Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

„Lasst Bäume alt werden!“ Unter diesem Appell betreibt das Baumpflegeunternehmen Uwe Thomsen mit Sitz im schleswig-holsteinischen Pinneberg seit vielen Jahren praktische Aufklärungsarbeit zugunsten eines wertschätzenden Umgangs mit Bäumen und ihren Wurzeln.

Beeindruckende Sammlung: Uwe Thomsen (rechts) und Svenning Holst inmitten der konservierten Baum-Exponate des Pinneberger Baumpflegeunternehmens. (Foto: Kottich)

In seinen Ausstellungen zeigt Uwe Thomsen am ehemals lebenden Objekt Kunstfehler im Umgang mit Bäumen. (Foto: Baumpflege Thomsen)

Uwe Thomsen sammelt und konserviert unbewusst entstandene, aber auch bewusst im Kauf genommene Kunstfehler, die bei der Aufzucht, Pflanzung und Pflege von Bäumen in seinen Augen heute trauriger Standard sind. Seine Exponate stellt er aus: Auf Schulungen, Fachtagungen oder bei selbst organisierten Seminaren. Zuletzt bei den Deutschen Baumpflegtagen in Augsburg, wo er sich erneut dagegen aussprach, den Baum als Wegwerfartikel zu begreifen.

Wer den Baumpflegebetrieb von Uwe Thomsen betritt, bekommt den Eindruck, er befände sich in einem Museum. Konservierte Stammquerschnitte, Baumstubben und Wurzelteile reihen sich in den Gängen des Hauptgebäudes aneinander. In Vitrinen werden Zapfen, Rindenstücke, Baumteile und Krankheitsbilder zur Schau gestellt. Sie alle sind Teil der riesigen Sammlung, mit der Thomsen und seine Mitarbeiter der Fachwelt die Augen öffnen möchten. „Ein Stadtbaum wird heute in den meisten Fällen nicht älter als 30 Jahre. Und das ist absolut kein Alter für einen Baum“, sagt der Baumpfleger. Verantwortlich hierfür seien diejenigen, die den Baum eigentlich stark machen, ihn gesund aufziehen und pflegen sollten. Doch die Realität sieht laut Thomsen anders aus.

„Der Baum hat für die Menschen heute nicht mehr den Wert, den er früher einmal hatte. Die Methoden einer artgerechten Verschulung, Pflanzung und Pflege sind allgemein bekannt und auch in diversen Regelwerken und Handlungsanweisungen festgesetzt. Aber sie werden zu oft nicht beachtet, weil man sich keine Gedanken mehr um den Baum und seine Wurzeln macht. Weil es für viele nicht mehr wichtig ist, dass ein Baum ein für ihn angemessenes Alter erreicht“. Uwe Thomsen setzt sich dafür ein, dass sich dies ändert. Dass die alten Traditionen, das Herkömmliche im Umgang mit Bäumen, wieder eine Rolle spielen. Dass Bäume wieder altern dürfen.

Lobbyarbeit im Dienste der Bäume

Aus diesem Grund gehen Uwe Thomsen und seine Mitarbeiter bewusst auf Konfrontation. Auch, wenn sie sich damit nicht immer Freunde machen. In ihren Ausstellungen legen sie den Finger in die Wunden und führen Baumschulern, Landschaftsgärtnern und Mitarbeitern von Grunflächen- und Tiefbauämtern vor Augen, welche Konsequenzen ihr Handeln hat. Begonnen bei der Kultivierung der Bäume in den Baumschulen.

„Der Begriff Baumschule kommt von dem Wort Verschulen, was nichts anderes heißt, als Verpflanzen. Die Jungbäume müssen während ihrer Aufzucht regelmäßig verpflanzt werden, damit sie starke und gesunde Verankerungswurzeln ausbilden können, die ihnen später die nötige Standsi-cherheit geben“, erläutert Thomsen. In der Realität würden Bäume stattdessen meistens in zu kleinen Containern kultiviert und auch später nicht in größere Container verpflanzt. Die Folge: „Statt sternförmiger Verankerungswurzeln bilden diese Bäume Ringwurzeln und kommen aus diesem Verhalten auch nicht mehr heraus, wenn sie an ihrem Bestimmungsort eingepflanzt werden. Diese Bäume können sich nicht richtig im Boden verankern. Sie werden zwangsläufig früher oder später umstürzen, wenn die Baumkronen groß sind“.

