Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Nach gefühlten neun Monaten Dauersommer verabschiedet sich die in diesem Jahr besonders sonnenverwöhnte Jahreszeit in ihre verdiente Auszeit. Die letzten Sommertage im Oktober nutzt derzeit auch Florian Demling von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), um seine exotische Ernte an exotischen Orten einzuholen.

Keine Grenzen gesetzt: Seit 2014 geht es für Versuchsingenieur Florian Demling im Rahmen des Forschungsprojektes „Gemüse auf dem Dach" hoch hinaus. Die Ernteergebnisse, wie hier Grünkohl, machen deutlich sichtbar, dass der Anbau gut funktioniert. (LWG © Veitshöchheim)

Eine runde Angelegenheit: Wenn es nicht nach unten weitergeht, dann eben in die Breite! Spezielle Karottensorten eignen sich dank ihrer Wuchsform besonders gut für den Dachanbau und kommen auch mit der niedrigen Substratschicht gut zurecht. (LWG © Veitshöchheim)

Dabei steht „Safety First" an erster Stelle: Denn bevor der Versuchsingenieur Auberginen, Chilis, Karotten, Paprika, Thai-Basilikum aber auch seine „Ägyptischen Bohnen" ernten kann, heißt es zunächst Klettergeschirr anlegen, sich einen festen Stand suchen – und vor allem nicht nach unten schauen.

Runde Karotten & Exoten

Schon einmal runde Karotten gesehen? Für Florian Demling nichts Ungewöhnliches. Denn bei einem Bodenaufbau von gerade einmal acht Zentimetern hat die charakteristische Möhrenform nicht viel Platz nach unten. Doch nicht nur heimische Klassiker sind in Florian Demlings Dachgarten zu finden, sondern auch exotische Trendsetter. Ägyptische Bohne, Grünschnabel, Ladyfinger oder Rosenapfel: Genauso vielfältig wie die Namen ist auch die Verwendungsmöglichkeit von Okra. Die kleine grüne Schote steht vor allem in den asiatischen Ländern, aber auch in Afrika und Mexiko, auf dem Speiseplan – erobert als kalorienarmer Vitaminspender aber auch zunehmend die experimentierfreudigen deutschen Küchen.

"Urbane Gärtner aus fremden Regionen vermissen hierzulande immer wieder ihre heimischen Produkte. In unserer ´Asiatischen Gemüsemischung´ haben wir deshalb einfach mal Okra ausprobiert", so Demling. Und der Exot fühlt sich auf dem Dach sichtbar wohl; bis Mitte Oktober konnten die grünen Schoten alle paar Tage geerntet werden.

Dachbegrünung, die schmeckt!

Seit 2014 pflanzt der „Grüne Dachgestalter" vom LWG-Institut Stadtgrün und Landschaftsbau verschiedenste Gemüsesorten auf einem Unterbau aus Wurzelschutz, Schutzvlies sowie handelsüblichem Dachsubstrat auf Dachflächen in Veitshöchheim und Würzburg. Mit seinen grünen Oasen verbindet der studierte Gartenbauingenieur damit nicht nur Genuss und Erholung im grauen Alltag der urbanen Stadtlandschaft, sondern läutet vielmehr die Dachbegrünung 2.0 ein. „Mit dem Anbau auf dem Dach wird man nicht nur zum Selbstversorger, sondern auch zum Umwelt- und Klimaschützer", betont Demling. So sorgen begrünte Fassaden und Dachflächen auch für eine Flächenentsiegelung, bilden in der kalten Jahreszeit eine natürliche Wärmedämmung und steigern mit ihrer Verdunstungsleistung in den heißen Sommermonaten den Wohlfühlfaktor durch eine Verbesserung des Mikroklimas.

Alles Gute kommt von Oben

Damit der Anbau in luftiger Höhe auch Früchte trägt, müssen vor allem die Rahmenbedingungen passen. „Mal so einfach drauflosgärtnern sollte man besser nicht. Denn das benötigte Substrat kann mit seinem Gewicht die Dachkonstruktion schnell an ihre Grenzen bringen", so Florian Demling. Mindestens 80 Kilogramm Tragkraft pro Quadratmeter sind dabei notwendig. Und auch die Bewässerung darf nicht vergessen werden: So sorgen verlegte Tropfschläuche für eine vollautomatische Bewässerung – und einen ressourcenschonenden Wassereinsatz. Damit eröffnen sich unendlich viele Möglichkeiten, denn Dachgemüse fühlt sich nahezu überall wohl: „Neben der essbaren Alternative zur herkömmlichen Garagendachbegrünung ist der Anbau von Gemüse auch auf Restaurants, Schulen und Supermärkten möglich", zeigt Demling auf. Dies erfordert aber künftig ein Umdenken. Denn damit Gebäude und Grün noch besser zusammenwachsen, müssen Architekten und grüne Experten von Anfang an Hand-in-Hand arbeiten.

 

Empfohlen für Sie: