Wie mit dem Einsatz moderner Pflegemaßnahmen die Funktionalität von Sportrasen und öffentlicher Grünflächen geschaffen und langfristig erhalten werden können, stand im Mittelpunkt dieser traditionellen COMPO Fachtagung Treffpunkt Grün Ende April im Luisenpark Mannheim. Themenschwerpunkte der Veranstaltung waren der Einsatz von Wachstumsregulatoren bei Gräsern und die Bedeutung des Pflanzenschutzes im öffentlichen Grün und auf Sportrasenflächen vor dem Hintergrund des Klimawandels.
Der Baumexperte Prof. Dr. Hartmut Balder von der Berliner Beuth Hochschule für Technik und Präsident der Deutschen Sektion der internationalen Baumpflege-Gesellschaft (ISA) referierte außerdem über "Stadtbäume der Zukunft - Künftige Wege zu mehr Qualität".
Wachstumsregulatoren setzen sich durch
"Wachstumsregulatoren sind ein effektives Werkzeug, um das Rasenwachstum gezielt zu lenken und die Qualität und Funktionalität von Rasenflächen positiv zu beeinflussen. Ihr Einsatz gewinnt auch auf Sportrasenflächen und im öffentlichen Grün in Deutschland immer mehr an Bedeutung", berichtete Dr. Fritz Lord, Produktmanagement und Beratung COMPO Expert, und bezieht sich dabei auf Erfahrungen aus den USA, wo diese bereits seit vielen Jahren, insbesondere im Golfbereich erfolgreich eingesetzt werden.
Am Beispiel des Wirkstoffes Prohexadion-Calcium (Regalis®), erläuterte er, wie mit dem gezielten Einsatz Pflegekosten reduziert und die Rasenqualität verbessert werden kann.
Wirkungsweise und Anwendungsbereiche
"Die pflanzlichen Wachstumshormone Gibberelline sind insbesondere an den physiologischen Prozessen der Zellstreckung und Samenkeimung beteiligt. Der in Regalis® enthaltene Wirkstoff Prohexadion-Calcium bewirkt eine temporäre Hemmung der Gibberellin-Biosynthese. Das führt erstens zu einer Reduktion des Sprosslängenwachstums der Gräser und zweitens zu einer Hemmung der Blütenbildung der einjährigen Wiesenrispe Poa annua", erklärte der Rasenexperte Dr. Lord.
Poa annua ist in der Regel auf sportlich genutzten Flächen ein unerwünschtes "Fremdgras", was aufgrund seiner hohen Samenproduktion und Anpassungsfähigkeit jedoch oft in Rasenbestände einwandert und sich unter bestimmten Voraussetzungen wie z. B. geringe Narbendichte, unsachgemäße Bewässerung etc. dort rasch etablieren kann. Da die Poa annua ein nur relativ geringes Wurzelwachstum besitzt, ist die Scherfestigkeit der Rasenplätze bei starkem Poa annua Besatz nicht mehr optimal gewährleistet. Zudem ist der optische Aspekt der Plätze aufgrund der helleren Färbung und der intensiven Blütenbildung beeinträchtigt.
Bei Anwendung auf dem Grün zur Poa annua-Kontrolle hätten sich bereits Konzentrationen von 0,5 bis 0,625 kg/ha als effektiv erwiesen. Um einer gegebenenfalls vorübergehenden Aufhellung der Fläche, als Reaktion der Poa annua auf den Wirkstoff vorzubeugen, seien zusätzliche Düngemaßnahmen empfehlenswert, rät der Rasenexperte.
Wachtumsregulatoren sparen Zeit und Geld
"Das verminderte Gräserwachstum reduziert den Mähaufwand deutlich. Infolge dessen entsteht weniger Schnittgutaufkommen und deshalb geringere Entsorgungskosten und eine verminderte CO2 Emission", erläuterte Dr. Lord und bezieht sich dabei auf aktuelle Praxisversuche. Diese zeigen, dass Regalis® das Gräserwachstum pro Applikation für drei bis vier Wochen deutlich hemmt.
"Mit mehreren Folgeapplikationen kann dieser Effekt auch über einen längeren Zeitraum erhalten werden. In Relation zur unbehandelten Kontrolle konnte so eine durchschnittliche Wuchshemmung von ca. 50% erzielt werden".
Hierdurch können saisonale Arbeitsspitzen entschärft werden. Zur Wuchsreduktion empfiehlt er drei Einzelapplikationen mit jeweils 0,83 kg/ha.
Das Wachstum der Gräser wird jedoch nicht gänzlich eingestellt, sondern vielmehr nur in eine andere Richtung gelenkt. Dr. Lord stellte Untersuchungen des BASF Forschungszentrums Limburgerhof vor, in denen ein über 40% gesteigertes Wurzelwachstum erzielt wurde. Weitere positive Effekte einer Behandlung mit Wachstumsregulatoren seien die Förderung von Dichte und Farbe der Grasnarbe und eine erhöhte Stresstoleranz, berichtete der Rasenexperte weiter.
