Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Der Deutsche SPIELRAUM-Preis 2011 geht nach Esslingen! Bereits zum 9. Mal wurde die begehrte Auszeichnung an vorbildliche Spielräume beziehungsweise deren Träger vergeben. Mit dem diesjährigen Thema: Spielräume im kulturellen Wandel, zeichnete die renommierte Fachjury insbesondere die Planungen aus, die Kommunikation und Interaktion übergreifend fördern und identitätsstiftend auf das räumliche und soziale Umfeld wirken.

Der Deutsche SPIELRAUM-Preis 2011 geht nach Esslingen (Foto: STADT und RAUM)

Prof. Dr. Stefan Bochnig, Hochschullehrer an der FH Ostwestfalen-Lippe und Sprecher der Jury, hob die große Bandbreite und Qualität der Einsendungen hervor: "Insbesondere hat die Jury beeindruckt, dass viele Arbeiten das Thema des kulturellen Wandels sehr dezidiert aufgegriffen und umgesetzt haben." Die Jurymitglieder hatten die Qual der Wahl, und am Ende hatte Esslingen "die Nase knapp vorn"…

Im Mittelpunkt des Deutschen SPIELRAUM-Preises 2011 - Ausloberin ist die STADT und RAUM Messe und Medien GmbH - standen Planungen, welche die Formen und Symbolsprache spezieller Kulturräume nutzen und einen interkulturellen Dialog fördern, der phantasievolles Spiel sowie soziale und kulturelle Interaktion ermöglicht. Am 28. Oktober wurden in einer Feierstunde im "Blauen Salon" der Koelnmesse und im Rahmen der Internationalen Fachmesse Freiraum, Sport- und Bäderanlagen Urkunden und Preise verliehen. Der Wettbewerb ist mit Sachpreisen in einem Gesamtwert von rund 21.500 Euro dotiert, ein Gutschein in Höhe von 8.500 Euro ging als Hauptpreis nach Esslingen. Hier wurden klassische Spielgeräte ergänzt durch ein Asttrampolin, eine Folienrutsche beim Wasserspiel, einen modellierbaren Bachlauf mit Matschbereich, eine Slackline und einen Motorikparcour. Im freien Spiel stellt die Topographie eine Herausforderung dar.

Die Jury überzeugte auch die höchst intensive professionelle Einbeziehung der (zukünftigen) Nutzerinnen und Nutzer während der Planungsphase. Ein Blick auf die Liste der Akteure zeigt, dass hier die kulturelle Vielschichtigkeit der in der Umgebung wohnenden Menschen ihren Niederschlag gefunden hat. Insofern steht dieses Projekt ebenso für den Ausdruck kulturellen Wandels in seiner Gestalt und Funktion wie auch in der Organisation und Durchführung des Planungsprozesses.

Der zweite Platz ging an den Spielplatz Schinkestraße - Maybachufer in Berlin Neukölln. Hier ist aus einem vorhandenen Spiel- und Bolzplatz unter Einbeziehung eines ehemaligen Gewerbegrundstücks ein neuer und individuell gestalteter Spielraum entstanden. Zwischen der Schinkestraße und dem Maybachufer liegt der Spielplatz als Grünverbindung. Obwohl hier zum Teil niedrige Zäune und hohe Gebäudefassaden das Gelände räumlich fassen und prägen, ist eine harmonische Einheit von Wohnquartier und Spielraum entstanden. An zwei Tagen in der Woche, an denen hier ein stark frequentierter multikultureller Wochenmarkt stattfindet, wird der Spielplatz auch von Marktbesuchern genutzt.

