Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Rund 250 Fachleute diskutierten am vergangenen Freitag in der Elbmetropole über die Zukunft des urbanen Grüns. Die Freie und Hansestadt Hamburg befindet sich städtebaulich und städteplanerisch im Umbruch: Die Internationale Bauausstellung (IBA) und die Internationale Gartenschau 2013 (igs) im Stadtteil Wilhelmsburg sollen aus stadtentwicklungspolitischer Perspektive den “Sprung über die Elbe“ ermöglichen.

Der geplante Bau von 6.000 neuen Wohnungen pro Jahr bringt eine starke Verdichtung im städtischen Raum mit sich und erfordert eine noch bewusstere Gestaltung der verbleibenden Freiflächen. Und die 2012 in Hamburg eingeführte "Regensteuer" stellt die Stadt vor neue Herausforderungen im Umgang mit der Ressource Regen und der Reduzierung versiegelter Flächen.

Am 15. Februar kamen in der Handwerkskammer Hamburg rund 250 Experten und Verantwortliche aus Stadtplanung, "Grüner Branche", und Politik zusammen, um über Chancen und Potenziale zu diskutieren, die eine zielgerichtete Begrünung urbaner Räume in Zusammenhang mit den aktuellen Entwicklungen bietet. Anlass des produktiven Austausches war die traditionell vom Fachverband Garten,- Landschafts- und Sportplatzbau Hamburg (FGL HH) veranstaltete GaLaBau-Fachtagung. Sie fand in diesem Jahr bereits zum dreißigsten Mal statt.

"Für die hier Anwesenden bietet unsere Fachtagung seit drei Jahrzehnten die Möglichkeit, Erfahrungswerte auszutauschen und sich über wichtige Neuheiten in ausgewählten Fachbereichen zu informieren", sagte Thomas Schmale, Vorsitzender der FGL HH, zu Beginn der Veranstaltung.

Schmale sprach von einem wachsenden Spagat zwischen dem echten Grün und dem stahl-, beton- und glasgeprägten Design in vielen Hamburger Quartieren und appellierte an die Verantwortlichen: "Lassen Sie uns gemeinsam den Mut entwickeln, mehr Grün in die Stadt zu bringen, vor allem aber auch den Mut und die Kraft, die bestehenden Grünflächen in Hamburg zu unterhalten und zu pflegen!".

igs als Leistungsschau für die Grüne Branche

Für seine diesjährige Fachtagung war es dem FGL HH erneut gelungen, hochkarätige Referenten zu gewinnen. Neben der Hamburger Senatorin Jutta Blankau begrüßte der Vorsitzende des FGL HH auch den Staudenexperten Prof. Cassian Schmidt aus Weinheim und Dr. Ing. Mathias Kaiser, Fachmann für Regenwassermanagement aus Dortmund.

In Hinblick auf die anstehende Internationale Gartenschau im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg betonte Blankau zunächst die große Bedeutung der vergangenen drei Internationalen Gartenausstellungen für das Hamburger Stadtbild. "Mit der IBA und der igs 2013 auf der Elbinsel Wilhelmsburg werden wir auf diesem Gebiet aber noch einmal neue Dimensionen erreichen. Ein ganzer Stadtteil wird zu einer neuen grünem Mitte umgestaltet, der zum Sprung über die Elbe einlädt", sagte die Senatorin der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg.

Der neu entstandene Freizeitpark und die noch zu verlegende Reichsstrasse, so Blankau, werde das bisher von Verkehrswegen zerschnittene Wilhelmsburg zusammenführen und die Lebensqualität der Bewohner entscheidend verbessern. Die Senatorin betonte in diesem Zusammenhang, dass ohne die Erfahrung und Unterstützung von Landschaftsgärtnern und Landschaftsarchitekten diese Vision nie hätte realisiert werden können. Zu Recht sei die igs daher auch eine Leistungsschau, mit der die Grüne Branche ihre Innovationen sowie ihre qualitativ und ökologisch hochwertigen Leistungen einem breiten Publikum präsentierten könne.

