Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

„GaLa-Q“, so heißt das neue sozialpartnerschaftliche Weiterbildungsangebot für Fachkräfte im Garten- und Landschaftsbau. Konkret verbergen sich dahinter drei attraktive Kursangebote zum Vorarbeiter Bautechnik, Vorarbeiter Vegetationsflächenpflege und zur Baustellenleitung mit dem Ziel der betrieblichen Weiterentwicklung und Sicherung von Fachkräften.

Kurs Vegetationsflächenpflege (Foto: Petra Reidel)

Mittlerweile sind die ersten bundesweiten Pilotprojekte an verschiedenen Bildungseinrichtungen abgeschlossen, so auch an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Heidelberg (LVG), wo nun bereits konkrete Erfahrungswerte in den Kursen Vegetationsflächenpflege und Baustellenleitung vorliegen.

Erste Kurserfahrungen

Melanie Selcho ist Landschaftsgärtnerin und hat nach ihrem dualen Studium Landschaftsbau und Management an der Hochschule in Weihenstephan Triesdorf mehrere Jahre als Bauleiterin gearbeitet. Seit September 2018 ist dieses neue Qualifizierungsangebot an der LVG in ihrer Hand und sie hauchte dem vorgegebenen Bildungsplan möglichst praxisnahes Leben in Form kompetenter Referenten ein. 19 Teilnehmer hatten sich zum Kurs Vegetationsflächenpflege angemeldet, 17 Teilnehmer waren es beim Baustellenleiter. Das Weiterbildungsangebot ist zwischen der Berufsausbildung zum Landschaftsgärtner und den staatlichen Abschlüssen zum Meister oder Techniker einzuordnen. Die Berufserfahrung der Teilnehmer variierte von einem halben Jahr bis zu 30 Jahren. „Das ist dann schon eine Herausforderung für uns Lehrer und Referenten, jeden einzelnen an der richtigen Stelle abzuholen“, so Selcho. Der Kurs zum Baustellenleiter dauerte insgesamt drei Wochen, die vom November 2018 bis Februar 2019 terminiert waren. „Hier hatten wir überwiegend gelernte Landschaftsgärtner, die teilweise schon in der Rolle des Vorarbeiters arbeiten oder aber dort zukünftig eingesetzt werden sollen.“ Die Weiterbildung in der Vegetationsflächenpflege war in der Erprobungsphase auf zwei Wochen ausgelegt.

Baustellenleitung

Das Spektrum der Unternehmen war ebenfalls breit gefächert: Von kleinen Betrieben mit drei Mitarbeitern bis hin zu 100 Arbeitskräften sowie Unternehmen, die nur im Privatkundenbereich arbeiten oder Teilnehmern aus der Kommunalwirtschaft war alles vertreten. „Im Baustellenleiterkurs bekamen wir konkreten Einblick in zwei GaLaBau-Unternehmen aus der Region und besuchten ein Erdenwerk. Die unterschiedlichen Organisationsstrukturen in den Betrieben sowie die Gespräche mit den Chefs und deren Bauleitern ergaben interessante Einblicke in unterschiedliche Praktiken. Jeder Teilnehmer hatte zudem ein eigenes Projekt mit Leistungsverzeichnis (LV), Plänen, Verträgen und Bildern dabei. Anhand dieser Beispiele konnten Optimierungsmaßnahmen aufgezeigt und erläutert werden“, zählt Selcho auf. Unterrichtsinhalt war beispielsweise der kontinuierliche Bedarf des Büros an Aufmaßen, Teilaufmaßen, Tagesberichten und Baustellenberichten. „Hier vermittelten wir sehr viel Wissen und Verständnis für diese extrem wichtige Schnittstelle“, so die engagierte Projektleiterin. Die Wissensschubladen zum Thema Baustellendokumentation, Kommunikation und Umgang mit allen Baustellenbeteiligten wurden ebenfalls gut gefüllt. Andreas Baranski vom Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V. referierte zur Fassadensockelabdichtung des Vorgewerks und natürlich stand auch die Sicherheit auf der Baustelle im Fokus. Das Thema LV’s, Kalkulationen und Zeitwerte beleuchtete Rainer Gehrig von MVV Regioplan GmbH, und zwar auch aus dem spannenden Blickwinkel des Auftraggebers. Einblicke in die Einsatzplanung und Pflege von Baumaschinen, die Entsorgung verschiedenster Materialien, Baumschutz auf der Baustelle, sowie das richtige „Lesen“ von Leistungsverzeichnissen waren weitere Inhalte. „Unsere Idee ist es nun, unseren engagierten Teilnehmern eine Online-Plattform zur Wissensfestigung und zum weiteren Austausch anzubieten“, so Selcho.

