Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Bei weltweit verbreiteten und beliebten Apfelsorten wie Fuji kommt es in jedem zweiten Jahr zu Ernteausfällen - ein bislang ungelöstes Problem. Forscher der Universität Hohenheim vermuten genetische Ursachen und gehen dem Rätsel mit modernsten Methoden auf den Grund.

Blühende Apfelbäume - ein willkommener Anblick im Frühling und Gegenstand modernster Forschung. (Foto: Universität Hohenheim / Jens Wünsche)

Die DFG fördert das Projekt mit 250.000 Euro, der australische Gartenbauverband Horticulture Innovation Australia Limited mit 615.252 Euro. Damit zählt es zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.

Handlich rund, knackig rot und fruchtig-süß: Der Fuji-Apfel zählt zu den beliebtesten Apfelsorten der Welt. Für die Produzenten birgt er allerdings einen großen Nachteil: Jedes zweite Jahr werfen die Fuji-Bäume deutlich weniger Früchte ab, oft bleiben die Erträge sogar ganz aus.

Auch dass auf ein solch mageres Jahr meist ein Jahr mit Ertragsüberschüssen folgt hilft den Produzenten nicht, denn dann sind die Früchte von schlechterer Qualität. Um die Schwankungen zu mindern, dünnen die Obstbauern im Frühjahr die Blüten mit mechanischen oder chemischen Methoden aus. Doch das ist aufwendig und hilft nur bedingt.

Hinzu kommen weitere Faktoren, die Ertragsschwankungen begünstigen: Später Frost im Frühjahr zum Beispiel tötet die Blüten ab. Auch der Klimawandel mache sich hier bemerkbar, beobachtet Prof. Dr. Jens Wünsche vom Fachgebiet Ertragsphysiologie der Sonderkulturen: „Heiße, trockene Jahre führen dazu, dass die Blütenknospen für das Folgejahr weniger stark angelegt werden.“

Forscher der Universität Hohenheim arbeiten daher an verschiedenen Ansätzen, um stabilere Erträge bei den beliebten aber wechselhaften Sorten zu erzielen.

Erster Verdacht: Hormone aus der Frucht bremsen die Blütenbildung

Zu Beginn des Projekts schauen sich die Forscher um Prof. Dr. Wünsche die Blütenbildung an. Genauer gesagt: Den Moment der sogenannten Blüteninduktion. „Hier wird der Schalter gelegt, damit aus dem teilungsfreudigen Gewebe der Knospe eine Blüte wächst.“

Das Problem: Diese Phase ist selbst mit dem Mikroskop nicht zu beobachten. Sichtbare Veränderungen zeigen sich erst, wenn die Entscheidung schon gefallen ist.

Prof. Dr. Wünsche und sein Team vermuten, dass die Ursache für den Ernteausfall bereits im Vorjahr zu suchen ist: Vermutlich produzieren die reifenden Äpfel ein bestimmtes Hormon, das die kommende Blütenbildung unterdrückt.

Ziel: Neue Sorten und Methoden für stabilere Erträge

Dieses bremsende Hormon gilt es zu finden und besser zu steuern. „Wenn wir herausgefunden haben, welches Protein die Blütenbildung unterdrückt, können die Züchter neue Sorten entwickeln, die diese Stoffe weniger stark ausbilden,“ hofft Prof. Dr. Wünsche.

Doch es wird dauern bis die Produzenten von diesen neuen Sorten profitieren: Das vor gut einem Jahr gestartete Projekt ist auf fünf Jahre angelegt, und neue Sorten einzuführen kostet zusätzliche Zeit.

Die Forscher suchen deshalb auch nach Methoden, die sich schneller umsetzen lassen: „Die Idee ist es, Stoffe zu finden und auszubringen, die die Brems-Signale der Pflanze unterbinden, um dadurch das Blütenwachstum besser zu steuern.“

Eine alte Sorte soll das Rätsel lösen helfen

Den Beweis, dass dieses Hormon von den reifenden Äpfeln ausgebildet wird, soll eine seltene Apfelsorte liefern: Spencer’s Seedless. Die alte englische Sorte bildet sogenannte Jungfernfrüchte ohne Samen und pflanzt sich ohne Bestäubung fort, da sie keine Blütenblätter hat und somit für Bienen nicht attraktiv ist. Deshalb ist sie ideal für den Forschungsansatz von Doktorand Anton Milyaev.

Der Doktorand im Fachgebiet Ertragsphysiologie der Sonderkulturen arbeitet mit Spencer’s Seedless-Äpfeln in zwei Varianten: Ein Teil der Früchte hat keine Samen, bei einem anderen Teil bestäubt er die Blüten von Hand und regt auf diese Weise die Samenbildung an. Dann kann er beobachten, welche der beiden Gruppen welche Stoffe abgeben. Sein Verdacht: Die Samen bilden das Bremsprotein, geben es über den Stiel an den Baum zurück und bremsen so die Blütenbildung.

