Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Rund 70 Teilnehmer folgten am 1. März 2018 dem Ruf des Erzeugerrings für Blumen und Zierpflanzen Mittelfranken und des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Fürth nach Nürnberg-Neunhof zur Fachtagung Gartenbau die dem Thema „Nachhaltigkeit“ gewidmet war.

Die Referenten der Fachtagung Gartenbau 2018; von links: Daniel Pascal Klaehre, Wolfgang Ahlvers, Dieter Gaißmayer, Gundula Holm, Hans-Peter Haas. (© Corina Ringel, AELF Fürth)

Ungefähr 70 Teilnehmer folgten den Vorträgen auf der Fachtagung 2018. (©Daniel Pascal Klaehre, AELF Fürth)

Herbert Haberler, Vorsitzendes des Erzeugerrings für Blumen und Zierpflanzen Mittelfranken und Josef Hofbauer, Leiter der Abteilung Gartenbau des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Fürth eröffneten die Fachtagung. Uta Hübner, Betriebswirtschaftsberaterin der Abteilung Gartenbau des (AELF) Fürth, moderierte die Veranstaltung.

Natürlich mit Nützlingen

Den ersten Vortrag hielt Wolfgang Ahlvers vom Erzeugerring für Blumen und Zierpflanzen Bayern Süd. Der Gartenbauingenieur berät seit über 20 Jahren Zierpflanzenerzeuger zu Fragen der Kulturtechnik und des Pflanzenschutzes.

In seiner Präsentation ging Ahlvers darauf ein, wie es um den Nützlingseinsatz in den Mitgliedsbetrieben des Erzeugerrings steht. Eine Befragung unter 153 Betrieben hatte gezeigt, dass rund die Hälfte der befragten Betriebe Nützlinge verwendet. In der Erzeugung von Beet- und Balkonpflanzen werden vor allem Amblyseius-Raubmilben zur Thripsbekämpfung sowie Encarsia-Schlupfwespen gegen weiße Fliegen eingesetzt. Im Verkauf ist der Einsatz von Florfliegen üblich, die sich auch gegen Wollläuse bewährt haben. Nützlinge haben im Gegensatz zu Pflanzenschutzmitteln den Vorteil, dass sie keine Rückstände erzeugen und dass sich gegen sie keine Retenzen entwickeln können. Mitarbeiter freuen sich zudem über die gefahrstofffreieren Arbeitsbedingungen im Betrieb. Daneben wünscht der Verbraucher zunehmend umweltfreundlich erzeugte Ware – und genau hier setzt die Kampagne „Nützlingspower“ an, die die bayerischen Erzeugerringe für Blumen und Zierpflanzen gemeinsam mit dem Bayerischen Gärtnereiverband ins Leben gerufen haben.

Denn Fakt ist: Viele Gärtner setzen seit Jahrzehnten erfolgreich Nützlinge ein – jedoch wird diese Tatsache den Kunden oft nicht mitgeteilt. Ziel der Kampagne ist es, die Kunden von direkt absetzenden Gärtnereien über den Nützlingseinsatz zu informieren und damit einen Wettbewerbsvorteil für die Betriebe zu schaffen. Voraussetzung hierfür ist ein hoher Bekanntheitsgrad der Kampagne, die nach außen unter dem Logo „Natürlich mit Nützlingen“ kommuniziert wird. Wer an der Kampagne teilnehmen will, muss Mitglied im Bayerischen Gärtnereiverband sein und zumindest drei Beratungsbesuche bei den Beratern der bayerischen Erzeugerringe für Blumen und Zierpflanzen wahrnehmen. Der Gärtnereiverband bietet ein Werbepaket (Spannband, Deckenhängern, Plakate usw.) an, das teilnahmewillige Betriebe beziehen können.

Bio-Düngung in Zierpflanzenbau-Praxis

Hans-Peter Haas vom Institut für Gartenbau der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf stellte in seiner Präsentation Erfahrungen mit Bio-Düngern aus dem Versuchsbetrieb des Instituts vor. Der Versuchsingenieur beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Fragen der Kulturführung unter anderem bei Topfpflanzen.

