Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Bereits seit Mitte letzten Jahres arbeiten im Kreis Warendorf viele Behörden, Organisationen und Institute zusammen daran, ein tragfähiges Konzept zur Integration von geflüchteten Menschen zu entwickeln und umzusetzen. Vorrangiges Ziel ist es, Flüchtlingen, die eine gute Perspektive haben, dauerhaft in der Region zu bleiben, die Möglichkeit zu geben, eine Beschäftigung aufzunehmen und sich so eine Zukunft aufzubauen.

v.l.n.r.: Johannes Frizen: Präsident LWK NRW, Christoph Lau: Verbandsgeschäftsführer VGL NRW, Joachim Fahnemann: Vors. D. Geschäftsführung Agentur für Arbeit Ahlen-Münster, Andrea Elisa Schütte, Björn Plaas, Pia von Steegen: DEULA, Reinhard Schulze-Tertilt: Präsidium VGL NRW, Peter Hettlich, Abteilungsleiter im MKULNV (Foto: DEULA)

Damit das gelingt, ist es wichtig diese Menschen an die Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt heranzuführen, ihnen Bildung und Qualifizierung zu ermöglichen. Die DEULA Westfalen Lippe in Warendorf sieht sich als Träger für berufliche Bildung hier in besonderer Verantwortung. In enger Kooperation haben deshalb jetzt die DEULA, der Verband Garten- und Landschaftbau NRW (VGL), die Agentur für Arbeit Ahlen-Münster sowie das Jobcenter des Kreises Warendorf ein einzigartiges Qualifizierungsangebot entwickelt und an den Start gebracht.

Am 4. April 2016 beginnt das 11-monatige Seminar „Welcome to WiN“, das zunächst bis zu 20 Flüchtlinge und Migranten auf eine berufliche Tätigkeit oder Ausbildung in den „grünen“ Berufen vorbereitet. Dort sind inzwischen Teilnehmer aus 6 Ländern (Syrien, Afghanistan, Irak, Iran, Erithrea und Nigeria) angemeldet. Der Altersdurchschnitt der Teilnehmer liegt bei 26 Jahren. Inhalte des Seminars sind die Vermittlung der deutschen Alltags- und Berufssprache, fachliche Unterweisungen im Garten- und Landschaftsbau, orientierende und interkulturelle Themen sowie ein Praktikum in ausgewählten Betrieben. Um den besonderen Herausforderungen Rechnung zu tragen, hat sich die DEULA Projektleitung für das Seminar intensiv auf die Anforderungen der Flüchtlinge vorbereitet, vom Dolmetscher über die Küche bis zu Fragen des Umgangs mit deren Religion.

„Das Besondere und Ermutigende an diesem Ausbildungskonzept ist die Tatsache, dass den Absolventen dieses Seminars eine berufliche Perspektive gegeben werden kann“, lobt Peter Hettlich, Abteilungsleiter im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. In Zusammenarbeit mit dem Verband Garten- und Landschaftbau NRW konnten bereits jetzt für alle potenziellen Teilnehmer Praktikumsplätze bei Betrieben akquiriert werden, die sich vorstellen können, die Flüchtlinge bei grundsätzlicher Eignung im Anschluss an das Praktikum als Arbeitskräfte oder Auszubildende zu übernehmen. „Viele Betriebe in Land- und Forstwirtschaft sowie im Garten- und Landschaftsbau haben bereits jetzt Mühe, gut ausgebildete Fachkräfte zu finden.

Insbesondere die Suche nach Auszubildenden wird mit sinkenden Schülerzahlen zunehmend schwierig“, berichtet Joachim Fahnemann, Leiter der Agentur für Arbeit Ahlen-Münster. „Deshalb ist es sinnvoll, in die Ausbildung und Qualifizierung von geflüchteten Menschen zu investieren, die sich eine berufliche Perspektive in einem grünen Beruf vorstellen können. Wir freuen uns, dass mit dem Konzept „Welcome to WiN“ ein rundes Qualifizierungspaket auf den Weg gebracht wird“, so Fahnemann. Das sieht auch Johannes Frizen, Präsident der Landwirtschaftskammer NRW, so: „Land- und Forstwirtschaft sowie der Garten- und Landschaftsbau sind wichtige Wirtschaftsfaktoren für die Region. Deshalb ist es wichtig, innovative Konzepte umzusetzen, um den Fachkräftebedarf zu sichern. Viele Flüchtlinge bringen aus ihren Heimatländern bereits Vorerfahrungen aus dem landwirtschaftlichen Bereich mit. Es ist äußerst sinnvoll, auf diese Kenntnisse aufzubauen, um den Menschen eine neue berufliche Zukunft zu ermöglichen“.

Das Seminar ist in 6 Module unterteilt, von der sprachlichen Qualifizierung bis zur beruflichen Praxis. Die zielgerichtete und marktgerechte Konzeption des Projektes definiert die Zielgruppe: „Wir richten uns mit unserem Angebot an Teilnehmer, die sich freiwillig für dieses Seminar melden, einen Bezug zur oder ein Interesse an der grünen Branche haben und – keine Selbstverständlichkeit – das lateinische Alphabet beherrschen“, erläutert Björn Plaas, Geschäftsführer der DEULA und ergänzt: „Mit Abschluss der Qualifizierung sind die Teilnehmer dann gut für den Arbeitsmarkt gerüstet, denn sie erwerben mit dem Seminar anerkannte Zertifikate zu ihrer Sprachqualifikation sowie zu ihrer beruflichen Weiterbildung“.

Während des gesamten Seminars, während des Praktikums und auch nach dem Übergang in Arbeit oder Ausbildungen steht den Flüchtlingen neben Sprach- und Fachdozenten Pia von Steegen von der DEULA als Integrationscoach zur Verfügung. Sie betreut die Teilnehmer individuell, unterstützt und stabilisiert, und steht auch den Betrieben als Ansprechpartner zur Seite. Sie sieht sich als Schnittstelle zwischen den Flüchtlingen/Teilnehmern und allen anderen Stellen, die helfen können: Ausländeramt, Ärzte, Arbeitgeber, Lehrer, soziale Einrichtungen. Selbst nachdem die Teilnehmer zu ihren zukünftigen Arbeitgebern gewechselt sind, wird Pia von Steegen sie und ihre künftigen Arbeitgeber weiter begleiten und ihnen auf Wunsch Hilfestellung bei Fragen im beruflichen Alltag geben. „Das ist aus unserer Sicht ein wichtiges Element, damit eine langfristige Integration in den Beruf gelingen kann“, sagt Brigitte Klausmeier, Amtsleiterin des Jobcenters Kreis Warendorf.

„Unsere Mitgliedsbetriebe unterstützen das neuartige Seminar sehr gerne, stellen Praktikumsplätze zur Verfügung und investieren in die Aus- und Weiterbildung der Teilnehmer“, so Reinhard Schulze-Tertilt vom Präsidium des VGL. „Denn erfolgreich sind wir nur, wenn alle Partner am Arbeitsmarkt eng zusammenarbeiten und gemeinsam neue Wege ausprobieren. So haben alle beteiligte Institutionen daran mitgewirkt, das Konzept inhaltlich, rechtlich und finanziell abzusichern. Mit dem Konzept „Welcome to WiN – Work in Nature“ wollen sie einen Beitrag dazu leisten, dass die Menschen, die auf der Suche nach einem besseren und sicheren Leben aus ihrer Heimat geflohen sind, sich im Kreis Warendorf eine Zukunft aufbauen und so mittel- und langfristig auch am Erfolg der Region mitwirken.

 

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