Regenwassermanagement als Chance für den GaLaBau

Mit seinem Vortrag "Regenwasserbewirtschaftung im GaLaBau" packte Dr. Mathias Kaiser vom Dortmunder Büro Kaiseringenieure ein weiteres, für die Hamburger zunehmend bedeutsames Thema an der Wurzel. Seit 2012 erhebt auch die Hansestadt getrennte Gebühren für die Entsorgung von Schmutz- und Regenwasser und wirkt somit den negativen Auswirkungen der Freiflächenversieglung entgegen.

"Wir stehen heute vor der Situation, dass die Kanalisation in vielen Regionen chronisch überlastet ist, da kaum noch Wasser auf natürliche Art und Weise im Boden versickern kann. Wer Flächen entsiegelt bzw. andere Lösungen schafft, die das Kanalnetz entlasten, spart bei der gesplitteten Abwassergebühr bares Geld", sagte der Ingenieur.

Für Landschaftsgärtner, so der Experte weiter, böte die Ausführung entsprechend der Anlagen einen neuen Markt, den sie nutzen sollten. Anhand von in Dortmund umgesetzten Projekten erläuterte Kaiser beispielhaft, wie mit einer neu integrierten Regenwasserbewirtschaftung ganze Stadtteile attraktiver gemacht werden können. So koppelten die Experten zum Beispiel im Dortmunder Quartier Scharnhorst weite Bereiche vom hydraulisch überlasteten Kanalnetz ab und sammelten das Regenwasser stattdessen überirdisch in offenen, ökologisch gestalteten Wasserflächen. Die Betonwüste Scharnhorst erfuhr auf diese Weise eine enorme Aufwertung.

"Die Gelder, die ansonsten in die Sanierung und den Ausbau der Kanalisation geflossen wären, gingen nun an Landschaftsgärtner und Landschaftsplaner", resümierte Kaiser.

Ein ähnlich hohes Potenzial für den Garten- und Landschaftsbau sieht der Ingenieur im Überflutungsschutz, der aufgrund der steigenden Häufigkeit von Starkregen in Städten immer wichtiger wird und seit 2008 durch die DIN Norm 1986-100 bei Neubauten sogar verpflichtend ist. Auch hier, so Kaiser, seien in Freiflächen gestalterische Veränderungen vonnöten, die durch qualifizierte Landschaftsgärtner vorgenommen werden könnten.

Stauden als Imageträger im urbanen Raum

Wo sich Großstädte wie Hamburg immer mehr verdichten, steigt der Anspruch an die Gestaltung der verbleibenden Freiflächen. Dass Staudenpflanzungen auf pflegeleichte wie beeindruckende Art und Weise in Städten farbenfrohe Akzente setzen können, wusste der Experte Prof. Cassian Schmidt in seinem Vortag zu veranschaulichen. Im Sichtungsgarten Hermannshof in Weinhheim entwickeln Schmidt und seine Kollegen Staudenmischungen, die ihre Vorbilder unter anderem in den nordamerikanischen Prärien und den ostasiatischen Steppenlandschaften haben.

"In Zeiten des Klimawandels schauen wir auch bei den Stauden verstärkt in andere Länder und Regionen, deren klimatischen Bedingungen wir uns zunehmend annähern", so Schmidt.

Arten, die in Prärien und Steppen gedeihen, seien sehr stresstolerant, vermehrten sich gut, funktionierten über viele Jahre hinweg miteinander und gäben darüber hinaus im gesamten Jahresablauf ein attraktives Bild ab. Anhand einer Vielzahl von Skizzen und Fotografien vermittelte der Staudenfachmann den Tagungsbesuchern ausführliche Einblicke in den Umgang und die Gestaltung mit Stauden im öffentlichen Raum. Seine Ausführungen beinhalteten auch konkrete Tipps zur Pflege und eine Übersicht über die durchschnittlichen Anschaffungs- und Instandhaltungskosten von Staudenpflanzungen. Ein weiterer Bereich also, auf dem die Besucher der GaLaBau-Tagung 2103 einen umfassenden fachlichen Input mit nach Haus nehmen konnten.

 

Empfohlen für Sie: