Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Pflanzen lieben Wärme. Weil die in Gewächshäusern teuer ist, setzt die niederländische Unterglasbranche auf die Geothermie und beheizt mit natürlichen Ressourcen gigantische Gewächshäuser. Erste Ansätze gibt es auch in Deutschland. Auf der GEO-T Expo in der Messe Essen zeigen Fachleute am 13. November, welches Potenzial die Geothermie im Garten- und Landschaftsbau hat.

Paprikapflanzen mögen Wärme und gedeihen am besten unter Einfachverglasungen. Von der Geothermie versprechen sich die Betreiber großer Gewächshäuser daher wirtschaftliche Vorteile. (Foto: Square Crops)

Auf eine Fläche von 32 Hektar dehnt sich das Gewächshaus der niederländischen Firma Wijnen Square Crops nahe der deutschen Grenze bei Venlo aus. Darunter reifen von März bis November tonnenweise Paprika, die vor allem Wärme brauchen. Diese wird in Gewächshäusern oft durch die Verbrennung von teurem Erdgas erzeugt. Auch Square Crops hatte für die riesige Glasplantage bis Ende 2012 ein Blockheizkraftwerk mit einer Nennleistung von stolzen 20,6 Megawatt im Einsatz, das mit Erdgas betrieben wurde. Weil die Margen für Paprika schwanken und gleichzeitig die Energiekosten steigen, liefert seit Anfang 2013 ein geothermisches Heizwerk die Energie.

„So wollen wir den Verbrauch von Erdgas um mindestens 80 Prozent redu-zieren und die Kohlendioxidemissionen um 90 Prozent. Ideal wäre eine Vollversorgung denn die Pflanzen brauchen das ganze Jahr über Wärme und durchschnittlich 22 Grad Celsius unter Glas“, sagt Pieter Wijnen Mitgründer von Square Crops. Wijnen gehört zu den Anwendern, die auf dem Expertenforum der GEO-T Expo in der Messe Essen am 13. November von ihren positiven Erfahrungen berichten.

„Vorher wurden im Schnitt 35 Kubikmeter Erdgas pro Quadratmeter verbraucht, die wir jetzt durch Geothermie ersetzten. Dafür sind pro Hektar und Stunde etwa acht Kubikmeter heißes Thermalwasser notwendig“, erklärt er. Umgerechnet will der Gemüseanbaubetrieb so 17 Millionen Kubikmeter Erdgas und 30.000 Tonnen Co2 einspa-ren. Das notwendige Thermalwasser kommt aus knapp 2000 Metern durch zwei Bohrlöcher aus der Tiefe und gelangt mit 80 Grad Celsius in einen Wärmetauscher. In diesem befindet sich wiederum ein Medium, das schon bei sehr geringen Temperaturen seinen Siedepunkt erreicht und so die notwendige thermische Energie bereitstellt. Danach wird das abgekühlte Wasser durch eine dritte Bohrung wieder in die unterirdische Thermalwasserquelle geleitet.

Bei diesem Prozess fördern die Pumpen knapp 250 Kubikmeter heißes Wasser die Stunde. In den Kreislauf hat Wijnen knapp zehn Millionen Euro investiert, die sich in spätestens 15 Jahren rechnen sollen. Obwohl sich an kalten Tagen und im Winter automatisch sogenannte Energieschirme über die Glasdächer legen, ist der Wärmebedarf mit einem Wort enorm, weil Paprika am besten unter Einfachverglasungen gedeihen.

„Im Sommer sind es schon einmal 4,8 Megawattstunden Wärme, weil die Pflanzen auch nachts viel Hitze benötigen. Im Winter sind es in 24 Stunden über 30 Megawattstunden“, sagt er. Weil die Unterglasbranche in Holland zu den bedeutenden Wirtschaftszweigen zählt, erhalten Glashausbetreiber wie Square Crops Zuschüsse für energiesparende Innovationen und den Einsatz erneuerbarer Energien. Damit will der niederländische Staat die Treibhausgasemissionen in der Branche senken.

Rund um Venlo setzen bereits sieben Gartenbaubetriebe auf die Geothermie und es gibt diverse Anträge für weitere Bohrungen. Von diesen Zahlen können deutsche Gartenbaubetriebe nur träumen. „In Deutschland gibt es nicht diese riesigen Gewächshauscluster, die eng beieinander stehen oder eine exponierte staatlich Förderung. Das lässt sich natürlich nicht vergleichen. Dennoch gibt es einen großen Bedarf an Kosteneffizienz in Gewächshäusern. Dazu laufen Forschungsprojekte, bei denen auch die Geothermie eine wichtige Rolle spielt“, sagt Gabriele Harring, von der Geschäftsführung des Bundesverband Zier-pflanzen. Ein solches Projekt ist das energieautarke Gewächshaus, das Prof. Dr. Horst Rüter von der Harbour Dom GmbH auf dem Expertenforum vorstellen wird.

Die Pilotanlage der EnBW AG bei Lörrach auf einem Demeterhof hat zwar nur 78 Quad-ratmeter, dafür soll sie aber komplett ohne fossile Brennstoffe auskommen. Hierzu nutzen die Wissenschaftler Erdwärmesonden, einen unterirdischen Wärmespeicher und spezielle Kunststofflinsen auf dem Dach, die die Sonnenstrahlen auf Leitungen lenken und das darin fließende Wasser erhitzen.

„Die Kunststofflinsen werden über Motoren der Sonne nachgeführt. Im Prinzip funktioniert alles und es ist möglich, Pflanzen nachhaltig in einem autarken Gewächshaus anzubauen“, sagt Rüter. Gleich in großem Stil will hingegen die Gemüsebau Steiner GmbH 2014 mit ihren „Chiemgautomaten“ starten. Das österreichische Unternehmen hat im bayrischen Kirchweidach bereits damit begonnen, ein 11,2 Hektar großes Gewächshaus für den Anbau von Tomaten zu errichten. Das 127 Grad Celsius heiße Thermalwasser für die Beheizung kommt aus einer über 5000 Meter tiefen Bohrung.

„Neben der Gemeinde ist der Gemüsebaubetrieb der Hauptkunde für die Geoenergie Bayern GmbH. Für deren Bedarf erzeugt die Gesellschaft vorwiegend Wärme und nutzt das restliche Potenzial zur Stromproduktion mit Dampfturbinen. Gleichzeitig ist es das bisher größte deutsche Gewächshausprojekt in Deutschland, welches die Geothermie nutzt.

Ähnlich wie Square Crops in Holland kann auch der Gemüsebau Steiner mit damit werben, dass die Tomaten ohne Co2 produziert werden. Die Ernte der Nachtschattengewächse soll zudem Importware auf den regionalen Märkten ersetzen und lange Transportwege überflüssig machen. Für Waldemar Müller-Ruhe vom Bundesverband Geothermie ist diese Form der Wärmenutzung ein durchaus schlüssiges Konzept.

„Ich hoffe, dass die Investoren in Kirchweidach und Holland ihre Wettbewerbsvorteile nutzen können und so das Interesse steigt“.

 

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