Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Am 24. November 2016 folgten 130 Studierende der Agrarwissenschaften der Einladung des Hochschulteams Göttingen der Jungen DLG, um über die Chancen und Risiken der digitalen Landwirtschaft zu diskutieren. Die Referenten Thinus Glitz vom Unternehmen 365FarmNet in Berlin, Dr. Wolfgang Schneider vom Dienstleistungszentrum ländlicher Raum in Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz), Dr. Christian Halm von den Rechts- und Fachanwälten Halm & Preßer in Neunkirchen (Saarland) und Landwirt Karl Christian Koehler aus Siestedt (Sachsen-Anhalt) lieferten mit ihren Impulsvorträgen Input für eine lebendige Diskussion.

Hochschulteams Göttingen

Digitalisierung in der Landwirtschaft (Fotos: Junge/DLG)

Die Digitalisierung ist aus der Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken, und der Informationsbedarf ist groß. Dies zeigten die Ergebnisse eines Live Votings, Abstimmung via Smartphone, zur Meinungsabfrage in Echtzeit während der Vorträge durch die Veranstaltungsteilnehmer. Fast drei Viertel von ihnen stammt von einem landwirtschaftlichen Betrieb und hat bereits mit Smart Farming-Instrumenten gearbeitet.

Karl Christian Koehler berichtete zum Einstieg über den Einsatz der digitalen Technik auf seinem Ackerbaubetrieb. Vom Parallelfahrsystem über Section Control und Ertragskartierung bis zum Körnerzählwerk in der Drillmaschine – auf Koehlers Flächen laufen viele Prozesse digital. Der Einsatz resultiert laut Koehler in Kostenersparnissen, steigenden Erträgen und besseren Qualitäten.

„Problematisch ist, dass die Landmaschinenhersteller unterschiedliche Software einsetzen“, bemerkte Koehler, die nicht immer kompatibel seien. Zudem erfordere die Auswertung der erhobenen Daten einiges an „Handarbeit“, da eine automatische Verarbeitung bisher nicht möglich ist. Eine wichtige Voraussetzung für den Einsatz von Smart Farming-Instrumenten seien zudem computeraffine Mitarbeiter, so Koehler. „Natürlich wird auch jeder Bearbeitungsfehler dokumentiert“, wies der Landwirt auf die Tücken der Technik hin. Das könne einen Landwirt schon mal‘ ein ganzes Jahr ärgern. Problematisch sieht Köhler vor allem die Datensicherheit, die Gefahr eines Virus in der Technik sowie das Ausfallrisiko.

Das Thema Datensicherheit beschäftigt auch Thinus Glitz von 365 FarmNet. „Die Speicherung von Daten auf privaten Rechnern ist sehr viel unsicherer, als wenn die Daten auf Servern von entsprechend ausgerüsteten Unternehmen gelagert werden“, erklärte er seinen Standpunkt. Daten seien ein großes betriebliches Kapital, das bisher noch kaum genutzt wird. Praktikern, die digitale Technik einsetzen wollen, rät er, sich genau über die Anbieter zu informieren. Beispielsweise sollte geprüft werden, ob der Server des Unternehmens in Europa steht, ob der Anbieter in der Branche etabliert ist und ob die Daten weiterhin dem Landwirt gehören. Bezogen auf die Landwirtschaft sei „das Smartphone die größte Revolution seit dem Dampfpflug“ und die gesamte Branche bereits mitten in der digitalen Welt. Und diese biete Landwirten zahlreiche Chancen: Neben einer höheren Effizienz und der Prozessoptimierung würden durch den Einsatz erstmals globale Sortenversuche möglich, so dass durch die Bereitstellung der einzelbetrieblichen Daten ein branchenumfassender Mehrwert erzielt werden könne, so Glitz.

Dr. Wolfgang Schneider sieht die zentrale Speicherung von Betriebsdaten hingegen kritisch, wenngleich er sich selbst nicht als Gegner der Digitalisierung beschreiben würde. „Wer die Daten hat, hat die Wertschöpfung“, meinte Schneider. Besonders fürchtet er, dass die vor- oder nachgelagerten Bereiche durch Kenntnisse der Daten ihre Macht in Preisverhandlungen erhöhen könnten. „Landwirte müssen aufpassen, wo ihre Daten zusammengeführt werden“, warnte Schneider. Auch die Zuhörer sprachen sich überwiegend für eine dezentrale Speicherung aus und denken, dass eher die Industrie als der Landwirt von der Digitalisierung profitiert.

Der Fachanwalt Dr. Christian Halm gab zu bedenken, dass das Bundesdatenschutzgesetz lediglich für personenbezogene Daten gilt, jedoch nicht für beispielsweise Maschinendaten. „Sensible Betriebsdaten sind dennoch durch die EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen geschützt“, erklärte der Anwalt. Auch er sieht die Daten als Wettbewerbsvorteil, den die Landwirte für sich schützen sollten. Aus seiner Tätigkeit in einem Maschinenring sieht Halm noch einen weiteren Vorteil der Digitalisierung: „Wir haben unsere Maschinen mit GPS ausgestattet. Während ein Grubber vorher in drei Tagen auf etwa zehn Hektar im Einsatz war, schafft er nun deutlich mehr“, schmunzelte Halm.

Nach den Impulsvorträgen wurde vor allem das Thema Datensicherheit kontrovers diskutiert. Während Rechtsanwalt Halm durch die Digitalisierung eher eine höhere Kontrolle der Landwirte durch die Behörde erwartet, sieht Glitz die kontinuierliche Dokumentation als Chance. „Durch die Aufzeichnungen kann man auch nachweisen, dass man korrekt entsprechend der Vorgaben gearbeitet hat“, erklärte er. In den USA, die hinsichtlich der digitalen Landwirtschaft weiter seien als Deutschland, wurde die Beratung bereits ins Internet verlagert, so Glitz. Nachdem die Risiken und Chancen ausgiebig diskutiert wurden, fällt das Urteil der Studierenden zugunsten der Digitalisierung aus: Etwa drei Viertel bewerteten die Entwicklung als positiv für die Landwirtschaft.

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