Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Das Interesse am 11. Internationalen FBB-Gründachsymposium, das am 21. Februar 2013 in gewohnter Umgebung in Ditzingen stattfand, war wieder groß. Die veranstaltenden Verbände Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V. (FBB), Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL), Bundesverband GaLaBau e.V. (BGL), Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks e.V. (ZVDH), World Green Infrastructure Network (WGIN) und Bund Deutscher Landschaftsarchitekten e.V. (BDLA) begrüßten etwa 120 Teilnehmer.

FBB-Präsident und Organisator Dr. Gunter Mann brachte es auf den Punkt: "Wir hatten gute Themen und gute Referenten, so dass die Teilnehmer und damit auch wir sehr zufrieden waren!"

Das Symposium war in bewährter Art in verschiedene Themenkreise gegliedert. Im ersten Block "Recht, Richtlinie und Planung" machte Armin Schott, Stellvertretender Leiter im Amt für Stadtentwicklung der Stadt Villingen-Schwenningen den Auftakt und berichtete über seine Überzeugungsarbeit bei Gemeinderat und Industrie in Sachen Dachbegrünung im Bebauungsplan. Eine fachlich fundierte Beratung unter Abwägung aller volks-, betriebswirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkte führte dort zu einem für Villingen-Schwenningen richtungsweisenden Beschluss: dass ein Anteil von mindestens 40 Prozent der Dachflächen extensiv zu begrünen ist.

Weitere Argumente für die Begrünung von Dächern brachte im nachfolgenden Vortrag "Planerische Anpassungsstrategien zur Minderung der Hitzebelastung in Städten" Dipl.-Ing. Nicole Baumüller, Stadtplanerin aus Stuttgart. Die Aufgabe einer nachhaltigen Stadtentwicklung ist es, die Lebensqualität in den Städten unter Hitzebedingungen weiter zu sichern und gesundheitliche Beeinträchtigungen zu minimieren. Dach- und Fassadenbegrünungen können durch ihre klimatischen Vorteile einen wertvollen Beitrag, Hitzebelastungen zu minimieren, leisten. Sie sind neben Hofbegrünungen und Straßenbäumen oft die einzige Möglichkeit Grün in verdichtete Stadtquartiere zu bringen. Sind viele Dächer in einem Stadtquartier begrünt, kann sich dies auch günstig auf die nächtliche Abkühlung auswirken.

Christoph Harlacher von der SFG Schweizerische Fachvereinigung Gebäudebegrünung erläuterte in seinem Vortrag die praxisorientierte Verbandsarbeit und insbesondere die im Gelbdruck befindliche Schweizer Norm zur Dachbegrünung. Sie soll noch im Laufe des Jahres veröffentlicht werden.

Über Balkon- und Terrassenabdichtungen mit "barrierefreien" Anschlüssen referierte Josef Löcherbach, Leiter Produktmanagement alwitra GmbH aus Trier und führte dabei folgende Normen und Richtlinien an: Musterbauordnung § 50 Abs. 2 Barrierefreies Bauen, E DIN 18040-1, DIN 18040-2, DIN 18185-5, Flachdachrichtlinien, DIN 18195-9, Dachbegrünungsrichtlinien, Merkblatt des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe (ZDB).

Aufgrund des demographischen Wandels werden barrierefreie und schwellenlose Ausgänge auf Balkone und Terrassen immer mehr gefordert. Dabei werden Planer und Ausführende mit den in den Normen beschriebenen Anforderungen schnell an Grenzen stoßen, da die beschriebenen Anwendungslösungen in der Praxis kaum bzw. nicht umsetzbar sind. Innovative Lösungen, die die Produkte unterschiedlicher Hersteller in einem System integrieren (z.B. Türeinbau/Abdichtung), bieten Sicherheit.

Im zweiten Themenkreis "Forschung & Lehre" erläuterte Prof. Dr. Manfred Köhler, Hochschule Neubrandenburg eine Kosten-Nutzen-Analyse zur Pflege und Wartung von Dachgärten. In einem Beispielsvergleich mit und ohne Pflege an einem alten Dach zeigte er auf, dass die reguläre zehnjährige Pflege eine Ersparnis von etwa 100.000 Euro erbrächte. Auf das Einzeljahr umgerechnet wäre der jährliche Mehraufwand durch die vernachlässigte Pflege etwa 10.000 Euro.

Die Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e. V. (FBB) hat im letzten Jahr zwei Forschungsaufträge an das IASP, Humboldt-Universität zu Berlin vergeben - der erste ist zum Thema "Feinstaubbindung in Abhängigkeit der Dachbegrünungsform" und Dr. Olga Gorbachevskaya als Projektleiterin stellte die Ergebnisse vor. Im Rahmen der Studie wurden Recherchen, Pflanzenversuche an Vegetationsmatte und Modellrechnungen durchgeführt mit dem Resultat, dass die Feinstaubaufnahme der Sedum-Vegetation demnach etwa 10 g pro m2 und Jahr beträgt.