Gärtner sind es gewöhnt Zierpflanzen im unbelebten Torfsubstrat mit mineralischer Düngung punktgenau produzieren zu können. Ganz anders ist die Herangehensweise bei der biologischen Topfpflanzenerzeugung: Eigentlich ist die übliche Nachdüngung mit der Bewässerung auch mit Bio-Düngern möglich – jedoch riechen so gedüngte Pflanzen mit der Zeit unangenehm (Schlagwort „Landluft“), was sich negativ auf die Vermarktbarkeit auswirkt. Überdies verstopfen Düsen, Schläuche und Ventile durch vermehrten Algenwuchs, was zu erhöhtem Wartungsaufwand führt. Demgemäß empfiehlt sich eine Vollbevorratung des Düngers im Substrat, wobei ein Kompromiss zwischen Überdüngung (Salzschaden) und Unterdüngung (mangelnde Qualität) zu finden ist. Bewährt hat sich die Ablage eines Düngedepots (sogenannte Punktdüngung) zum Topfen, was mit Topfmaschinen automatisiert erfolgen kann.

Dabei ist zu beachten, dass die Stickstofffreisetzung stark von der Belebtheit des Substrats (z.B. durch Torfersatzstoffe) und den Außentemperaturen abhängig ist. Somit kann eine Substrat-Dünger-Kombination die sich im Sommer bewährt hat, sich im Winter ganz anders verhalten. Hinzu kommen der unterschiedliche Nährstoffbedarf unterschiedlicher Arten und Sorten und die Tatsache, dass Bio-Topfpflanzen nicht chemisch gestaucht werden dürfen. Ungelöst ist überdies die Tatsache, dass biologische Dünger immer zu einem Trauermückenbefall führen, der die Pflanzen schlimmstenfalls unvermarktbar machen kann.

Insgesamt ist also viel Erfahrung und gärtnerisches Fingerspitzengefühl notwendig, um die passende Substrat-Dünger-Sorten-Kombination zu finden, die problemlos als Kultur funktioniert. Langfristig ist davon auszugehen, dass die Verbraucher stärker biologisch erzeugte Topfpflanzen fordern, so dass die Branche gut dran tut sich mit den Herausforderungen dieser Kulturweise bereits jetzt auseinander zu setzen, so Haas.

Glaubwürdigkeit als Richtschnur

Im Anschluss gab Dieter Gaißmayer von der gleichnamigen Bio-Staudengärtnerei in Illertissen an Hand von Fotos einen Einblick in seinen Betrieb und seine Sicht auf die Gartenbranche. Der Gartenbauingenieur verkauft seine Pflanzen zu einem Drittel ab Betrieb (der unter anderem eingebettet ist in ansehnliche Schaupflanzungen) und zu zwei Dritteln im Versand.

Wichtig ist für Gaißmayer, dass die Pflanzen von der Vermehrung bis zum Verkauf im eigenen Betrieb kultiviert werden. „Ich produziere nicht, ich kultiviere. Ich bin ein Kulturschaffender, ein Garten-Kulturschaffender“, betont er. Durch diese Vorgehensweise erhält er gesündere Pflanzen. Ohnehin baut er nur Sorten an, von deren Wuchs- und Widerstandskraft (Gartenwert) er langjährig überzeugt ist, weil er seinen Kunden glaubwürdige Beratung bieten will. Gaißmayer ist es ein Dorn im Auge wenn im Zierpflanzenbau produzierte Stauden als „winterhart“ oder „mehrjährig“ ausgelobt werden, obwohl die Sorte oder die vorliegende Pflanze diese Eigenschaften nicht erfüllen. Mit so unglaubwürdigem Verhalten vergrault man die Kunden und schafft letztlich die Voraussetzungen dafür, dass keine Pflanzen mehr in Gärten zu finden sind. Eindrucksvoll illustriert er seine Ausführungen mit Fotos von Kies- und Schottergärten um Häuser, Industriebetriebe, Ladengeschäfte und sogar in den Innenraumbegrünungen von Banken & Co. Gegen diese Entwicklung hat er die Aktion „Entsteint Euch“ ins Leben gerufen, bei der Kunden in seiner Gärtnerei kostenlos Gründüngung und Bodenaktivator erhalten sofern sie ihren Schottergarten zurück bauen.

