Stürme, Waldbrände, extreme Temperaturen, schädigende Pilze und Insekten: Bäume und Wälder sind im Laufe Ihres Lebens vielfältigen Risiken ausgesetzt. Wälder in Monokultur, die großflächig aus nur einer Baumart bestehen, sind dabei besonders gefährdet. Wie Mischwälder den zusätzlichen Risiken durch Klimawandel begegnen können, erprobt jetzt ein Teilprojekt innerhalb des INKA BB, Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Brandenburg Berlin.
Weite Kiefernwälder sind für Brandenburg typisch, ihr dunkelgrüner Kronenteppich prägt die Landschaft, markant ist ihr Geruch. Doch die natürliche Schönheit birgt Gefahren. Waldbrände können sich in Kieferreinbeständen extrem schnell ausbreiten. Diese Gefahr wird durch zunehmende, klimabedingte Trockenperioden noch verstärkt. Auch nadelfressende Insekten finden hier ideale Bedingungen vor.
Gefahr Monokultur: ein Buffet für Schädlinge
"Schädlingen bietet sich hier sozusagen ein ,All-you-can-eat-Buffet’.", bringt es Dr. Jens Schröder von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung (HNE) in Eberswalde auf den Punkt. "Mischwaldbestände sind daher ein wichtiger Beitrag zur Risikominimierung und Gefahrenabwehr. Dies gilt umso stärker, wenn im Zuge des Klimawandels längere Dürreperioden zunehmen, wie wir es in den letzten Jahrzehnten beobachten konnten.", so Dr. Schröder weiter. "Denn im ‚worst case’ besteht immer noch die Möglichkeit, dass andere Baumarten besser mit den neuen Verhältnissen zurechtkommen."
Mischwälder mit Beteiligung von Laubbäumen haben auch im Bereich der Grundwasserbildung und als Erholungsort deutliche Vorteile gegenüber reinen Kieferwäldern. Die Planungen und Feldversuche des INKA BB-Teilprojektes 15 "Adaptation durch zielgerichtete Entwicklung von Mischwäldern" schließen aber auch zukünftig die Beteiligung der Kiefer mit ein. "Zum einen wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung als Rohstoff, zum anderen wegen des übergeordneten Prinzips der Risikostreuung.", bekräftigt Schröder.
Versuchsfläche: Jahresringe als Seismograph
Die Beispielregionen des Projektes befinden sich im Nordosten und im Süden Brandenburgs. Hier arbeitet INKA BB mit Privatwaldbesitzern, den Städten Eberswalde und Lieberose zusammen. Ebenso wie mit dem Landesbetrieb Forst Brandenburg in den Revieren Eberswalde und Drachhausen. Eine Versuchsfläche befindet sich in Heegermühle, in einem Mischbestand aus Kiefern, Eichen und Birken. Im nordostdeutschen Tiefland hat das verfügbare Wasser einen entscheidenden Einfluss auf Wachstum und Vitalität der Wälder. Daher wird hier untersucht, welchen Einfluss die verschiedenen Mischungsformen von Kiefern, Eichen und Birken auf die Förderung der der Wasserverfügbarkeit für den Wald und die Landschaft insgesamt haben. Kiefern und Eichen stellen dabei die ökonomischen Hauptbaumarten des Landes Brandenburg dar. Dazu werden alle Bäume mit ihren Durchmessern, Höhen und Kronengrößen gemessen und eine so genannte Stammfußkarte aufgestellt. Es gibt hier drei Bereiche: "Kiefer", "Eiche" und "Mischung". Dort werden Niederschläge erfasst, die durch das Kronendach den Boden erreichen. Zudem finden Messungen des Stammabflusses statt.
Eine weitere Untersuchungsebene ist die so genannte "Dendroökologie". "Dabei wird das Wachstum der Bäume in der Vergangenheit detailliert durch Holzproben analysiert, also durch Jahrringauswertungen", beschreibt Jens Schröder die Vorgehensweise. "Auf Basis langjähriger Witterungsmessreihen und der sichtbaren Reaktionen auf extreme Verhältnisse in der Vergangenheit lässt sich dann das Anpassungspotenzial einzelner Baumarten an die Klimabedingungen der Zukunft abschätzen."
Dabei sind die Jahresringe von Bäumen ein guter Seismograph. "Schmale Jahresringe zeigen schlechte Bedingungen auf, breite die guten.", berichtet Schröder. Die Jahrringbreiten sind eng an die hochvariablen Witterungsverhältnisse geknüpft. Setzt man also ihre zeitliche Abfolge mit den Wetterdaten in Beziehung, dann wird relativ genau sichtbar, zu welcher Zeit im Jahr der Baum besonders empfindlich reagiert hat. "Daraus können wir auch das zukünftige Verhalten bei Trockenstress herleiten.", so Schröder.
Der Mischwald der Zukunft
Empfehlungen für eine Gestaltung der Wälder lassen sich in etwa fünf Jahren geben.", erklärt der Wissenschaftler aus dem Fachbereich Wald und Umwelt der HNE. Dabei ist nicht nur das Anpassungsvermögen der einzelnen Baumarten wichtig. Vor allem auch ihr Zusammenspiel und die Unterschiede in der Grundwasserbildung beispielsweise zwischen Kiefern und Eichen sind von Bedeutung. "Obwohl die Kiefer oft toleranter gegenüber Wassermangel ist als die Eiche, kann letztere den Wasserhaushalt in der Landschaft stärker fördern.", erläutert Schröder.
Und die Buchen - muss man fortan suchen?
"Besonders im Süden und Osten Brandenburgs herrschen schon jetzt Bedingungen, unter denen Buchen nur kümmerlich oder gar nicht mehr wachsen können. Nach den Szenarien zur Klimaentwicklung werden sich diese ,buchenfeindlichen’ Verhältnisse eher ausdehnen, so dass es bei einer Anpassung an die Klimawandelfolgen nicht zu empfehlen ist großflächig auf die Buche zu setzen.", so der Wissenschaftler.
Wer ist INKA BB?
INKA BB ist das Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Berlin Brandenburg. Es hat zum Ziel, Anpassungsstrategien für den Klimawandel zu untersuchen und innovative Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Im Fokus steht dabei die Sicherung einer nachhaltigen Land- und Wassernutzung in der Region. Ebenso will INKA BB ein angepasstes Gesundheitsmanagement fördern. 24 Teilprojekte umfasst das Forschungsprojekt. Es ist auf 5 Jahre angelegt, 18 Millionen Euro sollen dafür eingesetzt werden. Der Förderanteil des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beträgt davon 15 Millionen Euro. Netzwerkpartner des INKA BB sind Forschungseinrichtungen aus Berlin und Brandenburg sowie zahlreiche Interessenverbände und Wirtschaftsunternehmen. Auch zählen eine Reihe von kommunalen Verwaltungen und Landesbehörden aus Berlin und Brandenburg dazu. Die Koordination des Projektes hat das ZALF, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg.