In den Zukunftsmarkt Bio-Pflanzenschutz kommt Bewegung: Die Hersteller von ökologischen Pflanzenschutzmitteln in Deutschland und Österreich haben sich erstmals zusammengeschlossen und eine eigene deutschsprachige Vereinigung im Dachverband IBMA (International Biocontrol Manufacturers Association) gegründet.
Das bedeutet einen ersten großen Schritt über Landesgrenzen hinaus für mehr Schlagkraft und Zusammenarbeit in einem boomenden Markt: Allein in der Produktion von Biopflanzenschutzmitteln sind in D + Ö rund 350 Mitarbeiter beschäftigt, Tendenz stark steigend. Zu den Abnehmern gehört nicht nur der Biolandbau mit seinen weltweit mittlerweile mehr als 30 Mio ha Anbauflächen sondern auch die Flächen der übrigen landwirtschaftlichen Produktion. Mittlerweile erfasst der Trend zum Bio-Pflanzenschutz nämlich die gesamte Landwirtschaft und auch den Zierpflanzen- und Gartenbau.
Rückstandsproblematiken und die starke Bio-Nachfrage der Konsumenten hat ein Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit ausgelöst. Dieses Umdenken erreicht auch das eigene Gemüsebeet: viele Hobbygärtner pflegen ihre Pflanzen bereits mit natürlichen Methoden. All das sind Gründe, die die Erfolgskurve biologischer Pflanzenschutzmittel steil in die Höhe treiben.
Forschung mit Zukunft
Die 19 Verbandsmitglieder sind innovative, meist kleinstrukturierte Unternehmen: oft sogenannte "spinn offs" von Universitäten, die in der IBMA eine dynamische, globale Interessensvertretung initiiert haben. Das Ziel: sich bei der EU mehr Gehör zu verschaffen und das allgemeine Bewusstsein für die Effizienz von ökologischem Pflanzenschutz zu schärfen.
Das Entwicklungspotenzial im Bereich Biopflanzenschutz ist jedenfalls enorm: Firmen und Universitäten untersuchen derzeit zahlreiche vielversprechende Biosysteme und Wirkstoffe. Die Entwicklungszeit bis zum marktreifen Produkt dauert aber gut 10 Jahre.
"Forschungsförderung in dieser innovativen Biotech-Branche ist eine sinnvolle Investition und ein Impuls für nachhaltige Landwirtschafts- und Umweltpolitik", erklärt Tillmann Frank vom IBMA Deutschland/Österreich.
Das ambitionierte Ziel: "In Zukunft soll der biologische Pflanzenschutz die erste Wahl im Pflanzenschutz werden, da er unbedenklich ist und natürliche Kreisläufe unterstützt."
Die vielfältigen Methoden im Bio-Pflanzenschutz: von der Schlupfwespe bis zum Fenchelextrakt Nützlinge: (Tiere gegen Tiere)
Es werden u.a. Raubmilben oder Schlupfwespen zur Vertilgung von Schädlingen eingesetzt. Allein in der Fruchtgemüseproduktion unter Glas ersetzen Nützlinge 90% des Insektizideinsatzes. Fadenwürmer dienen der Bekämpfung von Dickmaulrüsslern und Gartenlaubkäfern. Schlupfwespen zum Schutz vor dem gefürchteten Maiszünsler (=Schmetterlingsraupe) werden allein in Westeuropa auf einer Fläche von ca. 130.000 ha Mais ausgebracht.
Mikroorganismen: Auch im kleinen Maßstab funktioniert´s:
Mikroorganismen, etwa hefeähnliche Pilze, werden im Obstbau erfolgreich gegen bakterielle Schaderreger wie den gefährlichen Feuerbranderreger eingesetzt. Das Bakterium Bacillus thuringiensis wird u.a. gegen Traubenwickler und Kartoffelkäfer eingesetzt. Bacillius subtilis wurde aus natürlich im Boden vorkommenden Mikroorganismen ausgewählt und wird u.a. als Pflanzenstärkungsmittel in Mais, Obst und Gemüse auf 25.000 ha angewendet. Auch Granuloseviren (natürlich vorkommende Krankheitserreger bei Insekten) sind in der biologischen Apfelwicklerbekämpfung nicht mehr wegzudenken.
Wirkstoffe aus der Natur
Gegen beißende und saugende Insekten wirkt Azadirachtin aus dem indischen Neebaum, ebenso Natur-Pyrethrum aus der Chrysanthemenpflanze. Weitere Wirkstoffe im biologischen Pflanzenschutz sind Rapsöl gegen Spinnmilben und Schildläuse oder Eisen-III-Phosphat gegen Nacktschnecken. Mit sogenannten Pheromonen (Sexualduftstoffe) werden im Obst- und Weinbau zahlreiche Schadschmetterlinge verwirrt und so ihre Vermehrung unter der Schadschwelle gehalten. Auch gegen Pilzkrankheiten werden wirkungsvolle Bekämpfungsstrategien mit toxikologisch unbedenklichen Substanzen wie Thymian- und Fenchelöl oder Backpulver entwickelt. Schachtelhalm und Fenchelextrakt kommen im Weinbau zur Anwendung.