Ihr vorbildliches Engagement für die Spielraumgestaltung stellte die Stadt Velbert mit einem dritten Preis eindrücklich unter Beweis - hatte sie doch bereits 2007 mit einem früheren Projekt ("Die Spielschlange") den ersten Preis gewonnen! Diesmal zeichnete die Jury den "Freizeitpark Nordstadt" aus. Dieser neue Park hat im städtischen Umfeld eine Brückenfunktion mit regionalem Charakter. Mit der Anbindung an den PanoramaRadweg ist die Freizeitanlage wichtiger Mosaikstein im Freiraumgefüge für die Bevölkerung. Das generationsübergreifende Konzept, individuelle Angebote zur Förderung junger Menschen sowie Möglichkeiten von teilbetreuten Angeboten, Patenschaften und Integration lokaler Gruppen gehören zum Planungskonzept der Anlage.

Zwei Sonderpreise

Positiv fielen zwei Projekte "aus dem Rahmen", die jeweils mit einem Sonderpreis ausgezeichnet wurden. Das ist zum einen das Kinderzentrum Nadeshda Belarus, Buditsche Bezirk Minsk. Träger ist der eingetragene Verein "Leben nach Tschernobyl" aus Frankfurt am Main. Rehabilitation und Erholung durch Spiel - das ist die Leitidee für das Projekt in Weißrussland; Rehabilitation und Erholung für Kinder und Jugendliche aus Gebieten, die von der Tschernobyl-Katastrophe vom 26. April 1986 betroffen waren und sind. Die Jury hat dieses eingereichte Projekt nicht im Rahmen des Wettbewerbs 2011 bewertet oder ausgezeichnet. Sie anerkennt jedoch ausdrücklich das ehrenamtliche Engagement zahlreicher Helfer und verleiht - erstmals - einen Anerkennungspreis.

Auch die "BeWegten Welten" auf dem Schulhof der Grundschule Am Botanischen Garten in Frankfurt / Oder waren in den Augen der Jurymitglieder »etwas Besonderes«: Das Thema "kultureller Wandel" erschließt sich bei diesem Projekt gewissermaßen indirekt: Der Schulhof ist jederzeit zugänglich und öffnet sich hier für die Bewohner der umliegenden Wohngebiete und für den gesamten Stadtteil. Die Schule befindet sich in einer topografisch bewegten, landschaftlichen Umgebung und bildet einen zentralen Bereich innerhalb des Wohngebietes, von dem wichtige Wegbeziehungen zum Stadtzentrum ausgehen. Diese Bewegungslandschaft ist so angelegt, dass sich hier die Nutzung durch alle Bevölkerungsschichten anbietet. Vergleicht man diese "BeWegten Welten" mit Schulhöfen, wie sie leider heute auch noch an der Tagesordnung sind bekommen wir hier einen Hinweis, wie Schulhöfe zukunftsorientiert aussehen könnten oder sollten.

Weitere Preisträger

Insgesamt sechs gleichrangige, vierte Preise vergab die Jury:

Parkour in Bochum
Parkour ist in Deutschland noch eine relativ neue Trendsportart, bei der man sich eigentlich frei im städtischen Raum bewegt, und spricht auf Grund seiner hohen Anforderungen an körperliche Fitness, Bewegungsfähigkeit und Geschicklichkeit besonders ältere Kinder und Jugendliche an. Die Stationen bestehen aus Beton- und Stahlrohrelementen an denen zum Beispiel Sprung-, Hangel- und Klettertechniken in verschiedenen Schwierigkeitsgraden geübt werden können…

Spielplatz mit Seele, Ostritz
Im "Dreiländereck" Polen, Tschechien liegt - mit rund 3.000 Einwohnern - die kleine Gemeinde Ostritz. Als "frisch beseelter" Treffpunkt im Herzen der Stadt sollte der neue Spielplatz auch helfen, der anhaltenden Abwanderung entgegen zu wirken. Entstanden ist eine natürlich angelegte Miniaturlandschaft mit Spielanreizen, welche sich an den Kriterien kindgerecht, naturnah, generationsübergreifend ebenso orientieren wie an dem Planungsprinzip der Beteiligung und die die Nutzung einer Landschaft als Kultur- und Fantasieleistung zulassen…

