Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Sie sind die Lebensgrundlage von Millionen Menschen: Natürliche Grasländer bilden das größte multifunktionale terrestrische Ökosystem. Vieh und Wildtieren bieten sie Nahrung, sie stabilisieren das Klima und bergen enormen Artenreichtum. Doch vor allem der Mensch, durch die Ausdehnung landwirtschaftlich genutzter Flächen und die Ausbreitung der Städte, sowie der Klimawandel bedrohen diese wichtigen Ökosysteme.

UN-Welternährungstag

In einem Kolloquium an der Universität Hohenheim heute am 16. Oktober 2015 anlässlich des Welternährungstages beleuchten Experten die Probleme, Herausforderungen, Gefahren und Chancen für natürliche Grasländer und wie künftige Generation sie nachhaltig nutzen können.

Grasländer sind die größten terrestrischen Ökosysteme, sie bedecken rund 20 Prozent der Erdoberfläche. Campos, Savanne oder Prärie bilden nicht nur die Lebensgrundlage für Millionen von Menschen – sie binden auch Kohlendioxid und stabilisieren so das Klima, und sie zeichnen sich durch eine große biologische Vielfalt aus.

„Mit all diesen Funktionen kommt dem Ökosystem Grasland in vielerlei Hinsicht eine hohe Bedeutung zu“, meint Prof. Dr. Folkard Asch, Agrar-Experte im Bereich Tropen und Subtropen an der Universität Hohenheim. „Die großen Herden wild lebender Tiere etwa sind hier zuhause. Und es bietet einen reichen Fundus an Wildpflanzen, auch für medizinische Anwendungen.“

Doch der steigende Bevölkerungsdruck sowie die steigende Nachfrage nach Nahrung und Energie bedrohen den Bestand der Graslandsysteme dramatisch. Anlässlich des UN-Welternährungstages lädt das Food Security Center der Universität am Freitag, den 16. Oktober 2015, renommierte Experten wie Dr. Klaus von Grebmer, Dr. Florian Leiber, Mathias Mogge oder Daoud Abkula als Redner zum jährlichen Kolloquium ein, um die aktuelle Situation zusammenzufassen und zu diskutieren.

In diesem Rahmen skizzieren die Hohenheimer Professoren Folkard Asch, Regina Birner, Hans Konrad Biesalski und Uta Dickhöfer einen interdisziplinären Ansatz, der verschiedenen Anforderungen Rechnung trägt und Antworten auf drängende Zukunftsfragen zu geben versucht.

Tierproduktion ohne Nahrungskonkurrenz mit dem Menschen

Permanente Grasländer sind dauerhaft durch eine seminatürliche Grasfläche bewachsen. Weidetiere wie Schafe, Rinder, Ziegen oder Kamele können das als Nahrungsquelle nutzen. „Tierproduktion ist immer dann zur Ernährungssicherung sinnvoll, wenn die Tiere das fressen, was wir Menschen nicht essen können“, erklärt Prof. Dr. Asch.

Die Tiere fressen die Nettoprimärproduktion der Flächen, so der Experte. Darüber würden sie quasi zum Sonnenenergiesammler. „Sie wandeln gewissermaßen Sonnenenergie in Protein um – und das ist eine sinnvolle und nachhaltige Nutzung.“

Grasländer durch Agrarflächen und Städte bedroht

Die Herden können wandern, so dass sie sich immer dort aufhalten wo genügend Nahrung vorhanden ist. Das ist grundsätzlich ein Vorteil – kann jedoch zum Problem werden: „Die Wanderpfade der Herden werden immer weiter eingeengt, da sich die Agrarflächen ebenso ausdehnen wie die Städte“, mahnt Prof. Dr. Asch. Es drohe eine Verbuschung des Landes.

Jeder Umbruch des Graslandes zu Ackerland setze erhebliche Mengen klimarelevanter Spurengase frei. „Bei Grasland in den Tropen sind rund 20 bis 30 Prozent der Biomasse unterirdisch fixiert. Diese Kohlenstoffspeicher gehen bei einer Umnutzung verloren“, so der Experte.

Außerdem nutzt der Ackerbau den Boden nur saisonal. „In den Tropen besteht bei Brachen die Gefahr von Wind- und Wassererosion“, erläutert Prof. Dr. Asch. Daher sei Ackerbau im Gegensatz zur Weidenutzung der Grasflächen dort oft nicht nachhaltig.

Ein Wegfall der Grasländer wäre klimaschädlich, würde die Biodiversität beeinträchtigen und auch die Sozialstrukturen der dort lebenden Menschen verändern. „Um dauerhaft und nachhaltig den Lebensunterhalt vieler Menschen zu sichern, müssen die Grasländer geschützt werden“, schlussfolgert Prof. Dr. Asch.

Hintergrund: World Food Day Colloquium des Food Security Centers (FSC)

Das Food Security Center (FSC) ist eines von fünf Exzellenzzentren des vom DAAD und BMZ geförderten Programms „exceed – Higher Education Excellence in Development Cooperation“. Es bündelt die Kompetenzen der Universität Hohenheim im Bereich der globalen Ernährungssicherung sowohl in der Forschung als auch in der Lehre.

Das englischsprachige Kolloquium zum UN-Welternährungstag wird in diesem Jahr zum fünften Mal vom FSC veranstaltet. Es greift jedes Jahr ein anderes Thema aus dem Bereich Ernährungssicherung auf, um den internationalen wissenschaftlichen Diskurs zu drängenden Zukunftsfragen zu fördern.

Ein Höhepunkt der diesjährigen Veranstaltung ist die Verleihung des Justus von Liebig-Preises für Welternährung durch die Stiftung fiat panis an das Forscherehepaar Drs. Weltzien-Rattunde.

Klaus von Grebmer vom International Food Policy Research Center (IFPRI) stellt den diesjährigen Global Hunger Index vor. Florian Leiber vom schweizerischen Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL) setzt sich kritisch mit der landwirtschaftlichen Nutzung von traditionellen Graslandsystemen auseinander. Mathias Moggevon von der Deutschen Welthungerhilfe präsentiert die Sicht einer der größten deutschen Nichtregierungsorganisation zu der Veranstaltungsthematik. Daoud Abkula vom International Institute for Environment and Development referiert als lokaler Experte aus Kenia. Fünf Doktoranden der Universität Hohenheim und des Bonner Zentrums für Entwicklungsforschung stellen ihre Arbeiten vor und verdeutlichen schlaglichtartig aktuelle Forschungsfragen.

Hintergrund: Der Welternährungstag (World Food Day)

Der von den Vereinten Nationen eingeführte Welternährungstag findet seit 1979 jedes Jahr am 16. Oktober statt. Er erinnert an den Gründungstag der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations – FAO), die am 16. Oktober 1945 in Quebec (Kanada) ins Leben gerufen wurde. Die FAO ist die größte Sonderorganisation der Vereinten Nationen und hat ihre Zentrale in Rom.

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