Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Ist das Gesetz zur Verwendung gebietseigener Gehölzen praktikabel? Haben Frauen in der Baumpflege einen schlechteren Stand als Männer? Und sollten sich Baumkontrolleure privat zusatzversichern? Die Themen der Deutschen Baumpflegetage 2018 waren vielfältig und wurden in Podiumsdiskussionen angeregt diskutiert.

Zum 20. Jubiläum präsentierte sich das Kletterforum mit einer neuen Präsentationstechnik, die eine Messung und Projektion von Daten in Echtzeit ermöglicht. Hierfür wurde ein neuer Kletterturm für die Halle 3 konzipiert.

Mit mehr als 130 Ausstellern ausgebucht: Die begleitende Messe der Deutschen Baumpflegetage. (Fotos: Kottich)

Das bedeutendste europäische Baumpflege-Event feierte in diesem Jahr zwei Jubiläen: Das Kletterforum wurde 20, und die Messe Augsburg war zum zehnten Mal Austragungsort der Veranstaltung, die in diesem Jahr 1.550 Teilnehmer aus mehr als 20 Nationen anzog. Unter anderem waren auch Fachleute aus Israel, Irak, Neuseeland, Pakistan, Russland und den USA und nach Augsburg gereist.

Noch immer problematisch: Gesetz zur Verwendung gebietseigener Gehölze

Für Zündstoff bei der diesjährigen Fachtagung sorgte das Gesetz zur Verwendung gebietseigener Gehölze. Denn der Ablauf der zehnjährigen Übergangsfrist kommt näher. „Ab dem 1. März 2020 dürfen bei Pflanzungen in freier Natur ausschließlich gebietseigene Gehölze zum Einsatz kommen. Aus diesem Grund haben wir gleich zwei Vorträge und eine Diskussion dem aktuellen Stand der Dinge gewidmet“, sagte der Veranstalter der Deutschen Baumpflegetage, Prof. Dr. Dirk Dujesiefken.

Die praxisbezogene Position des Bundes Deutscher Baumschulen vertrat Christoph Dirksen von der Baumschule Ley: „Zwei Jahre vor Ablauf der Übergangsfrist gibt es nach wie vor ungelöste Probleme bei der Pflanzenverfügbarkeit, der Zertifizierung, den Beerntungsgebieten, Verwendungsorten und Ausschreibun-gen“, so Dirksens kritischer Status Quo. Die Grundlage für die Produktion gebietseigener Gehölze läge in der Verfügbarkeit geeigneten Saatgutes. „In vielen Regionen gibt es aber sehr große Lücken in den Saatgutbeständen. Die unklare regionale Verfügbarkeit bestimmter Pflanzen führt zu Schwierigkeiten bei Bestellungen und öffentlichen Ausschreibungen. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, neue Pflanzenbestände in der freien Natur zu sichten und zu beernten“, so der Fachmann. Bezüglich des Begriffes „freie Natur“ gäbe es darüber hinaus auf Auftraggeberseite große Unsicherheiten. „Viele Kunden schreiben pauschal nur noch gebietseigene Gehölze aus“, sagte Dirksen und plädierte für eine genaue Auslegung des Gesetzes.

Als Vertreter des zuständigen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) verwies Dr. Rudolf Specht auf die Komplexität des Themas und die zahlreichen beteiligten Akteure: „Wenn das System 2020 praxistauglich funktionieren soll, müssen enorm viele Rädchen ineinandergreifen. Wir müssen nun genau dort weiterarbeiten, wo es noch offene Baustellen gibt“. Ein wichtiger Schritt, so Specht weiter, sei die Schaffung eines einheitlichen Zertifizierungssystems für die Produktion gebietseigener Gehölze. „Das BMU erarbeitet zurzeit gemeinsam mit der Deutschen Akkreditierungsstelle ein Fachmodul, das die Grundlage für eine zuverlässige Zertifizierung der Produzenten bilden wird“. Auf die Frage aus dem Auditorium, ob man sich angesichts des Klimawandels und der Verschuldung vieler Länder ein derart ideologisch motiviertes Gesetz leisten könne, entgegnete Specht: „Es geht um den Erhalt der genetischen Vielfalt, die auch international ein großes Thema ist. Das Gesetz kann dieses Ziel nicht allein erreichen, aber es leistet einen wichtigen Beitrag“.

Gut versichert: Kommunale Baumkontrolleure haften nicht persönlich.

Muss ich mich gegen Haftungsansprüche zusatzversichern? Diese Frage umtreibt kommunale Baumkontrolleure. „Viele fragen sich, ob sie bei Personen- und Sachschäden, die durch Bäume verursacht werden, persönlich haftbar gemacht werden können“, sagte Dirk Dujesiefken. Ob für diese Fälle eine private Zusatzversicherung notwendig ist, erfuhren die Baumkontrolleure während einer offenen Fragerunde mit dem Kommunalen Schadensausgleich westdeutscher Städte (ksa) und dem Haftpflichtschadensausgleich der Deutschen Großstädte (hadg). Beide kommunalen Versicherungsträger waren Fachpartner der diesjährigen Tagung – und dies aus gutem Grund: „Im Tagesgeschäft kommt es zu keinerlei Kontakt zwischen den kommunalen Versicherungen und den Baumkontrolleuren.

Im Schadensfall läuft die gesamte Kommunikation über die Rechtsämter“, erläuterte Dujesiefken. Ängste und Unsicherheiten auf Seiten der Baumkontrolleure seien daher gang und gäbe. Umso beruhigender war für den Berufszweig die Aussage von Werner Liebeton, Justiziar beim ksa und beim hadg: „Sich als kommunaler Baumkontrolleur privat gegen Haftungsansprüche zu versichern, ist nicht nötig“, so der Rechtsexperte. „Kommunale Baumkontrolleure gelten als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne und profitieren von der gesetzlichen Ausgestaltung der Amtshaftung. Das bedeutet, dass im Schadensfall die Haftung vom Baumkontrolleur unmittelbar auf den Dienstherren, also auf die Kommune übergeht“. Auf die Frage, ob dies auch bei Verletzung der Sorgfaltspflicht gelte, antwortete Liebeton: „Beamte im haftungsrechtlichen Sinn genießen einen sehr komfortablen Deckungsschutz, der selbst bei grober Fahrlässigkeit greift“. Nachträgliche Regressforderungen von Kommunen an ihre Mitarbeiter seien unüblich. „Das haben die Kommunen nicht nötig, da der kommunale Versicherungsträger für alle Schäden eintritt, auch wenn sie grob fahrlässig herbeigeführt wurden“, so Liebetons Fazit.

Baumpflege ohne Y-Chromosom - ein Problem?

Frauen in der Baumpflege: Chance oder Minenfeld? Die Geschlechterdebatte fand in Augsburg erstmals offiziell Gehör und den Weg aufs Podium des Kletterforums. Baumpflegerinnen und Baumpfleger diskutierten über Herausforderungen, Vorurteile und Stereotype. Es gab aber auch positive Beispiele, wie eine geschlechterübergreifende Zusammenarbeit in der Baumpflege ohne Diskriminierung funktionieren kann. „In Finnland arbeiten Frauen seit jeher selbstverständlich in der Baumpflege“, berichtete Marika Pylkkänen, Baumpflegerin und Mitglied der Finnish Arborist Association. Die finnische Arbeitskultur in der Baumpflege sei Frauen gegenüber sehr aufgeschlossen. „Es ist egal, ob eine weibliche oder männliche Baumpflege-Fachkraft den Job macht. Das Ergebnis zählt, nicht das Geschlecht“, so Pylkkänen.

Anders sähe dies in Mittel- und Südeuropa aus, argumentierte Anja Erni, die im schweizerischen Roggwil gemeinsam mit einem Kollegen das Baumpflegeunternehmen „Astwerk“ führt. „Hier liegt der prozentuale Anteil der Frauen in den Kletterkursen nach wie vor deutlich unter dem der Männer“. Erni führte dies auf gesellschaftliche Stereotypezurück: „Unser individuelles Verhalten hängt stark von sozialen Normen ab. Das Problem ist nicht die Biologie. Es sind die festgefahrenen Glaubenssätze in unseren Köpfen, die uns urteilen und verurteilen lassen und bestimmen, was wir uns zutrauen. Dies ist kein Frauenproblem, es ist ein Menschheitsproblem“, so das starke Statement der Schweizerin in ihrem als Rollenspiel inszenierten Vortag. Sie würde oft gefragt, ob ihr Beruf nicht zu hart sei für Frauen, so Erni weiter. „Meine Antwort darauf ist, dass es ein anstrengender Beruf ist - und zwar für Frauen und für Männer. Und dass es nicht allzu viele Menschen gibt, die dafür geeignet sind. Einige davon sind männlich und einige weiblich. Ich wünsche mir, dass ganz viele Frauen die Norm-Hürde überwinden und statt Kindergärtnerin oder Büro-Angestellte Baumpflegerin werden!“

Zehn Jahre in der Messe: Die Deutschen Baumpflegetage auf Wachstumskurs

„Zehn Jahre ist es her, dass die Deutschen Baumpflegetage von der Kongresshalle in die Messe Augsburg umgezogen sind“, berichtete Dirk Dujesiefken. In dieser Zeit habe die jährliche Tagung einen großen Sprung nach vorn gemacht, sei immer internationaler und größer geworden. Dies gelte auch für die begleitende Messe: „Die Anzahl der Aussteller hat sich seit dem Umzug verdoppelt: In diesem Jahr waren es mehr als 130. Damit ist diese Fachmesse die größte ihrer Art in Europa“, sagte Dujesiefken und ergänzte: „Ohne den Wechsel in die Messe Augsburg, in der uns eine großes Innen- und Außengelände zur Verfügung steht, wäre diesen Wachstum nicht möglich gewesen.

Der Termin für die 27. Deutschen Baumpflegetage in Augsburg steht bereits fest: 7. bis 9. Mai 2019. Die Vorträge der diesjährigen Fachtagung gibt es zum Nachlesen im Jahrbuch der Baumpflege 2018. Weitere Informationen zur Tagung: siehe Link

 

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