Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Theresia Hirschbeck, 26, arbeitet seit Mai 2016 als Willkommenslotsin beim Verband Garten- und Landschaftsbau Bayern e. V. (VGL Bayern). Die studierte Landschaftsarchitektin unterstützt die Verbandsmitglieder bei der betrieblichen Integration von Flüchtlingen - beispielsweise im Rahmen eines Praktikums, einer Ausbildung oder eines Arbeitsplatzes. Damit leistet der VGL Bayern einen wichtigen Beitrag zur Nachwuchs- und Arbeitskräftesicherung im Garten- und Landschaftsbau. Gefördert wird das Programm Willkommenslotsen durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

Theresia Hirschbeck, seit Mai 2016 Willkomenslotsin im Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Bayern e. V.

Theresia Hirschbeck im Gespräch mit Flüchtlingen während der Fachmesse

Bereits seit November 2014 engagiert sich Theresia Hirschbeck ehrenamtlich für die Integration von Flüchtlingen innerhalb der Organisation Hilfe von Mensch zu Mensch e. V. in Freising. Schwerpunkte der Tätigkeiten umfassen die Leitung von Sprachkursen, die Organisation von interkulturellen Veranstaltungen sowie die Begleitung der Flüchtlinge zu wichtigen Terminen. Erste Kontakte zum VGL Bayern ergaben sich auf der Landesgartenschau in Deggendorf 2014, bei der die Willkommenslotsin die Ausstellung des Bayerischen Umweltministeriums betreute.

Frau Hirschbeck, was hat Sie dazu bewogen, sich innerhalb des VGL Bayern als Willkommenslotsin zu engagieren?

Theresia Hirschbeck:

Durch die positive Aufnahme und die Förderung zugewanderter Menschen können wir einen nachhaltigen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Denn es ist genauso wichtig, zu-verlässige Mitarbeiter zu finden und zu binden, wie für Geflüchtete passende Ausbildungs- und Arbeitsplätze bereitzustellen. Viele Firmen schrecken vor den bürokratischen Hürden bei der Einstellung eines Aslysuchenden jedoch zurück oder finden schlichtweg - herkunftsunabhängig - keine neuen Mitarbeiter. Deshalb halte ich es für sehr wichtig, dass der Verband eine koordinierende, zentrale Anlaufstelle geschaffen hat, die Firmen bei der Integration von Flüchtlingen unterstützt. Das erleichtert die gesellschaftliche Anerkennung der Flüchtlinge und stellt gleichzeitig eine große Chance für die Nachwuchssicherung im GaLaBau dar.

Wie sieht Ihre Hilfestellung für die im VGL Bayern organisierten GaLaBau-Fachbetriebe aus?

Theresia Hirschbeck:

In erster Linie berate und unterstütze ich die Mitgliedsunternehmen darin, ihre potentiellen Fachkräfte von morgen unter den Geflüchteten zu finden und diese erfolgreich in den Betrieben zu integrieren. Dies schließt auch Fragen zu rechtlichen Grundlagen sowie Förderungsmöglichkeiten ein. Um mir jedoch zuallererst einen Überblick über das grundsätzliche Interesse der Betriebe zu verschaffen, habe ich im Mai eine Umfrage unter den VGL-Mitgliedern durchgeführt.

Wie waren die Ergebnisse der Befragung?

Theresia Hirschbeck:

Mehr als die Hälfte der befragten Mitglieder sind bereit, eine geflüchtete Person zu beschäftigen. Rund drei Viertel der Firmen steht einem Orientierungspraktikum offen gegen-über. Für diese Betriebe stelle ich den Kontakt zu geeigneten Flüchtlingen her und kläre sie über deren Arbeitsmarktzugang in Abhängigkeit des jeweiligen Aufenthaltsstatus auf. Sofern die Betriebe bereits konkrete Flüchtlinge im Auge haben, informiere ich über verwaltungstechnische Abläufe und unterstütze alle Beteiligten bei der betrieblichen Integration. Die häufigsten Fragen werden auf unserer Internetseite www.galabau-bayern.de, unter dem Reiter „Beruf und Karriere" anschaulich knapp beantwortet.

Wo liegen momentan die besonderen Herausforderungen in Ihrer Arbeit?

Theresia Hirschbeck:

Es ist nicht immer einfach, vor Ort geeignete Personen zu finden. Deshalb ist für mich vor allem die Vernetzung mit weiteren Akteuren in der Flüchtlingsarbeit wichtig. Gerade Schulen stellen ideale Kooperationspartner dar. Sie kennen meist nicht nur die Berufswünsche ihrer Schüler, sondern können auch beurteilen, wessen Deutschkenntnisse bereits für ein Praktikum und gegebenenfalls eine anschließende, möglicherweise geförderte, Ausbildung ausreichen.

Gibt es hierfür konkrete Erfolgsbeispiele?

Theresia Hirschbeck:

Das Staatliche Berufliche Schulzentrum Lindau hat für die Rudolf Börner Garten- und Landschaftsbau GmbH einen Kandidaten in ihren Berufsintegrationsklassen gefunden, der gerne in unserer Branche arbeiten möchte. Hier kann der Schüler in zweiwöchigen Blöcken die Berufspraxis kennenlernen. Außerdem möchte in dem Betrieb Garten- und Landschaftsbau prima-verde in Regensburg ein junger Mann sein Schulpraktikum beginnen. In diesem Fall ist ein Praktikumstag pro Woche vorgesehen. An den übrigen Tagen besucht er regulär den Unterricht.

Und was haben die Betriebe davon?

Theresia Hirschbeck:

Der Vorteil für die Firmen liegt auf der Hand: Sie können die Jugendlichen ohne nennenswerten Verwaltungsaufwand oder Kosten über einen längeren Zeitraum kennenlernen. Wenn beide Seiten einverstanden sind, kann das Praktikum in der Regel während des kompletten Schuljahres bei einem einzigen Unternehmen absolviert werden. Auf diese Weise wird der Schüler bestens auf eine Ausbildung im Folgejahr vorbereitet. Alternativ kann er auch über mehrere kurze Praktika in verschiedene Berufe hineinschnuppern.

Gibt es – neben Ihrer Zusammenarbeit mit Schulen – noch andere Wege wie Sie Flüchtlinge vermitteln?

Theresia Hirschbeck:

Selbstverständlich, sonst wäre unsere Auswahl an Flüchtlingen sehr eingeschränkt. Denn leider haben die Schulen nicht genügend Kapazitäten, um allen Berechtigten einen Zugang zur Berufsschule zu ermöglichen. Außerdem gibt es viele Flüchtlinge, die die Altersgrenze bereits überschritten haben. Um diese Personenkreise nicht vom GaLaBau auszuschließen, ist der Kontakt zu regionalen Helferkreisen besonders wichtig.

Über diesen Weg hat beispielsweise die Firma Garten- und Landschaftsbau Alfred Hagn in Frickenhausen einen Praktikanten gefunden. Auch die Maßnahmenträger der Arbeitsagenturen wie die Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) oder die Kolping-Akademie gehören zu unseren engsten Netzwerk-Partnern. Dort erhalten Flüchtlinge bayernweit intensiven Sprachunterricht und werden über verschiedene Maßnahmen auf die Berufswelt vorbereitet. Deshalb brauchen die Berufsbildungszentren stets Unternehmen, in denen die Teilnehmer praktische Erfahrungen sammeln können und eine Perspektive auf längerfristige Beschäftigung erhalten.

Darüber hinaus arbeite ich mit dem Bayerischen Flüchtlingsrat, mit dem Netzwerk „FiBA - Flüchtlinge in Beruf und Ausbildung" zusammen. Und dann gibt es noch den Verein „Tür an Tür" in Augsburg, der seit 2005 verschiedene Projekte zur Unterstützung und Förderung von Flüchtlingen und Personen mit Migrationsgeschichte koordiniert und initiiert.

 

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