Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

„Wir sehen Gärtner in der Pflicht, auf das Problem der Bienen aufmerksam zu machen und etwas für die Tiere zu tun, sagt Harold Ingwersen (58). Der Baumschulkaufmann im Traditionsbetrieb E. Sander in Tornesch nordwestlich von Hamburg hat nicht nur gemeinsam mit seinen Kollegen einen Katalog über Bienennährgehölze verfasst, der Kunden berät, aus dem großen Sortiment der Pflanzen möglichst nützliche Arten auszusuchen. Er hält auch immer wieder Vorträge zu dem Thema in der Branche. Dabei helfen ihm seine langjährige Naturschutz-Erfahrung und die Unterstützung seines Chefs Jens Sander.

Als Experte in der Branche unterwegs: Harold Ingwersen von der Baumschule E. Sander in Tornesch informiert in der Branche über Bienennährgehölze und -schutz. (Foto: GMH/Baumschule Sander, Tornesch)

Über Nährgehölze informieren

Der Baumschulkaufmann ist als Bienenexperte ein willkommener Redner, sowohl im vergangenen Januar beim Thüringer Garten- und Landschaftsbautag in Erfurt als auch vom 13. bis 15. Juni 2018 bei den Nordischen Baumtagen in Rostock-Warnemünde. Ursprünglich hat sich Ingwersen vor allem für die heimische Vogelwelt interessiert, ist im Naturschutzbeirat seines Kreises aktiv und betreut für den Naturschutzbund Deutschland (NABU) ein Gebiet an der Elbe. Immer kleinere Stückzahlen und weniger Arten werden hier gezählt, weil einfach zu wenig Futter da ist.

„Das Insektensterben hat massive Auswirkungen auf die Vogelwelt", hat Ingwersen beobachtet. Ein zunehmendes Interesse unter anderem von der Fachpresse hat schließlich den Impuls gegeben, in der Branche Lobbyarbeit für Bienen zu machen. „Mit unserem Gehölzsortiment und unserem Naturschutzwissen wollen wir Kollegen unterstützen."

Nachhaltiger als Wildblumenwiesen

Der Garten- und Landschaftsbau kann im städtischen oder dörflichen Raum mit wenig Aufwand viel für die Insektenwelt tun. Dort gelten nicht die strengen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes, das eine dringend benötigte Vielfalt an Nährpflanzen und Spätblühern verhindert. Das ermöglicht Galabauern, gezielt Ge-hölze nach ihrer Blütezeit und ihrer Attraktivität für Insekten aus-zuwählen. Anders als beispielsweise Wildblumenwiesen, die durch falsche Mähintervalle oder zu nährstoffreiche Böden häufig schon im zweiten Jahr nach ihrer Aussaat einen Großteil der Arten eingebüßt haben, sind Gehölzpflanzungen dabei besonders nachhaltig. Richtig gepflanzt und gepflegt, sorgen sie über viele Jahre verlässlich für Nahrung. Kunden sind nach einer fachkundigen Beratung durch den Gärtner häufig bereit, ihre Wünsche in Einklang mit der Natur zu bringen. Zumal die große Vielfalt von Bienennährgehölzen die Gestaltungsmöglichkeiten kaum einschränkt.

Ungefüllte Blüten wählen

So gibt es vom Ranunkelstrauch (Kerria) zwei Varianten. „Die gefüllte 'Pleniflora' wird häufiger gepflanzt, dabei duften die ungefüllten Blüten nicht nur besser, sie bieten zudem Insekten auch Nahrung", erklärt Ingwersen. Das gleiche gilt für Rosen: Geschlossene Pompon-Blüten ohne Staubgefäße haben keinen ökologischen Nutzen. „Gerade in diesem Segment gibt es so viele schöne Sorten, die sich als Bienenfutterpflanzen eignen." Doch nicht nur die Blütenform, auch die Blütezeit sollte der Gärtner bei der Gartenplanung beachten. Idealerweise bietet ein Garten von April bis Oktober Futter. Während im Frühjahr viele Gehölze blühen, wird das Nahrungsangebot im Sommer und Herbst oft knapp. Bei Imkern stehen deshalb zwei Gehölze aus Ostasien hoch im Kurs, die ihre Knospen gegen Ende der Saison öffnen. Der Bienenbaum (Tetradium daniellii) hat auffallende, duftende, weiße Blüten. Die langgestielten Schirmrispen ähneln dem Holunder und sind von Mitte Juli bis Ende August wahre Bienen- und Hummelmagneten. Anschließend dienen purpurrote Samenkapseln den Vögeln als Nahrung. Noch später im Jahr, von September bis zum ersten Frost, blüht der aus China stammende Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch (Heptacodium miconioides). Wegen ihres reichen Nektarangebots werden die cremeweißen, leicht duftenden Blütenstände intensiv von Bienen angeflogen und wirken einer Mangelernährung und der daraus folgenden erhöhten Wintersterblichkeit entgegen.

Kunden vom Spritzen abraten

Ingwersen wünscht sich auch mehr Aufklärungsarbeit der Gärtner zum Thema Pflanzenschutz. „Gartenbesitzer nehmen immer noch zu wenig Rücksicht auf die Natur und greifen schnell zur Spritze." Teilweise verwenden Privatgartenbesitzer Mittel mit relativ hohem Vernichtungspotential, um harmlose Läuse zu bekämpfen. Gärtner könnten hier aufklären und um Geduld bitten, bis sich ein Gleichgewicht zwischen Schädlingen und Nützlingen eingestellt hat. „Mit zehn Tagen Abstand folgen Marienkäfer und Florfliegenlarven, die sich um das Problem kümmern und ihrerseits wieder Nahrung für Vögel sind." Wird keine Chemie im Garten ausgebracht, ist das auch immer zum Wohle der Bienen.

Insektenhotels alleine reichen nicht

Rund 560 Bienenarten gibt es in Deutschland. Anders als Honigbienen sind die meisten alleinlebende Solitärbienen. Davon bauen etwa 70 Prozent ihre Nester im Boden. „Insektenhotels sind zwar nützlich, wenn sie unterschiedliche Lochgrößen aufweisen und nach Süden ausgerichtet sind, aber genauso gut helfen ein paar Quadratmeter offen gehaltene Fläche", sagt Bienenexperte Harold Ingwersen. Dabei gilt: Je magerer und sandiger das Erdreich ist, desto besser können Bienen darin für Nachwuchs sorgen. Statt mit Kies lassen sich Traufkanten auch mit Sand aufschütten. Das hält Unkraut fern und sorgt für Brutplätze. Kies und Schotter alleine reicht aber nicht. „Wichtig ist in allen Fällen, gleichzeitig auch Nahrungsquellen anzubieten." Zahlreiche Wildbienenarten haben sich mittlerweile aus der ausgeräumten Kulturlandschaft in den urbanen Raum zurückgezogen: In Parks und Gärten, auf Friedhöfen und Industriebrachen sowie an Bahndämmen finden sie mehr Nahrung als in der freien Natur.

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