Wetterextreme schwächen Vitalität
Über abiotische und biotische Stressfaktoren, die den Rasen direkt oder auch indirekt beeinflussen, berichtete die Beraterin vom Deutschen Golf Verband (DGV), Beate Licht. Auswirkungen von Klimawandel und vermehrt auftretende Wetterextreme seien hinsichtlich der Rasengesundheit die Herausforderungen der Zukunft, erklärte die Referentin zu Beginn ihres Vortrags. Sie berichtete, dass die Jahresmitteltemperatur seit 1900 um rund 0,9 Grad angestiegen ist. "Infolge des Temperaturanstiegs wird sich Anfang und Ende der Jahreszeiten verändern. Während es in Zukunft heiße und lange Sommer mit wenig Regen sowie Winter mit extremer Nässe geben wird, soll der Frühling früher beginnen und der Herbst länger dauern", gibt die Beraterin zu Bedenken. Rasche Temperaturwechsel mit heftigen Stürmen und Starkregen seien die Konsequenz.
Der bereits sich vollziehende Klimawandel hätte auch einen Einfluss auf das Auftreten von Rasenkrankheiten und deren Ausprägung. So sei beispielsweise der Erreger des Schneeschimmels, Microdochium nivale, längst nicht nur auf die Wintermonate beschränkt. Zudem finden sich vermehrt Krankheitserreger und Schädlinge, die bislang eher in Südeuropa beheimatet waren. Als Expertin in dem Arbeitskreis Pflanzenschutz im Rasen wies sie auch darauf hin, dass die Anwendung von Pflanzenschutzmittel im Rasen in Zukunft stärker reglementiert sein wird und alle Maßnahmen zur Förderung der Vitalität und Widerstandskraft der Gräser vermehrt in den Fokus der Pflegemaßnahmen rücken müssen.
Basis für eine vitale und belastbare Grasnarbe ist ein gut entwickeltes und gesundes Wurzelsystem. Da die Wurzelentwicklung im engen Zusammenhang mit der Bodenbeschaffenheit steht, sind regelmäßige visuelle Kontrollen mit dem Profilspaten oder dem Gärtnermesser unerlässlich. Nur so können ungünstige Bodenbedingungen wie z. B. "Black Layer" rechtzeitig erkannt und erforderliche bodenmechanische Maßnahmen durchgeführt werden.
Nachhaltige Entwicklung sicherstellen
Die Wurzel im Blick hatte auch Prof. Dr. Hartmut Balder und ging insbesondere auf die Wurzelgesundheit von Stadtbäumen ein. Dabei wurde deutlich, dass nur eine artgerechte Standortplanung mit entsprechend ausreichend dimensionierten Pflanzlöchern eine nachhaltige Wurzelentwicklung garantiert und letztlich zu den gewünschten Stadtbildern und Funktionsansprüchen der Bäume führt.
"Es genügt eben nicht, viel Geld in einen teuren Baum zu investieren, um rasch einen Effekt zu erhalten und dann an der Pflege für die Erhaltung zu sparen. Diese "Pflanzinszenierungen" sind nur sehr kurzfristig und machen keinen Sinn. Vielmehr muss jede Baumpflanzung mit entsprechenden Pflegemaßnahmen langfristig begleitet werden und von vorne herein angemessen mit kalkuliert werden. Das beginnt schon bei der Auswahl der Baumart. Hier müssen Arten ausgesucht werden, die in der "künstlichen" Situation Stadt mit ganz spezifischen Klima- und Stressfaktoren wie hohe Temperaturen, Industrieemissionen, Versiegelung und Salzbelastung gut gedeihen können", erläuterte der ISA-Präsident.
Aber auch bei der Standortplanung seien Experten gefragt. Hier gelte die Devise: Weniger sei oft mehr. Bei der Gestaltung sei darauf zu achten, dass für die spätere Entwicklung immer ausreichend Platz für Wurzel und Krone zur Verfügung stünden.
"Wurzelwachstum ist aber grundsätzlich steuerbar", sagte der Wissenschaftler. Nachdem ein geeigneter Standort gefunden sei, müsse dafür Sorge getragen werden, dass ein schnelles Wurzelwachstum stattfinde, und zwar nach unten. Das höre sich zwar selbstverständlich an, aber wir alle kennen durch Wurzelwachstum ausgelöste Straßenschäden, so Balder weiter. "Ziel muss sein, ein nachhaltiges Baumwachstum sicherzustellen. Nur so können die gewünschten Stadtbilder erreicht werden", erklärte der Baumexperte.
Erhalten könne man Stadtbäume am besten mit fachgerechter Pflege, wie Nährstoffversorgung, Bodenverbesserung und Schnittmaßnahmen an der Krone.
Im Anschluss an die Vorträge stellten sich die Referenten in einer lebhaft geführten Podiumsdiskussion den Fragen des Auditoriums. Am Nachmittag folgte dem theoretischen Teil der Fachtagung eine umfangreiche Präsentation von Maschinen zur Rasen- und Tennenplatzpflege und zur Reinigung von Tartanbahnen und Kunstrasenflächen.
Herr Bernhard Fischer von der Raiffeisengenossenschaft Mannheim und Herr Rompel von der Firma Wiedenmann demonstrierten die Spezialgeräte auch im praktischen Einsatz.