Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG fördert Projekt / Neuer Ansatz vereint Klimamodelle mit Pflanzenwachstum und ökonomischen Simulationen.

Exakte Prognosen für den Klimawandel in Deutschland und Anpassungsmöglichkeiten für die Landwirtschaft: Diesem Ziel hat sich die neue Forschergruppe von acht Wissenschaftlern der Universität Hohenheim verschrieben. Dabei beleuchten sie erstmals auch die Wechselwirkungen zwischen regionalem Klima, Landwirtschaft und dem Faktor Mensch. Ziel sind neue Computermodelle, die weltweit einsetzbar sind und doch lokal angepasst konkrete Handlungsoptionen für Entscheider geben.

Dabei kooperiert die Universität Hohenheim mit dem Helmholtz-Zentrum München und der Justus-Liebig-Universität Gießen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) beschloss, den interdisziplinären Verbund zunächst drei Jahre als Forschergruppe "Regionaler Klimawandel" (FOR 1695) zu fördern.

Klima, Mensch und Kulturpflanzen lassen sich nicht länger getrennt betrachten - so das Credo der neuen Forschergruppe der Universität Hohenheim. Denn alle drei Bereiche beeinflussen sich gegenseitig - und müssen detailliert vor Ort betrachtet werden.

So einleuchtend dieser Gedanke ist, so komplex ist dennoch die Umsetzung. Denn mit ihrem Forschungsansatz betritt die Forschergruppe wissenschaftliches Neuland.

"Bislang fußen die Computermodelle für regionale Klimaprognosen vor allem auf Physik. In ihren Berechnungen gehen sie von einer Welt aus, in der die Anbauflächen immer gleich bleiben und den gleichen Einfluss auf das Klima haben", erklärt Prof. Dr. Thilo Streck, Sprecher des Forschungsverbundes "Regionaler Klimawandel" am Life Science Center der Universität Hohenheim.

Tatsächlich haben Pflanzenart, -entwicklungszustand und -farbe einen enormen Einfluss auf Wärmeverteilung, Verdunstung - und damit auf das regionale Klima.

Ebenfalls vernachlässigt: Der Faktor Mensch. "Gerade Landwirte werden sich auf den Klimawandel einstellen", erklärt Agrarökonom Prof. Dr. Thomas Berger. "Mögliche Szenarien wären, dass sie bei starker Trockenheit Mais oder vielleicht Hirse statt Weizen anbauen. Wenn das großflächig geschieht, hat das wieder einen Einfluss auf das Klima, der bislang unberücksichtigt bleibt." Mit dem Ergebnis, dass regionale Prognosen bisher oft noch daneben liegen dürften.

Kombination von Meteorologie, Pflanzenkunde und Ökonomie
Mit ihrer neuen Forschergruppe stützen sich die Wissenschaftler der Universität Hohenheim auf Erfahrungen, die sie bereits seit 3 Jahren in einem Forscherverbund sammeln konnten. "Dank der Förderung durch die DFG können wir unseren Ansatz jetzt ausbauen und einen Werkzeugkasten entwickeln, der weltweit Ergebnisse bringen kann", so Prof. Dr. Streck.

Dabei kann die Forschergruppe auf eine Reihe von Messstationen in zwei Versuchsgebieten in Baden-Württemberg zurückgreifen. Zusammen repräsentieren sie zwei Extreme in Deutschland: den Kraichgau als klimatisch günstigen Standort mit guten Böden und die Schwäbische Alb mit ihrem rauen Klima und dem kargen Untergrund.

Insgesamt teilen sich die Arbeiten der Wissenschaftler in vier Bereiche:

Entwicklung regionaler Klimamodelle

Im ersten Schritt ist die Arbeitsgruppe um den Meteorologen Prof. Dr. Volker Wulfmeyer dabei, die Klimamodelle selbst zu verbessern: "Die regionalen Klimamodelle müssen eine viel höhere Auflösung bekommen. Außerdem müssen die komplexen Wechselwirkungen zwischen der Landoberfläche, den Wolken und dem Niederschlag besser verstanden und im Computermodell berücksichtigt werden", so der Meteorologe.

Wechselwirkung mit Kulturpflanzen

Das Ergebnis kombinieren die Forscher um Prof. Dr. Thilo Streck mit spezieller Software, die das Pflanzenwachstum simuliert: "Wir koppeln die Meteorologie mit dem Pflanzenwachstum. Uns interessiert etwa, wie sich die Wachstumsphasen der Pflanzen und der Pflanzenertrag ändern, wie sich die Verdunstung ändert und wie diese Änderung wieder das Klima verändert."

Erweiterung um den Faktor Mensch

Als dritten Schritt ergänzen die Ökonomen um Prof. Dr. Thomas Berger die Physik und Biologie in den Modellen um den Faktor Mensch: "Ein Klimamodell ohne Politik und Markt kann nicht funktionieren. Wir schauen uns genau an, wie Landwirte auf verschiedene Szenarien reagieren, welche Auswirkungen das hat und welche Stellschrauben es für die Politik gibt."

Betrachtung der Produktqualität

Eine Besonderheit ist die Arbeitsgruppe um den Pflanzenökologen Prof. Dr. Andreas Fangmeier. In seinen Klimakammern, Gewächshäusern und speziellen Versuchsfeldern herrscht heute schon das Klima, wie es in Jahrzehnten sein könnte. Ihn interessiert, wie sich die Qualität unserer Nahrung von morgen verändert: "Wärme, Niederschlag und der CO2-Gehalt der Luft - das alles hat Auswirkungen auf die Inhaltsstoffe von Pflanzen." Deshalb könnte es sein, dass sich mit dem Klimawandel auch Küche und Essverhalten ändern.

 

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