Apfelblüten gründlich durchleuchtet

Um genauer zu erfahren, was bevor und während der Blütenbildung geschieht, hat das Forscherteam im wöchentlichen Abstand Blüten von verschiedenen Apfelsorten gesammelt und untersucht. Dabei wurde erfasst: Wie verändert sich die Knospe über die Zeit hinweg? Wurde der Schalter für die Blütenbildung schon umgelegt?

Darauf aufbauend analysiert das Team, welche Gene in den einzelnen Phasen besonders stark ausgeprägt sind; welche Gene also welche Aktivitäten auslösen.

Außerdem untersuchen die Forscher den Gehalt verschiedener Hormone in den unterschiedlichen Phasen, um diesen ebenfalls mit den Genen abzugleichen. „Hier kommt uns zugute, dass die Universität Hohenheim erheblich in ihre neue Core Facility investiert hat, so dass wir Zugriff auf wissenschaftliche Großgeräte auf dem neuesten technischen Stand haben.“

Zweiter Verdacht: Im Apfelbaum herrscht Konkurrenz um Nährstoffe

Der zweite Verdacht der Forscher beginnt mit der Frage, wie und nach welchen Prioritäten im Baum Nährstoffe verteilt werden. „Sowohl Trieb- und Fruchtwachstum als auch die Ausbildung von Blütenknospen finden gleichzeitig statt“, erläutert Prof. Dr. Wünsche.

Seine Vermutung: Es herrscht Konkurrenz zwischen der Blütenbildung und dem Wachstum des gesamten Baums. „Offensichtlich kommt dem Wachstum bei manchen Sorten eine höhere Bedeutung zu, und die Blüten werden in dieser wichtigen Phase weniger stark mit Nährstoffen versorgt.“

Das Problem: Baum und Züchter haben unterschiedliche Prioritäten

Warum Bäume ihre Blütenbildung auf diese Weise ausbremsen ist unbekannt. Prof. Dr. Wünsche weist jedoch auf ein mögliches Spannungsfeld hin: „Im Lauf der Züchtung wurden Bäume so manipuliert, dass wir viel Ertrag haben. Die Bäume hingegen wollen nur ihre Art erhalten.“ Dazu reicht auch ein geringerer Apfelertrag, als Produzenten und Konsumenten lieb sind.

Was für die Produzenten lästig ist, könnte für die Bäume ein ganz natürliches Auf und Ab sein: Wachsen viele Früchte auf dem Baum, produzieren diese große Mengen des Hormons, das die Blütenbildung ausbremst. Im Jahr darauf gibt es daher wenig Blüten, wenig Früchte, und entsprechend geringe Mengen des Bremshormons – auf das magere Jahr folgt wieder ein ertragreiches, und so weiter.

Überschuss- und Mangeljahre hängen zusammen

Dieses Auf und Ab findet auch bei Sorten statt, die weniger stark zu Ertragsschwankungen neigen. Das ergab ein anderer Versuch aus dem Projekt: Doktorand Julian Kofler hat dabei bei Äpfeln der Sorten Fuji und Gala verschiedene Erträge herbeigeführt.

Bei beiden Sorten ließ er die Bäume einmal alle Blüten abwerfen und erzeugte ein ertragsloses Jahr. Einmal ließ er die gesamte Blütenmenge am Baum und erzeugte so einen extrem hohen Ertrag, ohne dabei Rücksicht auf die Qualität zu nehmen. Das Ergebnis: Bei Fuji ebenso wie bei der weniger stark schwankenden Sorte Gala folgte auf ein Überschussjahr ein totaler Ertragsausfall.

Hintergrund: "Physiological, metabolic and molecular basis of biennial bearing in apple"

Das Projekt "Physiological, metabolic and molecular basis of biennial bearing in apple" wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 250.000 Euro und vom australischen Gartenbauverband Horticulture Innovation Australia Limited mit 615.252 Euro gefördert. Das Projekt begann am 30.11.2015 und endet am 31.5.2020.

Zusätzlich zu den modernen Analysegeräten der Core Facility Hohenheim bekommen die Pflanzenwissenschaftler bei der Analyse Unterstützung von der Universität Tübingen und der französischen Universität Montpellier. Zusammen mit dem Julius-Kühn-Züchtungsinstitut Dresden-Pillnitz forscht das Team der Universität Hohenheim in Kooperation mit dem Obstbauverband Horticulture Innovation Australia und dem australischen Wissenschaftsministerium.

Hintergrund: Schwergewichte der Forschung

29,5 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim 2016 für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 250.000 Euro für apparative Forschung bzw. 125.000 Euro für nicht-apparative Forschung.

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