Konfliktbereiche Pflanzung und Pflege

Wenn das Schicksal der Bäume nicht bereits in der Baumschule besiegelt werde, führt Uwe Thomsens Mitarbeiter Svenning Holz weiter aus, geschähe dies in vielen Fällen während der Pflanzung des Baumes an seinem späteren Standort. „Das Problem ist zum einen, dass die Pflanzung nicht sach- und fachgerecht geplant wird. Häufig werden Baumarten für Standorte gewählt, für die sie nicht geeignet sind. Hinzu kommt, dass die Leute, die mit der Pflanzung und Pflege von Bäumen betraut werden, oftmals nicht über das nötige Fachwissen verfügen“, erläutert der Diplom Ingenieur und Baumpfleger. Bäume würden auf unterschiedliche Art und Weise unsachgemäß in die Erde gebracht. „Mal ist die Pflanzgrube zu klein, mal werden die Bäume zu tief gepflanzt, so dass ihre Wurzeln nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Oder die Bäume haben später nicht genug Raum, um ihr Wurzelwerk entwickeln zu können.“ Im Anschluss an die Pflanzung, so Holz weiter, berge eine unsachgemäße Pflege der Bäume weitere Risiken für die Gesundheit des Baumes: „ Es werden unter großem Hallo jede Menge Bäume in Städten gepflanzt. Es gibt Initiativen, aber an die Pflege wird dabei oft nicht gedacht. Ein Großteil der Bäume wird einfach vergessen und Kronen erst dann beschnitten, wenn der Baum groß ist und zur Gefahr für die Verkehrssicherheit wird“, so der Baumpfleger. Dann sei es aber häufig zu spät und die Beschneidung riefe große Wunden hervor, die der Baum nicht mehr überwallen könne. „Wer einen Baum pflanzt, muss sich um ihn kümmern. Auch, und vor allem, wenn er noch jung ist. Ein regelmäßiger Erziehungsschnitt in den ersten 15 Jahren ist eine unerlässliche Basis dafür, dass sich ein Baum gesund entwickeln kann und verkehrssicher bleibt“, so das Fazit von Svenning Holz.

Besinnen auf altes Wissen

Auch wenn sich bei Weitem nicht jeder für die Exponate und Aufklärungen von Uwe Thomsen erwärmen kann, gibt es doch viele Begegnungen und Reaktionen, die den passionierten Baumpfleger in seinem Engagement bestärken. „Wenn wir Seminare geben, sind diese schnell ausgebucht, und die Teilnehmer reisen oft von weit her an. Auch bei Fachveranstaltungen wie den Deutschen Baumpflegetagen treffen wir immer wieder auf zahlreiche interessierte Fachleute. Für sie ist es eindrucksvoll, an ehemals lebenden Objekten zu sehen, welche drastischen Auswirkungen eine nicht fachgerechte oder nicht stattfindende Baumpflege haben kann“, sagt Uwe Thomsen und ergänzt: „Wir wünschen uns ein allgemeines Umdenken in Richtung eines bewussteren Umgangs mit Bäumen. Wir möchten zurück zu den Wurzeln, womit wir zum einen meinen, dass man den Wurzeln, also dem Fundament der Bäume, Beachtung schenken und sie schützen sollte. Aber wir meinen damit auch, dass das jahrhundertealte Wissen über einen artgerechten Umgang mit Bäumen wieder an Bedeutung gewinnen und zum Einsatz kommen muss!“ Denn dann, so Thomsen, könnten auch die Stadtbäume endlich wieder in Ruhe und gesund altern.

 

 Links zu diesem Thema:

Empfohlen für Sie: