Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Der Erwerbsgartenbau der Länder Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern führte am 1. März seinen 10. Norddeutschen Gartenbau in Hamburg durch und stellte dabei die politischen Forderungen der Branche im Wahljahr 2017 in den Mittelpunkt.

GVN-Präsident Andreas Lohff (re.) dankte Staatsrat Dr. Rolf Bösinger, Wirtschaftsbehörde, für die Unterstützung des Hamburger Gartenbaus.

GVN-Präsident Andreas Lohff (li.) gratulierte Manfred Piepereit zur einstimmigen Wiederwahl als GVN-Schatzmeister. (Fotos: GVN, Dr. Schoppa)

Die Mitglieder bestätigten Manfred Piepereit, Hamburg, im Amt des GVN-Schatzmeisters. Piepereit ist Inhaber eines modernen Facheinzelhandelsbetriebs in Hamburg. Es ist Piepereits siebte Amtszeit im nördlichsten Gartenbau-Landesverband (Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern mit rund 300 Mitgliedsbetrieben).

„Positionen des Gartenbaues im Wahljahr 2017"

Andreas Lohff, Präsident Gartenbauverband Nord (GVN) e.V.

Lohff formulierte in seiner Ansprache vor rund 100 Mitgliedern und Gästen, Eckpunkte einer Gartenbaupolitik als Agenda des grünen Berufsstandes im Wahljahr 2017.

Lohff: „Die Produkte und Dienstleistungen des deutschen Gartenbaus stehen für Vielfalt, Emotionalität und Gesundheit. Die Unter-nehmen des Gartenbaus sind in der Regel kleine und mittelständische, familiengeführte Betriebe. Der Gartenbau hat vor allem im ländlichen Raum eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung und ist mit seinen Produktionssparten ein wichtiger Teil der Agrarwirtschaft. Insgesamt hat sich der Gartenbau in den letzten Jahren positiv entwickelt. Gleichwohl stehen die Betriebe vor enormen Herausforderungen. Ein andauernder gravierender Strukturwandel resultiert aus dem erheblichen Wettbewerbs- und Preisdruck auf die Branche.

Deswegen fordern die Gärtner in Norddeutschland und der deutsche Gartenbau von den neu gewählten Regierungen hier bei uns im Norden die Gestaltung von politischen Rahmenbedingungen, die die Zukunft der gartenbaulichen Produktion und Dienstleistung am Standort Norddeutschland/Deutschland sichern. Unsere Branche braucht Planungssicherheit und Zuverlässigkeit bei allen Gesetzgebungen.

1. Ländliche Räume fördern

Die Nachhaltigkeitsstrategie Produktionsgartenbau in Hamburg ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Marktgemeinschaft Blumengroßmarkt Hamburg, die Vierländer Frische und der Verbund Nordfreunde übernehmen eine Ausweitung der Vermarktung von Blumen und Pflanzen aus der Region. Ländliche Räume fördern heißt aber auch Gestaltungs- und Bewirtschaftungsspielräume für Gartenbau und Landwirtschaft zu erhalten. Vorratskäufe von Flächen durch die Hansestadt Hamburg beschleunigen den Flächenfraß weil diese entweder eine konventionelle Nutzung in einer neuen Verpachtung nicht mehr zulassen oder als spätere gewerbliche Erweiterungsflächen genutzt werden sollen oder für Ausgleichs- und Ersatzflächen gebraucht werden. Deshalb ist es unbedingt erforderlich das gemeinsame Clearingverfahren Agrarflächenmanagement so umzusetzen wie es das Agrarpolitische Konzept aus 2016 vorsieht.

2. Gesellschaftliche Wertschätzung gartenbaulicher Produktion steigern

Das Bild in der Gesellschaft von Gartenbau und Landwirtschaft entspricht schon länger nicht mehr der Realität. Deshalb fordert der ZVG von der neuen Bundesregierung, dass die Politik ihre kommunikativen Anstrengungen für ein realistisches Verbraucherbild von gartenbaulicher und land-wirtschaftlicher Produktion verstärkt. Die Erfindung neuer Bauernregeln ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg. Hier im Norden könnte die regelmäßige Durchführung von Landesgartenschauen das Verständnis für Gartenbauprodukte erheblich fördern.

3. Verbraucherschutz realistisch gestalten

Wir fordern daher von den neuen Regierungen in Landtag und Bundestag die Verbraucherschutzregelungen unter Ausrichtung am Leitbild des mündigen Verbrauchers so zu gestalten, dass sie den Verbrauchern hinreichend Schutz bieten und nicht zu unnötigen Kosten bei den Unternehmen führen.

4. Bürokratieabbau konsequent vorantreiben

Der Gartenbauverband fordert, den Bürokratieabbau durch konsequente Beachtung der Ziele aus dem europäischen Small Business Act (SBA) voranzutreiben, und so insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen Freiräume für Innovation und Wachstum zu schaffen.

5. Steuerpolitik mittelstandsfreundlich gestalten

Die Belastung kleiner und mittlerer Unternehmen durch Steuern und Abgaben sowie die negativen Auswirkungen durch Vorschriften der Steuerverwaltung sind erheblich. Hier gibt es erheblichen Handlungsbedarf z.B. bei der Grundsteuer, der Reform der Insolvenzverordnung sowie bei Vorsorgeleistungen als Schonvermögen.

6. Betriebliches Risikomanagement besser fördern

Gartenbaubetriebe sind einer Reihe von Risikofaktoren ausgesetzt, denen selbst mit größter unternehmerischer Sorgfalt und größtem Einsatz nichts entgegengesetzt werden kann. Hierzu gehören Witterungseinflüsse (Hagel, Sturm, Starkregen, Dürre, Trockenheit etc.), das Auftreten von Quarantäneschädlingen oder Schäden durch Belastung von Vorprodukten, die nicht zu erkennen sind. Aber auch die öffentliche Berichterstattung kann zu unabsehbaren Folgen für die Betriebe führen.

Erinnert sei hier z.B. an die EHEC-Krise, die insbesondere seinerzeit in Hamburg viele Betriebe an den Rand ihrer Existenz gebracht hat. Einige dieser Risiken sind versicherbar, andere nicht. Für einige Risiken wird auch auf europäischer Ebene an Lösungen gearbeitet, bei wieder anderen sind die Betriebe gänzlich allein gelassen. Dies alles verdeutlicht, dass die Anforderungen an die Betriebe im Risikomanagement steigen. Um hier für die Zukunft besser aufgestellt zu sein, bedarf es verschiedener Ansätze. Diese müssen auch von der Politik unterstützt werden.

7. Arbeitszeitregelung flexibel gestalten

Der Gartenbau fordert von der neuen Bundesregierung die Klarstellung im Arbeitszeitgesetz, dass die Ruhezeit zwischen Ende und Beginn der Arbeit unterschritten werden darf, wenn hierfür zusammenhängende längere Arbeitspausen eingehalten werden. Zudem ist die Abschaffung der strengen Tagesarbeitszeitgrenze und der Ersatz durch eine am betrieblichen Bedarf orientierte flexiblere Wochenarbeitszeitgrenze unabdingbar.

8. Zukunft des Pflanzenschutzes sichern

Gerade für die Vielfalt der kleinen gärtnerischen Kulturen fehlt es nach wie vor an einer ausreichenden Anzahl von Wirkstoffen bzw. von Pflanzenschutzmitteln, um auch weiterhin einen integrierten Pflanzenschutz zu gewährleisten und Resistenzen vorzubeugen. Die Harmonisierung des europäischen Pflanzenschutzmittelrechtes hat hier bislang nicht die erhoffte Wirkung gezeigt. Die Politik ist aufgefordert die Voraussetzungen zu schaffen, dass die bestehenden Möglichkeiten des Zulassungsrechts ohne Verzögerungen genutzt werden. Das heißt: Forcieren der gegenseitigen Anerkennung von Pflanzenschutzmitteln, Einhalten der Fristen im Rahmen der zonalen Zulassung und das Ziel des Nationalen Aktionsplans – der Verfügbarkeit von mindestens drei Wirkstoffen je Anwendungsgebiet – zu erreichen.

9. Klimawandel – Fordern und Fördern

Der Berufsstand fordert von den neuen Bundes- und Landesregierungen, das erfolgreiche Bundesprogramm Energieeffizienz in Landwirtschaft und Gartenbau nach seinem Auslaufen 2018 fortzusetzen und eine Torfminderungsstrategie aufzulegen, die mit gezielten Forschungsprogrammen alternative Ersatzstoffe identifiziert und zur Praxisreife entwickelt.

10. Grün in den Städten eine Perspektive geben

Deshalb fordert der Gartenbau von der neuen Bundesregierung die konsequente Umsetzung des Weißbuchs „Stadtgrün". Sobald das Weißbuch Stadtgrün vorliegt erfüllen Sie es mit Leben, hier vor Ort. Eine grüne Infrastruktur/Städtisches Grün ist als öffentliche Pflichtaufgabe zu verankern. In der Weiterentwicklung sollte die Schaffung von Bedingungen in den verschiedenen gesetzlichen Rah-men, wie Baurecht, Steuerrecht usw. die Entwicklung städtischen Grüns fördern und nicht behin-dern. Dazu gehört auch die Förderung von Friedhöfen als wichtiger Bestandteil des Stadtgrüns mit positivem Einfluss auf Biodiversität, Stadtklima, aber auch wegen ihres ästhetischen und touristi-schen Beitrages. Gerade hier in Hamburg ist der weltgrößte Friedhof in Ohlsdorf ein Beispiel für die zuvor genannten Fakten.

 

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