Insgesamt appelliert Gaißmayer an alle gärtnerischen Berufskollegen - auch die Steingärten anlegenden Landschaftsgärtner - den Menschen und insbesondere den Kindern Gärten und Pflanzen wieder näher zu bringen; schließlich macht die Garten- und Pflanzenbegeisterung glaubwürdige Gärtner aus.

Urban Gardening – Städtisches Gärtnern

Den Trend „Urban Gardening“ stellte Gundula Holm, Marketingberaterin am AELF Fürth, in ihrem Vortrag vor. Das Forschungsprojekt „Urban Gardening: Lust auf Gemüse in der Stadt“, das aktuell von der Bayerischen Gartenakademie an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Kooperation mit dem AELF Fürth in der Metropolregion Nürnberg durchgeführt wird, befasst sich dabei insbesondere mit dem Anbau von Nutzpflanzen wie Gemüse, Kräutern und Beerenobst im städtischen Bereich. Den Rahmenbedingungen entsprechend braucht es Anbauverfahren, die auch eine bodenunabhängige Kultur z.B. auf dem Balkon, der Terrasse oder im Innenhof möglich machen und die platzsparend sind. Hierzu zählen z.B. Hochbeete und Pflanzkisten sowie vertikale und hydroponische Systeme. Beim „Urban Gardening“ gehe es nicht nur um die Erzeugung von Nahrungsmitteln, sondern ebenso um die Begegnung mit anderen Menschen (z.B. in interkulturellen Gärten oder Gemeinschaftsgärten), so Holm. Genauso steht das Vertrautwerden mit der Natur und ihren saisonalen Gegebenheiten im Vordergrund – sei es für Kinder oder für „naturentfremdete“ Städter.

Dies wird auch durch die im Rahmen des Forschungsprojektes durchgeführte Verbraucherumfrage belegt. Dort geben immerhin ein Drittel der Befragten an, dass der Anbau von Nutzpflanzen im Garten, die Möglichkeit eröffnet sich und seine Familie gesund zu ernähren. Schließlich ziehen immer mehr Menschen in die Städte, aber sehnen sich gleichzeitig nach dem ursprünglichen Leben auf dem Land. Bisher bediente die etablierte Gartenbaubranche diesen Markt eher zögerlich. Angebote für die Zielgruppe der Hobbygärtner-Neulinge finden sich bislang in zahlreichen Blogs, Foren und bei branchenfremden Anbietern im Internet. Holm appelliert deshalb an die Einzelhandelsgärtner, durch ein Angebot von regionalen Raritäten (alte Sorten, Superfoods, Heilpflanzen usw.), biologisch produzierten Jungpflanzen, torfreduzierten bzw. torffreien Erden, von Komplettlösungen für den „Stadtgarten“ (vertikale Anbausysteme, Bewässerungslösungen) sowie von Seminaren und Workshops zum „Balkongärtnern“ neue Märkte zu erschließen.

Präferenzen für Topfpflanzen-Labels

Daniel Pascal Klaehre, aktuell Referendar am AELF Fürth, referierte schließlich darüber, welche Labels Verbraucher bei Topfpflanzen bevorzugen. Klaehre hatte seine Masterarbeit zu diesem Thema an der Hochschule Geisenheim University (HGU) erstellt. Dabei untersuchte er, wie sich Labels auf die Kaufentscheidung gegenüber einer Beispiel-Topfpflanze (standardisierter Weihnachtsstern – 12er-Topf, rote Hochblätter) im Lebensmitteleinzelhandel auswirken. Klaehre ermittelte die Präferenzen für die Einzellabels „Bio“, „Fairtrade“, „Fair Flowers Fair Plants“ (FFP) und Regionalfenster“ bei unterschiedlichen Preisen. Ergänzend beleuchtete er die Präferenz für eine Kombination des Bio-Labels mit Fairtrade, FFP oder Regionalfenster.

Von den Einzellabels Bio, Fairtrade, FFP und Regionalfenster wurde Fairtrade am stärksten bevorzugt. Eine Kombination von Fairtrade, FFP oder Regionalfenster mit dem Bio-Label führte immer zu einer Steigerung der Präferenz im Vergleich zum Einzellabel.

Die Kombination „Bio & Fairtrade“ erreichte die höchsten Präferenzwerte. Frauen und höher Gebildete bevorzugten Bio-Weihnachtssterne mehr als Männer oder Personen mit niedrigerem Bildungsstand.

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