Vegetationsflächenpflege

Gelernte Baumschuler, Zierpflanzengärtner, aber auch ein Forstwirt, ein Fachagrarwirt Baumpflege und mehrere GaLaBauer trafen sich im Kurs Vegetationsflächenpflege. Was mit Böden und Bewertung der Standorte begann, endete mit Inhalten zu Kommunikation und Teamfähigkeit. Dazwischen waren die Besonderheiten beim Siedlungsgrün, das Freiflächenmanagement, Pflegepläne, Pflegehandbücher, aber auch der sichere Umgang mit Maschinen Programm. Wiesenmahd und Landschaftspflege, Rasen, Rosen, Stauden, Schnitte, Düngung, Pflanzenschutz und auch die Möglichkeiten zur Wildkrautbeseitigung sowie die digitale Zeiterfassung waren weitere Themen. Vorhandenes Wissen konnte aufgefrischt, vertieft und erweitert werden. Auch hier stand das Verständnis für die Zusammenhänge betrieblicher Abläufe immer wieder im Mittelpunkt, denn nur allzu häufig sind die Mitarbeiter auf der Baustelle entscheidend, ob ein Projekt für das Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht gut läuft. Der Pilotkurs dauerte zwei Wochen und es stellte sich bereits während der Durchführung heraus, dass für die Übertragung der Lerninhalte in die Praxis zukünftig an der LVG Heidelberg mehr Zeit eingeplant werden wird. Referent, Autor und Landschaftsarchitekt David Zimmerling war positiv überrascht vom großen Interesse und intensiven Erfahrungsaustausch der Teilnehmer, der sogar in den Pausen weiterging. „Hierin sehe ich eine gute Basis für eine virtuelle Plattform, auf welcher ein weiterer wertvoller Wissenstransfer zwischen den Teilnehmern stattfinden kann. Jeder Pflegende greift automatisch in die ursprünglich geplante Gestalt der Pflanzung ein, weshalb es sehr wichtig ist, das Ziel des Planers zu erfassen“, so Zimmerling, dessen Passion die Pflanzenverwendung ist. „Wer versteht „warum“ er diese Dinge tut, hat einen ganz anderen Zugang zu seinem Job und darin sehe ich einen Teil meiner Aufgabe in diesem Kurs“, so Zimmerling, der insgesamt vier Unterrichtstage übernommen hatte. Neben Frontalunterricht zur Terminologie ließ der Landschaftsarchitekt auch viel gemeinsam in Gruppen erarbeiten, um den regen Wissensaustausch weiter zu fördern.

