Bei der künftigen Stadtentwicklung werde einer klimagerechten Grünflächenplanung immer größere Bedeutung zukommen. Dies erklärte jetzt Dr. Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes, bei einem Vortrag im Rahmen einer Sitzung des Ausschusses Stadtentwicklung im Bundesverband GaLaBau e. V. (BGL). Das Gremium unter Vorsitz von BGL-Vizepräsident Eiko Leitsch begrüßte den Experten in Bad Honnef und erörterte mit ihm für den Garten- und Landschaftsbau relevante Fragen rund um die Klimaveränderung.
Grünzüge führen Kaltluft in die Stadt und vermindern den Wärmeinsel-Effekt
Dr. Becker machte dabei deutlich, dass Grünflächen bei der Anpassung der Städte an den Klimawandel eine wichtige Rolle spielen. So hätten geeignete Grünzüge im Stadtrandbereich die Funktion von Ventilationsbahnen für die Zufuhr von Kaltluft. Grünflächen in der Stadt verminderten an Hitzetagen den Wärmeinsel-Effekt der Stadt. An Tagen mit hoher Wärmebelastung kämen solche Grünflächen den Stadtbewohnern als kühlere Ausgleichsflächen zugute. Und bei nasser Witterung reduzierten Grünflächen den Niederschlagsabfluss ins Kanalnetz.
Mit seinem fast zweistündigen Vortrag begeisterte Dr. Paul Becker die Mitglieder des BGL-Ausschusses Stadtentwicklung. Basierend auf den Klimadaten der vergangenen Jahrzehnte macht der Deutsche Wetterdienst auch Klimaprojektionen bis zum Jahr 2100. Dabei zeigte Becker aber auch die Grenzen der Klimavorhersagen auf. Während die Bevölkerung - nicht zuletzt auf Grund der häufigeren Präsenz des Themas in den Medien - glaube, eine Zunahme an Klima-Extremen zu "fühlen", seien diese jedoch vielfach statistisch nicht nachweisbar, so Becker. Auch sei die Infrastruktur heute wesentlich sensibler als im vergangenen Jahrhundert. Flussniederungen und Moorgebiete seien früher als Bauland tabu gewesen. Heute seien sie es oft nicht mehr, wodurch Hochwasser-Ereignisse zu besonderen Problemen führten.
Was wächst in 50 oder 100 Jahren noch am Extremstandort Stadt?
Den Fragen und Sorgen aus der Praxis stand Dr. Becker sehr aufgeschlossen gegenüber. Die Landschaftsgärtner wollten vor allem auch wissen: Welche Bäume und Pflanzen werden in 50 oder 100 Jahren noch am Extremstandort Stadt wachsen? Wie stark wirken sich Temperatur- und Niederschlagsschwankungen auf die Vitalität von Bäumen aus? Welche Vorsorgemaßnahmen sind zukünftig zu treffen? Diese und viele weitere Fragen wurden intensiv mit dem Experten diskutiert.
Im Rahmen der nächsten Sitzung des BGL-Ausschusses Stadtentwicklung, die Anfang 2012 in Freising stattfinden wird, soll die Rolle der Landschaftsplaner in der Stadtentwicklung beleuchtet werden. Hierzu hat Professor Dr. Udo Weilacher bereits ein Referat zugesagt.