Die Begriffe „Stadt“ und „Natur“ bezeichnen eigentlich zwei konträre Lebenswelten: Während die Stadt als Kulturraum gilt, der geprägt ist von hoher Wohndichte, Gebäuden, Straßen, Hektik etc., steht Natur eher für das Ursprüngliche, Ruhige, Beschauliche. Im Sinne dieses Gegensatzes war die mittelalterliche Stadt eine weitestgehend pflanzenfreie Zone - jenseits der Stadttore gab es Landwirtschaft und Wald. Heute jedoch ist das Miteinander beider Lebenswelten der Normalfall: eine Stadt ohne Parks und Gärten ist heute nicht mehr denkbar.
Spätestens seit dem Beginn des Industriezeitalters und dem damit einhergehenden starken Wachstum der Städte wurde offensichtlich, dass die Menschen Freiräume, insbesondere öffentlich zugängliche Parks und Grünflächen, benötigen. Als man in England um 1840 begann, „public parks“, also Parks für die Öffentlichkeit zu planen, wurden diese angelegt, um den Menschen Ausgleichsräume zu beengten Wohnsituationen, vor allem Flächen für spielerisch-sportliche Betätigung, aber auch für direktes Naturerleben anzubieten. Wohlbemerkt, Naturräume im eigentlichen Sinne waren diese Parks nicht, sie waren geplant und wurden gepflegt, außerdem waren viele Bereiche nicht zugänglich, „Betreten der Rasenfläche verboten!“. Heute zeigt sich an jedem sonnigen Tag, wie intensiv die Bürgerschaft, insbesondere Menschen, die keinen privaten Garten haben, die öffentlichen Parks nutzen.
„Viele Menschen nehmen die öffentlichen Grünflächen ihrer Stadt als selbstverständlich an und wissen gar nicht, welche Anstrengungen Kommunen unternehmen, um sie zu pflegen und weiter zu entwickeln“, resümiert Markus Guhl, Hauptgeschäftsführer des Bund deutscher Baumschulen (BdB) e.V. und Mitglied des Vorstands der Stiftung DIE GRÜNE STADT.
„Unsere Betriebe, die Bäume und Sträucher auch für Städte und Gemeinden produzieren, stehen den lokalen Verantwortlichen in der Kommunalpolitik und Verwaltung zur Seite, wenn es darum geht, die Öffentlichkeit über den Wert des öffentlichen Grüns zu informieren und zu sensibilisieren.“
Aktuell sind mehrere neue Studien und Forschungsergebnisse veröffentlicht worden, die für Kommunen wie die grüne Branche wichtige Daten liefern.
Aktuelle Naturbewusstseinsstudie
In der Ende April vom Bundesumweltministerium veröffentlichten Naturbewusstseinsstudie wurden die Menschen erstmals auch speziell zum Thema „Stadtnatur“ befragt: 94 Prozent sind der Meinung, Natur solle möglichst in allen Teilen der Stadt zugänglich sein. Besonders wichtig sind ihnen öffentliche Parks (97 Prozent) und grüne Straßenränder (94 Prozent) – aber auch begrünte Gebäude werden von einer großen Mehrheit geschätzt (73 Prozent). Markus Guhl stellt einen wachsenden Graben zwischen der Erwartungshaltung der Bürger und den Möglichkeiten der Kommunen fest: „In allen Befragungen der letzten Jahre bestätigt sich, dass die Deutschen großen Wert auf ein grünes Lebensumfeld legen. Insbesondere jetzt im Frühjahr werden die Parks und Gartenanlagen von den Bürgern sehr intensiv genutzt. Umso erstaunlicher, dass die Grünetats in vielen Kommunen weiterhin unter erheblichen Sparzwängen leiden und es offensichtlich am politischen Willen mangelt, die Kosten des öffentlichen Grüns entsprechend den tatsächlichen Leistungen zu tragen.“
Auch Helmut Selders, Präsident des BdB, begrüßt die vielfältigen Forschungsprojekte und Studien, die das BMUB im Thema „Grün in der Stadt“ flankierend zum Weißbuchprozess in Auftrag gibt. „Wir brauchen die wissenschaftliche Fundierung, damit die Debatte um die grüne Stadtentwicklung mit starken Argumenten untermauert wird. Die Anlage und Pflege von öffentlichen Grünflächen sollten unseres Erachtens in Zukunft nicht mehr freiwillige Aufgabe der Kommunen sein, sondern Pflichtaufgaben. Wenngleich der Ausbau der Städtebauförderung des BMUB ausdrücklich auch das Grün in den Städten zum Schwerpunkt macht, kann dies langfristig nicht die Lösung sein. Die Städte und Gemeinden müssen in die Lage versetzt werden, in eigener Verantwortung ihre Grünflächen auch ohne Bundesmittel weiterentwickeln zu können.“