Spielanlage Kennedyhaus und Quartiersplatz Kalischer Straße, Hamburg
Das Konzept begegnet der Herausforderung, einen Raum zu schaffen, der den Ansprüchen von Kindern und Jugendlichen aus unterschiedlichen Kulturen bis hin zu alteingesessenen Bewohnern gerecht wird. Unter Einbeziehung des gesamten Stadtraumes wurden Nutzungs- und Gestaltungslösungen entwickelt, die ein verträgliches Nebeneinander von öffentlichem Platzraum und Spielbereichen und Wohnen ermöglichen. Das Projekt trägt den vielfältigen Nutzerinteressen angemessen Rechnung…

Historischer Spielplatz Steinplatz, Leipzig
Bei der Umgestaltung des Steinplatzes standen zwei Kriterien im Vordergrund: Gartendenkmalpflegerische Aspekte und die aktuelle Nutzung für Erholung und Spiel. Der begrünte Stadtplatz liegt inmitten der Leipziger Südvorstadt, ein sehr "urbanes" und am dichtesten bewohntes Quartier der Stadt: Viele Studenten, junge Menschen und Familien mit Kindern wohnen hier. Kindertagesstätten und zahlreiche Tagesmütter und -väter nutzen den Platz. Zudem liegen Bildungs- und Pflegeeinrichtungen für Menschen mit Behinderungen in unmittelbarer Nähe. Der Nutzungsdruck auf die Freifläche ist hoch...

Wohnumfeldverbesserung der Lipschitzhöfe Berlin Neukölln, Gropiusstadt
Die Außenanlagen rund um die Lipschitzallee / Fritz-Erler-Allee und den Löwensteinring liegen im Kernbereich des Wohnungsbestandes der Hilfswerk-Siedlung GmbH in der Gropiusstadt in Berlin-Neukölln. Sie sind der Aufenthalts- und Spielraum für rund 2.000 Menschen aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Milieus. Es gibt überdurchschnittlich viele Kinder und Senioren. Entsprechend hoch ist der Bedarf an einem qualitätvollen Wohnumfeld…

Grünzug Veringkanal, Hamburg
Hier finden wir ein Projekt, bei dem sich die Bevölkerung selbst eine Fläche beziehungsweise einen Raum angeeignet hat. Der Prozess des Zusammenwachsens spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Lebendigkeit der Aktivitäten. Der Begriff "Spielraum" meint in diesem Zusammenhang auch eine gedanklich - kreative - Haltung, die ungewöhnliche und unerwartete Nutzungen initiiert. Dieser Aspekt kann in gewisser Weise auch als modellhaft für die Entwicklung von interkulturellen Milieus gedeutet werden. Das Projekt grenzt an das Gelände der Internationalen Gartenschau (igs) Hamburg, 2013, und der zum Wettbewerb eingereichte Plan ist - bezeichnenderweise - inzwischen bereits überholt… Dieser Plan lebt und entwickelt sich unter Mitwirkung der Anwohner kontinuierlich weiter.

Die Jury

Hans-Peter Barz, Leiter des Grünflächenamtes der Stadt Heilbronn; Heiner Baumgarten, Leiter der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz GALK e.V. und Geschäftsführer der igs Hamburg 2013; Prof. Dr. Stefan Bochnig, freier Landschaftsarchitekt (Büro Gruppe Freiraumplanung, Langenhagen) und Professor an der FH Höxter Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltplanung; Dagmar Gast, freischaffende Landschaftsarchitektin (BDLA) mit Büros in Berlin, Hamburg und Frankfurt; Ulrich Gerlach, Architekt (BDA) und langjähriger Geschäftsführer des hannoverschen Wohnungsbauunternehmens GmbH; Rolf von der Horst, Herausgeber und Chefredakteur Fachzeitschrift STADT und RAUM; Dr. Ronald Kunze, Mitglied des Vorstands der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung e.V. (SRL), Büro für Städtebau und Kommunalberatung, Langenhagen; Gerhard Mlynczak, Leiter des Büros für Kinderinteressen (Dortmund).

 

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