die Prüfung, ob der als gewaschen bestellte Sand tatsächlich gewaschen ist gestaltet sich äußerst einfach: Man gibt eine Hand voll Sand in ein feines Sieb und schüttet Wasser darüber. Läuft dieses unten als klare Flüssigkeit heraus, war der Sand gewaschen. Bei trübem Wasser, ist die Anfrage beim Lieferanten, ob seine Waschanlage noch funktioniert, durchaus gerechtfertigt.

Eine einfache Methode zum Test der Wasserdurchlässigkeit erfordert einen Spaten, einen Meterstab und einen Eimer Wasser. "Ein Loch mit den Maßen 30 cm x 30 cm x 30 cm reicht völlig aus, mit Wasser auffüllen, Meterstab rein und auf die Stoppuhr sehen, wie schnell der Abfluss erfolgt", beschreibt Prügl.
10 Millimeter pro Minute sind ideale Abflusswerte für Baum- und Dachsubstrate. Für die Bestimmung des pH-Wertes und Nitratgehaltes gibt es gute Teststäbchen. Der Kalkgehalt kann durch den Aufbrausversuch mit Salzsäure (bitte Handschuhe benutzen!) relativ einfach bestimmt werden. Gerade im Golfplatzbau wird viel mit reinstem Quarzsand gearbeitet und Verunreinigungen durch Kalk sind hier äußerst unbeliebt.

Wenn Bäume stören

Dr. Georges Lesnino, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und Vorsitzender des Münchner Gehölzinstitut e.V., leitet ein Sachverständigenbüro im Großraum München und arbeitet u.a. als Gutachter für Gerichte.

"Damit Pflanzen und Bäume innerhalb ihres Lebenszyklus nicht zu Störfaktoren werden, lege ich allen Planern, Baumpflegern und ausführenden Betrieben die intensive Auseinandersetzung mit dem jeweils geltenden Nachbarschaftsrecht nahe", so Lesnino, der weiß, dass sich - obwohl die heutige Rechtssprechung immer mehr zum Schutz der Gehölze tendiert - im Zweifel nicht jeder Richter für den grünen Streitgegenstand entscheidet!

Das Nachbarschaftsrecht in Bayern ist hinsichtlich der Pflanzabstände zur Grundstücksgrenze relativ einfach gestaltet: Innerhalb der ersten 50 Zentimeter ab der Grenzelinie dürfen keine Gehölze gepflanzt werden, zwischen 50 Zentimeter und zwei Meter Abstand ist nur eine maximale Höhe der Gehölze von zwei Meter zulässig. Ab zwei Meter Abstand gibt es keine Regelung mehr. In Bayern gilt außerdem eine Verjährungsfrist von fünf Jahren. Überschreiten die Sträucher also die Zwei-Meter-Marke, so muss der Nachbar innerhalb von fünf Jahren zum Rückschnitt oder zur Entfernung auffordern, ansonsten steht dem ungehinderten Wachstum kein Nachbarschaftsgesetz mehr im Wege.
"Meine gerichtlich bestellten Gutachten weisen deshalb mit Hilfe der Jahresringmethode genau das Jahr nach, in welchem diese zwei Meter überschritten wurden", erklärte Lesnino, der für diese Untersuchung das Pflanzgewebe aus zwei Metern Höhe entnimmt. Jahresringe lügen eben nicht, Nachbarn manchmal schon.

Das Nachbarschaftsrecht in Baden-Württemberg ist, was die Pflanzabstände und die erlaubten Pflanzenarten anbetrifft, wesentlich komplizierter, doch auch hier gilt eine fünfjährige Frist der Verjährung und zwar bezogen auf den Zeitpunkt der Anpflanzung.

Handelt es sich bei Nachbarschaftsstreitigkeiten um Überhänge und Wurzeln, die es sich trotz Einhaltung der Grenzabstände oder vielleicht auch nach der Verjährungsfrist in Richtung Nachbargrundstück bequem gemacht haben, so greift hier das BGB mit dem § 910. Die Wurzeln können beseitigt werden, wenn diese die Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. Für die Beseitigung des Überhanges ist dem Nachbarn zuerst eine Frist zu setzen (ca. vier bis sechs Wochen). Passiert innerhalb der Frist nichts, so greift das Selbsthilferecht und rechtfertigt den Griff zur Säge oder Schere, allerdings in der Regel nur bis in eine Höhe von 2,50 Meter und nur wenn eine wesentliche Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung nachzuweisen ist.

Ist die Selbsthilfe nicht zumutbar, kann sogar auf Beseitigung geklagt werden. "Es ist und bleibt kompliziert und auch der Begriff der Beeinträchtigung ist ein sehr dehnbarer, doch durch eine richtige Planung und Ausführung können solche Streitigkeiten von Anfang an verhindert werden und dieses Wissen kommt letztendlich wieder den Bäumen zugute", so die Meinung des Sachverständigen.