Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Highlights am laufenden Band erlebten die 46 Teilnehmer der durch den Verband GaLaBau Baden-Württemberg e.V. organisierten Fachstudienreise vom 21. bis 23. Mai 2009. Die Chelsea Flower Show in London, Hever Castle Gardens und Sheffield Park standen neben einer ausführlichen Stadtrundfahrt inklusive Wachablösung vor dem Buckingham Palace auf dem Programm.

Die Reisegruppe vor einem in voller Blüte stehenden

Eine dreieinhalbstündige Stadtrundfahrt durch das Londoner Zentrum war gleich morgens nach der Landung der erste Programmpunkt und die Teilnehmer bekamen einen guten Überblick über diese Achtmillionenstadt mit ihren unzähligen Attraktionen. Nach dem Bezug der Zimmer in einem Hotel des Stadtteils Canary Wharf stand der Nachmittag zur freien Verfügung und wurde von vielen Teilnehmern zur Besichtigung der städtischen Parks, aber auch zum Einkaufen genutzt.

Werner Molitor, Reiseleiter dieser Verbandsreise, bot auf dem Weg zur U-Bahn einen kurzen Rundgang durch die Gärten von Canary Wharf an. Die hier gepflanzte Lindenallee steht beispielsweise über den Wasserflächen der ehemaligen Docklands und besitzt deshalb keinen Anschluss an den gewachsenen Boden. Eine in einem Hochbeet aus Natursteinen verlaufende Wassertreppe und ein großes rundes Wasserbecken gehören zu den hochwertig gestalteten Außenanlagen, die hier für die Angestellten der umliegenden Geschäftshäuser als Erholungsgrün gebaut wurden.

Chelsea Flower Show

Ein Teil der Reisegruppe verließ das Hotel bereits um 7.00 Uhr, um pünktlich um 8.00 Uhr zur Öffnung der Tore des Royal Hospital Gartens - dem Ausstellungsgelände der Chelsea Flower Show - zu den ersten Besuchern des Tages zu gehören. Das frühe Aufstehen lohnte sich. Anfangs waren die beeindruckenden Ausstellungsgärten ohne Anstehen zu besichtigen. Später wurde es mühsam, vor allem für die Fotografen. Ausdauer und Geduld waren gefragt, um durch mehrere Besucherreihen zu den Gärten vorzudringen. 13 Showgärten (von 100 bis 220 m²), 16 Stadtgärten, 9 Courtyard-Gärten (Gärten für kleinere Grundstücke im ländlichen Raum) waren im Ausstellungsgelände unter freiem Himmel zu sehen. Vier Generationen-Gärten konnten im großen Pavillon besichtigt werden.

Den Showgärten gehen circa eineinhalb Jahre an Planung und Organisation voraus. Die Bauzeit beträgt maximal drei Wochen. Die kleineren Gärten müssen bereits nach 10 Tagen fertig gestellt sein. Den Titel "Best of Showgarden" erhielt dieses Jahr der "The Daily Telegraph Garden". Der Titel trägt den Namen des Sponsors. Geplant wurde dieser Beitrag vom schwedischen Landschaftsarchitekten Ulf Nordfjell und hier vermischte sich kühler skandinavischer Stil mit traditionellen englischen Elementen. Natürliche Pflanzengemeinschaften, praktische klimatische Erwägungen und Nachhaltigkeit verbinden in diesem Garten die Kunst des traditionellen Cottage-Gartens mit strapazierfähigen Materialien wie Granit, Stahl, Glas und Holz. Ein stilisierter Bachlauf, die Transparenz des Pavillons, die gewählte Farbzusammenstellung aus weiß, blau, schwarz und grün sowie die stark strukturierte Bepflanzung durch mehrstämmige Pinus sylvestris 'Watereri' (Silberkiefer) und in voller Blüte stehenden Malus sargentii verliehen dieser Planung einen einzigartigen Charakter.

Inhalt des "HESCO Gardens" war die Sensibilisierung für die Probleme, die durch Sturzfluten verursacht werden; ein aktuelles Thema der letzten feuchten englischen Sommer. Der Nachbau einer Steinhütte stand im Schutze eines felsigen Hanges an einem typisch regnerischen Tag. Der schüsselartige Aufbau der Anlage leitete das Oberflächenwasser von einem Hauptbecken in flache Überlaufzonen, die mit feuchtigkeitsliebenden Iris-Arten, Hostas und Etagenprimeln bepflanzt waren. Die mit Efeu berankten Gabionen werden später zur "lebenden Wand", die ebenfalls in der Lage ist, Oberflächenwasser zurückzuhalten. "Regengärten" wie dieser halten das Wasser aus bestimmten Gartenbereichen fern und erlauben deshalb auch Pflanzengemeinschaften, die trockenere Standorte bevorzugen.

Robert Myers, der Planer des "The Cancer Research UK Garden" nahm den stetigen Kampf der Krebsforschung nach laufend besseren Vorsorge-, Diagnose- und Behandlungsmethoden zum Thema und machte daraus einen dynamischen Garten voller Bewegung. Im "Epizentrum" befand sich eine Skulptur von Simon Thomas, die aussah, als ob sie in eine spiegelnde Wasserfläche gefallen sei. Die hiervon ausgelösten "Schockwellen" breiteten sich radial im Garten aus und durchbrachen die helle Belagsfläche durch Wellen in Form von Rasenstreifen. Dieses radiale Muster wiederholte sich auch auf der Pflanzfläche. Der Garten wurde dominiert von mehrstämmigen Essigbäumen, die baldachinartig ihren gefleckten Schatten auf die stark strukturierte Bepflanzung aus kugelig geschnittenen Ilex crenata, Stauden, Gräsern und Bodendeckern in schwachen Blau-, Weiß- und Gelbtönen warfen. Das Wellenmuster fungierte technisch als Drainagestreifen. Der grüne Kreis in der Mitte des Gartens war nicht mit englischem Rasen, sondern mit Leptinella squalida, einem Fiederpolster aus Neuseeland bepflanzt.

Die neun Landhausgärten (Courtyard-Gardens) bedienen einen ganz besonderen Geschmack, der in der Liebe zu Details und besonderen Lebenssituationen liegt. Der "The Fenland Alchemist Garden" lässt beispielsweise einen realistischen Einblick in das gärtnerische Umfeld eines Alchemisten zu. Der Verschlag wurde aus alten Baumaterialien errichtet und besonderer Augenschein war den Pflanzenarten zu widmen, die sowohl in ihrer Wildform als auch in ihrer kultivierten Form vorkamen und somit das menschliche Streben nach immer perfekteren Lebewesen symbolisierten. Heilkräuter, Mythen und Geheimnisse bewohnten dieses Fleckchen Erde spürbar, welches nur durch einen Zaunübertritt aus Holz betreten werden konnte. Die verwendeten Materialien waren alle abbaubar und umweltverträglich.

Heaver Castle Gardens

Am dritten Tag führte die Reiseroute südlich von London aufs Land. Die erste Station, das Schloss Hever und sein Garten, liegt am Fluss Eden, welcher auch den großen See im Landschaftspark speist. Hier lebte Anne Bolyn, die als zweite Frau später Heinrich VIII, heiratete und die Mutter von Elisabeth I. ist. Als der Amerikaner William Astor 1903 das Anwesen erwarb, ließ er die heutige Parkanlage auf den ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen errichten. In den Jahren 1904 bis 1908 beschäftigte er 1000 Arbeiter. Allein 800 davon waren mit dem Ausheben des 14 Hektar großen Sees beschäftigt. Der Transport der riesigen Erdmassen wurde damals mit Hilfe von Dampfzügen bewältigt. Joseph Cheal ließ damals unter seiner Leitung zahlreiche Bäume pflanzen, einen Irrgarten und einige Gartenräume, wie zum Beispiel den blauen Garten, den italienischen Garten und den Senkgarten, anlegen. An diese formellen Gärten und die Kühle spendende Kaskade mit Kamelien für die warmen Sommermonate schließt sich der Landschaftspark mit See an.

Ebenfalls sehr beeindruckend sind die riesigen - aus Buchs und Eiben geschnittenen - Figuren auf dem Weg zum Schloss. Werner Molitor erklärte den Teilnehmern, dass beim Auftreten kahler Stellen an diesen Figuren bewusst Triebe nach oben gezogen und später wieder herunter gebunden werden. Der italienische Garten enthält eine große Sammlung von Reisesouvenirs. Statuen, Säulen und Pflanzen aus Italien sind gärtnerisch in die Anlage eingebunden. Der Senkgarten bietet durch ein großes Wasserbecken und die umgebenden Mauern viel Ruhe und Gemütlichkeit. Ursprünglich wuchsen in diesem Garten nur Pflanzen mit silbernen Blättern oder weiß blühende Arten.

Auch in dieser Anlage wurden die für englische Gärten typischen Blickachsen nicht vergessen, die für Tiefe und theaterähnliche Kulissen sorgen. Auffallend waren die dicken Packungen mit Rindermist in den Staudenbeeten und Werner Molitor erläuterte, dass die Engländer gerne mit dieser Art von organischer Düngung arbeiten und gute Erfolge erzielen. Schon morgens um 10.30 Uhr, es war Samstag, standen mindestens 50 Engländer gemeinsam mit der deutschen Reisegruppe vor den noch geschlossenen Toren des Gartens. Die Gartenbegeisterung dieser Inselbewohner hört somit eindeutig nicht bei der Chelsea Flower Show auf. Die Gesamtanlage war bis 1983 im Besitz von Gavin Astor und dieser verkaufte sie dann an eine Privatgesellschaft (Broadland Properties Limited). Die Kommerzialisierung dieses Gartens lässt sich daran erkennen, dass die Betreiber versuchen, die Besucherzahlen über mittelalterliche Events zu steigern und dass die Buchs- und Taxusfiguren um geschnittene Liguster in Schweine- oder Hasenform ergänzt wurden, die nicht wirklich zum Gesamtbild passen, vielleicht aber der heutigen Mode Rechnung tragen.

Sheffield Park

Der Sheffield Park befindet sich seit 1954 in der Obhut der Organisation "The National Trust", die in England sehr viele Mitglieder hat. Diese unterstützen den National Trust nicht nur durch ihren Mitgliedsbeitrag, sondern auch durch freiwillige Arbeitseinsätze. Sheffield bedeutet so viel wie "Lichtung für Schafe" und der Landschaftspark, welchen Lancelot (Capability) Brown zusammen mit Ideen von Humphrey Repton vor 100 Jahren umgestaltete, ist ein Beispiel für den so genannten "Englischen Landschaftsstil" mit seinem bildhaft romantischem Charakter.

Das "Malen" von Landschaftsbildern mit blühenden Pflanzen und unterschiedlichsten Blattfarben sowie die Spiegelung dieser Kompositionen in den extra hierfür angelegten Wasserflächen sind typische Merkmale dieses Stils. Besonders die bewusst inszenierten Spiegelungen erhöhen den Farbeffekt und die optische Blütenfülle. Die Wasserflächen dienen als langfristige Blickachsen, da sie nie zuwachsen. Das Schloss, ein Herrenhaus im neugotischen Stil, ist noch in Privatbesitz. Sheffield Park verfügt auf seinen fünf Hektar Fläche über eine große Sammlung von Baumarten, vor allem verschiedenste Koniferen. Fünf künstlich angelegte Seen gliedern den Park und die dazwischen liegenden Kaskaden erhalten die Wasserqualität. Eine Reihe von frostempfindlichen Pflanzen wie immergrüne Magnolien, Kamelien und Palmen (Trachycarpus fortunei) gedeihen in diesem bevorzugten Klima hervorragend. Rhododendren erreichen eine beeindruckende Höhe von mehreren Metern und treiben - zurückgesetzt auf den Stamm - erneut mit viel Kraft aus. Einige Bäume sind bereits 180 Jahre alt, die meisten stehen seit 100 Jahren im Park. Nigel Davis, Lehrbeauftragter an der Uni Reading, unterhält diesen Garten mit vier Gärtnern, die allerdings bei Bedarf durch ehrenamtliche Helfer unterstützt werden.

Die Stürme in den Jahren 1987 und 1990 haben circa 10 Prozent des alten Baumbestandes zerstört und die gefallenen Stämme zogen leider auch viele große Rhododendren in Mitleidenschaft. Das aktuelle Problem der Rhododendren in Sheffield Park ist allerdings eine Zikadenart, welche die Knospen ansticht, so dass diese braun und taub werden. "Nigel Davis klärte mich telefonisch darüber auf, dass keine Insektizide eingesetzt werden, sondern dass er versucht, diesem Schädling nur durch Bodenverbesserungsmaßnahmen beizukommen", berichtete Molitor. In Sheffield Park befindet sich auch die schönste Pinus montezumae (diese Kiefer stammt aus Mexico, besitzt Nadelbündel von drei bis acht und schimmert wie gewässerte Seide) von ganz England und begeisterte Botaniker finden Carya cordiformis (Bitternuss), neben Nyssa sylvatica (Tupelobaum), die beide durch ihr gelbes bzw. gelb-rotes Herbstkleid beeindrucken.

Diese drei sonnigen und gärtnerisch äußerst abwechslungsreichen Tage unter der fachmännischen Führung von Werner Molitor haben die Köpfe der mitgereisten Landschaftsgärtner sicherlich prall gefüllt mit Ideen und botanischen Neuheiten, die nun alle der dringenden Erprobung in verschiedensten Projekten bedürfen.

 

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