Teilnehmerstimmen

Helen Knuth von der Firma Peter Wallenwein aus Gaiberg arbeitet häufig in der Rolle der Vorarbeiterin bei Privatkunden und Kommunen. „Ich fand die Erläuterungen zu den verschiedenen Menschentypen und die damit verbundenen unterschiedlichen Arten der Kommunikation sehr hilfreich. Wie spreche ich mit meinem Chef, den Mitarbeitern und den Kunden. Das wird mir auf jeden Fall im Alltag weiterhelfen“, so Knuth, die begeistert war vom Wissen der Dozenten. „Manche Themen waren mir zu schnell vom Tisch und das eine oder andere noch ein bisschen zu theoretisch. Mehr Praxisbeispiele wären schon gut, aber das ist ja alles noch in der Erprobungsphase“, so Knuth. Zsuzsanna Somodi hat Landschaftsarchitektur in Ungarn studiert und leitet bei der Firma Böttinger Garten und Landschaftsbau GmbH in Dossenheim eine Pflegekolonne mit bis zu drei Mitarbeitern: „Für mich war das Thema Sicherheit von der Berufsgenossenschaft sehr interessant und ebenso der Part Kommunikation. Die Kalkulation der Baustellen kommt noch und hier kann ich bestimmt weiteres Wissen für mich mitnehmen.“ Ralf Kremser arbeitet als „Revierleiter“ im botanischen Garten in Frankfurt und unterweist ein Team von drei und sieben Mitarbeiter: „Gärtnerische Tätigkeiten werden bei uns kaum dokumentiert, weshalb ich nun ein Pflegehandbuch entwickeln möchte. Zudem habe ich das Gefühl, dass ich in diesem Kurs sehr viele Wissenslücken, insbesondere auch beim Thema Preisbewusstsein, füllen konnte“, freut sich Kremser, der hofft, dass das bestehende Netzwerk über den Kurs hinaus erhalten bleibt. „Ich baue im Moment die Pflegeabteilung im Betrieb Kretz in Dillenburg mit auf und für mich war diese Qualifizierung eine super Vorbereitung für meinen weiteren Berufsweg“, so Alexander Münch, der sein Studium mit dem Bachelor in Naturschutz und Landschaftsplanung an der Hochschule Anhalt abschloss. „Die Bereiche Kalkulation, Pflegemanagement, aber auch das Konfliktmanagement fand ich besonders interessant“, freut sich Münch über sein neu erworbenes Wissen.

„Mir hat der Kurs Baustellenleitung sehr geholfen, die Zusammenhänge zwischen Büro und Baustellenabläufe zu verstehen. Ich habe jetzt das Gefühl, den Betrieb viel besser unterstützen zu können“, so Jacob Rauch von der Firma Pia Präger aus Lindau. „Ich konnte viel zum Thema Kommunikation mit Kollegen und Baubeteiligten lernen sowie mein Fachwissen hinsichtlich aktueller Normen und Richtlinien erweitern. Die Lösungsfindung bei Konfliktsituationen empfinde ich ebenfalls als sehr wertvolles Wissen und der Austausch mit den anderen Teilnehmern war einfach klasse“, beschreibt Alexander Zöller von Zöller Garten- und Landschaftsbau in Großheubach im Interview.

Unternehmerischer Blickwinkel

Paul Saum, Vorsitzender des BGL-Ausschusses Berufsbildung und Mitglied im Arbeitskreis GaLa-Q, hatte drei Mitarbeiter in den verschiedenen Weiterbildungsmaßnahmen angemeldet. „Alle drei Landschaftsgärtner haben die angebotenen Inhalte gelobt. Für mich als Unternehmer ist wichtig, dass meine Mitarbeiter mit Ideen und neuen Impulsen zurückkommen. Das funktionierte über den Wissenstransfer, aber auch durch den Austausch mit anderen Teilnehmern. Das motiviert die Mitarbeiter, fließt direkt in unser Unternehmen ein, bringt gute Qualität in der Ausführung und begeistert unsere Kunden, wodurch wir weiterempfohlen werden“, beschreibt Saum den kompletten Kreislauf dieser Weiterbildung und ergänzt: „Durch diese Weiterbildung wird aus meiner Sicht zudem die Attraktivität des Berufes stark gefördert.“

Birgit Zimmermann von Die Bäumler aus Nürtingen bekam von Ihrem Mitarbeiter das Feedback, dass die Inhalte noch praxisbezogener hätten sein dürfen. „Mit den mitgebrachten Baustellenunterlagen zu bestimmten Aufträgen wurde leider nicht viel gearbeitet, so zumindest die Rückmeldung unseres Mitarbeiters, der sich noch ein wenig mehr Input zur Baustellenorganisation und Umsetzung gewünscht hätte“, erklärt Zimmermann. Im Bereich Kommunikation, der auch bei ihrem Teilnehmer sehr gut ankam, regte sie noch einen Selbsttest an: „Sich als Typ mit seinen Stärken und Schwächen zu entdecken ist sehr interessant und das hält auch die Leute, die von draußen kommen und Stillsitzen nicht mehr gewohnt sind, wach.“

Gleich drei auf einen Streich schickte Peter Wallenwein aus Gaiberg zur Vegetationsflächenpflege nach Heidelberg. „Für mich war der Blick über den Tellerrand der Antrieb und den haben alle drei Mitarbeiter begeistert bestätigt“, freut sich Wallenwein. „Die Fortbildung ist zudem ein kleines Dankeschön für den Einsatz im letzten Jahr und hoffentlich Motivation genug, die Mitarbeiter fachlich auf dem Laufenden zu halten. Beim Einholen der Feedbacks fiel mir auf, dass sich alle drei noch mehr Praxisbezug, beispielsweise durch Exkursionen, gewünscht hätten. Vielleicht wäre es möglich, den Kurs um eine halbe Woche zu verlängern, um auch den fachlichen Diskussionen weiteren Raum zu geben. Die bestätigte hohe Kompetenz der Referenten hat mich persönlich sehr gefreut.“

Weiterbildungs-Visionen

Christoph Hintze, Direktor der LVG, sieht in diesen Weiterbildungen ein großes Potenzial für Blended-Learning-Konzepte, mit denen die Lehr- und Versuchsanstalt bereits sehr gute Erfahrungen in den Meisterkursen gesammelt hat. Die Mischung aus Präsenz- und Selbstlernphase bietet sich für engagierte Mitarbeiter geradezu an. Zudem muss der Betrieb die Teilnehmer weniger Tage freistellen. „Das erfordert Selbstdisziplin“, bestätigt Selcho. „Natürlich stellen wir uns als LVG die Frage, ob die Unternehmen bei diesem enormen Zeitdruck, unter dem gerade alle stehen, es zulassen, dass sich der Mitarbeiter eine gewisse Zeit im Betrieb am Rechner weiterbildet“, ergänzt Hintze, der die langjährige Erfahrung der LVG mit digitalen Medien durchaus als Vorteil sieht. Ein virtuelles Klassenzimmer zum aktiven Austausch sowie die Möglichkeit, auf die kompletten Daten zuzugreifen, ist beim E-Learning gewährt. Medienpädagogen werden in den nächsten Monaten die Bausteine hierzu entwickeln und ab Herbst 2020 bietet die LVG dann die ersten Blended-Learning-Weiterbildungskurse in den beiden beschriebenen Bereichen an.

Sobald die Evaluierung bei allen sieben beteiligten Bildungspartnern durch die INIFES gGmbH ausgewertet ist, wird an der Verbesserung und Vereinheitlichung der Kursinhalte gearbeitet. Denn zukünftig werden diese Weiterbildungen nicht nur kostenpflichtig angeboten, sondern für mehr Transparenz auch bundesweit mit einer einheitlichen Abschlussprüfung abgeschlossen. Um die Erwartungen der Teilnehmer zukünftig besser auf die Kursinhalte abzustimmen, muss die Zielgruppe bereits im Vorfeld möglichst präzise definiert sein. Das Angebot ist momentan für Fachkräfte mit gärtnerischer Berufsausbildung begrenzt, doch vermutlich zukünftig nicht allein von der Qualifikation auf dem Papier, sondern auch von Kompetenz und Engagement abhängig.

 

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