Dipl. Ing. Susanne Herfort als Projektleiterin der zweiten Untersuchungen präsentierte provokativ "Die Wahrheit zur CO2-Bindung durch begrünte Dächer. Aktuelle Untersuchungsergebnisse und Diskussion." Es wurden drei extensiv begrünte Dächer in Berlin untersucht und anhand deren Biomasse die CO2-Bindungskapazität ermittelt. Ergebnis: die oberirdische Biomasse einer dreijährigen extensiven Dach­begrünung kann unabhängig von der Vegetationsform mindestens zwischen 800 und 900 g/m² CO2 aufnehmen.

Im dritten und letzten Themenkreis "Aus der Praxis" zeigte Prof. Dr. Wolfgang Dickhaut, HafenCity Universität Hamburg die Möglichkeiten extensiver Dachbegrünung als Element dezentraler Regenwasserbewirtschaftung auf. Er verdeutlichte jedoch auch, dass es noch viel Aufklärungsarbeit und Praxisuntersuchungen bedarf, um die Siedlungswasserwirtschaftler von den Retentionswirkungen begrünter Dächer zu überzeugen.

Prof. Dr.-Ing. Yvonne-Christin Bartel, Hochschule Ostwestfalen-Lippe stellte in einem anschaulichen Vortrag "Steildachbegrünungen. Dachbegrünungsaufbauten im Grenzbereich" die richtungsweisenden Ergebnisse ihre Dissertation (Bartel, 2013, Verlag Dr. Kovaè) vor. Dabei zeigte sie auf, dass die Lagesicherheit von Dränkörpern erheblich variiert, so dass abweichend von Dachbegrünungsrichtlinien die Sicherung einiger Dränkörper bereits ab einer Neigung von 10° und nicht erst ab 15° notwendig erscheint. Schüttstoffe weisen dagegen eine überraschend hohe Lagesicherheit bei Neigung bis zu 35° auf. Die Filtervliese führen im Allgemeinen zu einer Reduzierung der Lagesicherheit. Im Vergleich dazu weist die Reibungsfestigkeit zwischen Schutzvlies und Abdichtung große Unterschiede auf und hängen in erster Linie von der verwendeten Abdichtungsbahn ab.

Ein Highlight des diesjährigen Symposiums war der Vortrag der Landschaftsarchitektin Melanie Müller-Boscaro aus Mailiand zum "Bosco Verticale Milano". Der Hochhaus-Wald in Mailand". In Mailand entstehen derzeit zwei begrünte Hochhäuser und auf ihnen ein vertikaler Wald - der Erste in seiner Art und eine ganz neue Form der Dach- bzw. Fassadenbegrünung. Im Zuge der Weltausstellung Expo im Jahr 2015 rüstet Mailand im punkto Hochhäuser nach. So entstehen im neuen Stadtquartier Porta Nuova gleich mehrere neue Hochhäuser, darunter zwei grüne Hochhäuser: Bosco Verticale von den Mailänder Architekten Boeri Studio. Sie vertreten die Auffassung, dass pflanzliche Elemente zum Bestandteil der Gebäudehülle werden können und eine Kreuzung zwischen den klassischen architektonischen Elementen, wie Stein und Beton und der Pflanze entsteht.

Prof. Dr. Klaus Neumann, Beuth Hochschule Berlin, nahm die Zuhörer mit "Chancen für neue Dachnutzungen in der Stadt der Zukunft" auf eine Reise zu einer anderen Sichtweise mit. Er skizzierte die notwendigen Änderungen und Möglichkeiten auf, die sich aufgrund unserer Gesellschaft und unseres Klima ergeben müssen. Es ändern sich auch die Werteinstellungen und damit die Wertschöpfungsoptionen für grüne Dächer und Fassaden. Das grüne und nutzbare Dach wird zu einem ganz wesentlichen urbanen Wertschöpfungspotential der Zukunft mit vielen Wirkungsweisen, wie Artenvielfalt, Klimafunktion, Freizeit & Kultur, Gesundheit & Sport und Ernährung. Die Studentin Melanie Trautmann brachte dazu im Anschluss die passenden Praxisbeispiele.

Den Abschluss des Gründachsymposiums machte Dipl.-Ing. Roland Streibich von der Duraproof mit seinem Vortrag zur Leistungsfähigkeit von EPDM-Dachabdichtungen unter Dachbegrünungen. EPDM-Kautschukbahnen zeichnen sich u.a. aus durch ihre Haltbarkeit von über 50 Jahren, ihre Flexibiltät von -40 bis +120°C, ihre witterungsunabhängige Natverschweißung und Hagelschlagbeständigkeit.

 

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