Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Wie sieht die Zukunft unserer Friedhöfe aus? In loser Reihenfolge widmet sich der Verein zur Förderung der deutschen Friedhofskultur (VFFK) dieser Thematik und greift jeweils einen interessanten Aspekt in der zukünftigen Friedhofsgestaltung auf: in dieser ersten Folge geht es um die Individualität in der Grabgestaltung.

Individualismus ist angesagt. Dies drückt sich auch immer mehr auf dem Friedhof aus. Viele Menschen gestalten das Grab ihrer Verstorbenen so, dass es den ganz persönlichen Geschmack und das Leben des Verstorbenen reflektiert. Das kann dann aus Perspektive Dritter manchmal zu "überzogen" oder gar "kitschig" und "geschmacklos" wirken. Friedhofsverwaltungen und Planer sind bemüht, den Friedhöfen eine durchgehende ästhetische Konzeption zu geben, um sie für die allgemeine Öffentlichkeit als Ruhe-, Besinnungs- und Erholungsort so attraktiv wie möglich zu gestalten. Hier stoßen somit nicht selten ganz unterschiedliche Perspektiven aufeinander.

Wie verträgt sich beides? Drei grundlegende Fragen an Werner Nohl, Landschaftsarchitekt und Honorarprofessor an der TU München.

Welche Bedeutung hat die individuelle Grabgestaltung aus der Sicht eines Planers?

Wenn der Friedhof als kulturelle Einrichtung auf lokaler Ebene auch in Zukunft Bestand haben soll, dann ist es wichtig, bei der Gestaltung von den Ansprüchen und Bedürfnissen der Nutzer, vor allem der Angehörigen, auszugehen. Daran hat sich auch der Landschaftsarchitekt zu halten, dessen Entwurfsleistung auf die größeren funktionalen und gestalterischen Zusammenhänge des Friedhofs gerichtet ist. Für "Auswüchse" in der individuellen Grabgestaltung wäre gegebenenfalls die Friedhofsverwaltung zuständig

Wie definieren Sie "Auswüchse" in der individuellen Grabgestaltung?

Aus kultureller Sicht dient die individuelle Grabgestaltung der wieder auffindbaren Verortung der Verstorbenen, und zum Wiedererkennen bedarf es der Differenz und damit der individuellen Ausgestaltung der Grabstelle. Leider werden kulturelle Tatbestände oftmals durch den alltäglichen Gebrauch verwässert und sinnlos gemacht. So wird durch Grabgestaltung nicht selten das psychisch notwendige Wiedererkennen in Repräsentationsgehabe umgemünzt, und die Grabgestaltung verliert damit ihre eigentliche Aufgabe.

Aber wer entscheidet dann über den richtigen Grad an Individualismus?

Bei stark unterschiedlichen Vorstellungen über die individuelle Grabgestaltung sollte möglichst nicht die Friedhofssatzung den Ausschlag geben, sondern es sollte über Gespräche zwischen den beteiligten Parteien versucht werden, eine tragfähige Konsenslösung zu finden. Dazu bedarf es im Rahmen der Friedhofsverwaltung eines Beirats aus Laien und Entwurfsfachleuten, der im Übrigen viele andere nützliche Aufgaben auf dem Friedhof übernehmen könnte.

Die Sicht des VFFK

Der Verein zur Förderung der deutschen Friedhofskultur e.V. (VFFK) plädiert für mehr Freiheit und Individualität auf dem Friedhof. Die Gräber sind Ort der Erinnerung und damit für die Hinterbliebenen in ihrer Trauer von großer Bedeutung. Sie müssen die Freiheit haben, diese Orte so zu gestalten, dass sie Ihnen helfen, die Trauer zu verarbeiten. Der Friedhof ist natürlich auch ein gesellschaftlicher Ort, deren Gestaltung bestimmten allgemeingültigen Vorgaben folgen sollte, aber er ist an erster Stelle ein Ort für die Verstorbenen und die Hinterbliebenen. Ein Umdenken ist nötig, zeitgemäß und für die Zukunft der Friedhöfe unerlässlich.

Zum VFFK

In unserer schnelllebigen Zeit, in der Begriffe wie Globalisierung und Technisierung die entscheidenden Schlagwörter sind, hat es sich der VFFK zur Aufgabe gemacht, die traditionelle Bestattungs-, Friedhofs- und Erinnerungskultur zu pflegen und zu fördern. Unser Standpunkt: Jeder Mensch hat ein Anrecht auf Gedenken und Erinnerung, so wie die Angehörigen ein Recht haben auf einen Ort für ihre Trauer an einer würdigen Grabstätte. Deshalb ist uns der tolerante Umgang mit unterschiedlichen Auffassungen von Tod und Trauer, seien sie individuell oder kulturell geprägt, besonders wichtig.

 

Weitere Informationen erhalten Sie hier:

Verein zur Förderung der deutschen Friedhofskultur e.V.

Robert-Koch-Straße 33
46325  Borken
Deutschland

Tel.: +49 (160) 257 89 30
Fax: +49 (721) 151 270 787

Email:
Web: http://www.vffk.de

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