Auf dem Weg zum Zweiklassenfriedhof: Sozialbegräbnisse und Ersatzbestattungen nehmen drastisch zu. Dabei sind Friedhöfe keine Entsorgungsstätten, sondern Orte der Trauer. Der VFFK rät: Eine würdige Bestattung.
Spätestens seit dem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur passiven Sterbehilfe rückt die Patientenverfügung wieder in den Blickpunkt öffentlichen Interesses. Doch damit gerät zugleich die Vorsorge für das "Danach" in den Hintergrund. Von "Entsorgungsmentalität" ist immer öfter die Rede; und immer mehr Menschen werden bestattet, ohne dass jemand dabei ist, der sie gekannt hat.
Drei Anzeichen für ein und dieselbe Tendenz: Demografische Entwicklung und zunehmende Armut lassen die Zahl der Sozialbegräbnisse und ordnungsbehördlicher Beisetzungen drastisch steigen. Mit verheerenden Folgen für die Trauer- und Erinnerungskultur in Deutschland.
Kommunen in der Klemme
Während also weiter - zu Recht - über den würdevollen Tod und die Begleitung von Sterbenden gestritten wird und der Anspruch auf eine würdevolle Bestattung durch die Kommunen garantiert wird, gerät die Erinnerungskultur ins Abseits. Auch wenn alle Kommunen betonen, dass sie allen Toten eine "würdige Bestattung" gewähren, hört die Gleichheit der "Würde des Toten" spätestens bei der Grabpflege auf, da diese bisher nicht im Leistungsumfang des Sozialbegräbnisses enthalten ist. Selbst ein einfaches Grab sollte immer gepflegt sein und damit würdevoll an einen Verstorbenen erinnern. Anonyme Bestattung ist keine Lösung. Auf vielen Friedhöfen gibt es inzwischen Angebote, die auch für Sozialbegräbnisse geeignet sind und eine würdige Erinnerungskultur garantieren.
Doch nicht nur die Zahl der Sozialbegräbnisse steigt eklatant, auch die Fälle von "Ersatzbestattungen" oder "ordnungsbehördlichen Bestattungen" häufen sich in vielen Gemeinden. Dies sind Bestattungen von Verstorbenen, die keine Angehörigen hatten bzw. diese nicht auffindbar waren oder sich weigerten die Bestattung zu bezahlen. In diesen Fällen müssen die Ordnungsbehörden für die Beisetzung sorgen. "Bei der Suche nach den Angehörigen könnten die Ordnungsämter durchaus auch bei den Kirchengemeinden nachfragen und auf diese Weise fündig werden", meint Andreas Mäsing, Vorsitzender des Vereins zur Förderung der deutschen Friedhofskultur (VFFK).
Die Lösung: bewusste und rechtzeitige Wahl der Bestattungsform
Aber das grundsätzliche Problem können die Kommunen nicht lösen. Denn die Ursache für diese Entwicklungen liegt in einem mangelnden Bewusstsein für und fehlendem Wissen über die Konsequenzen der gewählten - oder eben gerade nicht gewählten - Bestattungsform und die Möglichkeiten persönlicher Vorsorge. "Das Minimum an Vorsorge ist die persönliche schriftliche Erklärung, die man am besten ins Familienstammbuch legt, denn danach wird im Todesfall als erstes gefragt und gesucht", rät Andreas Mäsing.
Aus vielen Beratungsgesprächen weiß er, dass die wenigsten sich Gedanken machen über das "Danach": nämlich, wie die Erinnerung an einen Menschen gepflegt werden kann. "Wir sollten unseren Kindern und Enkelkindern die Möglichkeit geben, sich mit dem Thema Tod und Erinnerung konkret auseinanderzusetzen. Das hilft vielen, persönlich eine Entscheidung über die Art der Bestattung und des Erinnerungsortes zu treffen, statt dass sie von Verwaltungsbeamten nach Aktenlage getroffen werden muss, weil niemand vorgesorgt hat," empfiehlt Mäsing.
Alternativen zur anonymem Bestattung
Viele Menschen, die über die Art ihrer Bestattung nachdenken, werden von den hohen Kosten abgeschreckt. Sie entscheiden sich deshalb - meist ohne die Angehörigen zu informieren, die sie ja auch nicht belasten wollen - für eine anonyme Feuerbestattung - eben die preisgünstigste Variante. Eine Entscheidung mit weit reichenden Konsequenzen: "Wer sich bereits vor seinem eigenen Ableben mit diesem Ereignis befasst, sollte bedenken, dass auch wenn die Familie weit verstreut ist und keine regelmäßigen Bindungen mehr bestehen, trotzdem ein Platz für die Trauer und Erinnerung benötigt wird. Wer sich für eine Bestattung entscheidet, die anonym oder ohne festen Gedenkplatz für die eigene oder verstorbene Person durchgeführt wird, nimmt Trauernden den Platz des Gedenkens", so Andreas Mäsing im Sinne des VFFK.
Inzwischen gibt es durchaus finanzierbare Alternativen zur anonymen Bestattung: zum Beispiel die Möglichkeit der Bestattung in einer gemeinschaftlichen Grabanlage mit anderen, wie etwa den Ruhegemeinschaften oder den Memoriam-Gärten.