Jedes Jahr kommen weltweit 2,5 Millionen Tonnen Pflanzenschutzmittel zum Einsatz. Solange sie Schaderreger bekämpfen, sind sie willkommen - auf dem Speiseplan dagegen nicht: Pestizidrückstände sind Dauerthema für die agrochemische Industrie und die Lebensmittelbranche, für Umweltverbände und Verbraucherschutzorganisationen ebenso wie für Überwachungsbehörden und Gesetzgeber. Vertreter dieser Gruppen trafen sich vom 28. bis 29. September 2009 in Frankfurt am Main zur 5. Internationalen Fresenius-Konferenz: Pesticide Residues in Food.
Fachleute aus Europa, Afrika sowie Nord- und Südamerika folgten der Einladung von Akademie Fresenius und SGS Institut Fresenius, um über gesetzliche Aspekte, Rückstandsanalytik sowie über Rückstandsüberwachung und Risikokommunikation zu diskutieren.
Der Weltmarkt für Pestizide hat ein Jahresvolumen von 20 Milliarden US-Dollar (rund 13,6 Milliarden Euro). Pflanzenschutzmittel spielen eine bedeutende Rolle in der Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung. Auf der anderen Seite gibt es unerwünschte Nebenwirkungen: Selbst wenn Pflanzenschutzmittel korrekt eingesetzt werden, sind Rückstände in Pflanzen häufig nicht zu vermeiden. Da die Wissenschaft noch kein bahnbrechendes Mittel gefunden hat, um Rückstände zu minimieren, bleiben Überwachung, Risikobewertung und Evaluation sehr wichtig.
Im Juli 2009 hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit ihren ersten EU-Jahresbericht über Pestizidrückstände, der eine Übersicht über die Pestizidrückstände enthält, die in 27 EU-Mitgliedstaaten und zwei EFTA-Ländern beobachtet wurden, und in dem die Exposition der Verbraucher durch ihre Ernährung bewertet wird. Dem Bericht zufolge lagen 96 Prozent der Proben unter den gesetzlich festgelegten Rückstandshöchstmengen (MRL). Allerdings wies jede vierte Probe Mehrfachrückstände auf. Derzeit gibt es kein international anerkanntes Verfahren, um die mögliche kumulative und synergistische Wirkung von Pestizidrückständen abzuschätzen, die in derselben Lebensmittelprobe oder in verschiedenen Bestandteilen bei der Nahrungsafnahme vorkommen. Daher hat die EFSA ein erstes Gutachten über die Eignung bestehender Verfahren für kumulative Risikobewertungen (cumulative risk assessments, CRA) veröffentlicht; ein zweites EFSA-Gutachten ist in Arbeit, das ein Anwendungstool für CRA enthalten wird.
Miniaturisierung und Automatisierung der Rückstandsanalyse
Fortschritte bei der Rückstandsanalytik waren ein wichtiges Thema auf der Fresenius-Konferenz. Laboratorien sind daran interessiert, Kosten zu senken sowie die Produktivität und den Wirkungsgrad der Rückstandsanalysen zu erhöhen. Es ist immer noch eine Herausforderung, mit einer schnellen und robusten Methode tausende von Proben zu analysieren, die auf dem Feld oder innerhalb der Nahrungsverwertungskette genommen wurden. "Um dieses Ziel zu erreichen, hat die BASF kostengünstige und wirksame Methoden entwickelt", sagte Samy Abdel-Baky, Gruppenleiter für Umwelt- und Verbrauchersicherheit bei BASF Crop Protection.
Die "Microtechnology and Automation (MTA)"-Technik verwendet kleine Probengrößen (0,1 g) um Wirkstoffe und Metabolite mit einer Bestimmungsgrenze von 0,01 mg/kg in Boden, Wasser und Pflanzensubstanzen zu finden, erklärte Abdel-Baky auf der Fresenius-Konferenz. Unter Verwendung dieser Technologie wurde eine Multimethode für die Rückstandsanalytik entwickelt, mit deren Hilfe 51 Wirkstoffe in gebrauchten Kunststoffen (PCR) ermittelt wurden. Laut Abdel-Baky haben sich MTA-Methoden als robust und kostengünstig erwiesen: Ein Analytiker könne 96 Proben pro Tag untersuchen. "MTA stellt ein ,grünes Rückstandslabor' dar, denn Abfall und Gebrauch von Lösemitteln werden um 90 Prozent reduziert", fügte Abdel-Baky hinzu.
Pestizide und die Öffentlichkeit: Risikokommunikation und Verbraucherwahrnehmung
Auf der Fresenius-Konferenz sprach Arnout Fischer (Universität Wageningen) über Risikokommunikation und darüber, wie Verbraucher Pestizide wahrnehmen. Seiner Meinung nach haben Pestizide einen lang anhaltenden schlechten Ruf, der in der Vergangenheit (DDT, Dioxin usw.) begründet ist. "Immanente Werte des Naturschutzes sind gegen Pestizide gerichtet. Außerdem folgt die Risikowahrnehmung der Verbraucher einem gewissen Grundprinzip, das die Empfindung solcher Risiken verstärkt, die technologisch, unsichtbar und nicht zu kontrollieren sind", erklärte Fischer.
Verbraucher nähmen keinen eigenen Nutzen von Pestiziden war - das Gegenteil sei der Fall, da sie nicht in der Lage seien zu prüfen, ob sich potenziell gefährliche Rückstände in ihrer Nahrung befinden. Fischer: "Da es keine Information gibt, ist Vertrauen in Hersteller und Regierungen notwendig. Vertrauen setzt Ehrlichkeit, Fürsorge und Kompetenz voraus. Vertrauen ist viel schneller zerstört als wiederhergestellt." Fischer empfiehlt, das Zusammenspiel zwischen Risikobewertung, Risikomanagement und Risikokommunikation zu verbessern, um das Vertrauen der Konsumenten in die Lebensmittelsicherheit zu stärken. Verbraucher und andere Interessensgruppen sollten dabei möglichst eng eingebunden werden.