Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Vögel, Säugetiere, Reptilien, Amphibien und Insekten: Sie alle verschwinden in rasantem Tempo, und das europaweit. Wesentliche Ursache ist die fortschreitende Intensivierung der Landwirtschaft. Der NABU fordert daher eine naturverträgliche Reform der EU-Agrarpolitik.

Uferschnepfe (Foto: NABU/Natalie Meyer)

Erstmals wenden sich jetzt auch Europas führende Naturforschungsorganisationen in einem gemeinsamen Appell an das Europäische Parlament. Sie fordern die Abgeordneten auf, die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) grundlegend zu reformieren und so die oftmals irreparable Zerstörung der Natur zu stoppen.

In ihrem Brief betonen die Forschungsorganisationen, dass „eindeutiger wissenschaftlicher Konsens“ herrsche, dass die Intensivierung der Landwirtschaft entscheidend zum Artenschwund beiträgt. Mehr als 2.500 europäische Wissenschaftler sind in den sechs unterzeichnenden Organisationen zusammengeschlossen. Sie erforschen die Bestände von Vögeln, Säugetieren, Amphibien, Reptilien sowie Schmetterlingen in Europa.

Sie warnen vor einem besorgniserregenden Rückgang europäischer Agrarvögel, wie Kiebitz, Rebhuhn oder Feldlerche. Allein in den Jahren 1980 bis 2015 sei der Bestand der Agrarvögel europaweit um 55 Prozent eingebrochen. Bei Insekten ist die Lage ähnlich alarmierend: Forscher wiesen in deutschen Naturschutzgebieten nach, dass die Masse an Insekten hier innerhalb von nur 27 Jahren um 76 Prozent sank. Zahllose Arten stehen inzwischen kurz vor dem Aussterben. Ähnliche Trends beobachten die Forscher bei weiteren Tier- und Pflanzengruppen, die auf Lebensräume in der Agrarlandschaft angewiesen sind.

Zum Artensterben trägt nach Einschätzung der Wissenschaftler bei, dass die Landschaft zunehmend monotoner wird. Auch dass der Pestizideinsatz unverändert hoch ist, die Bewässerung zunehme und Wiesen und Weiden zerstört würden. Die Wissenschaftler mahnen daher dringend an, die EU-Agrarpolitik so zu reformieren, dass sie Teil der Lösung von Klimakrise und des Massenartensterben wird, statt beide Krisen weiter zu befeuern.

„Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig: Die hoch-subventionierte intensive Landwirtschaft zerstört unsere Natur. Wir brauchen jetzt eine naturverträgliche Agrarpolitik, die Tieren und Pflanzen wieder ausreichend Platz bietet in der Agrarlandschaft“, so Leif Miller, NABU-Bundesgeschäftsführer. Drei Maßnahmen seien dazu erforderlich: Jeder Betrieb müsse künftig zehn Prozent seiner Fläche für die Artenvielfalt zur Verfügung stellen. Maßnahmen zum Schutz der Natur müssen Landwirten ein gutes Einkommen ermöglichen, insgesamt sind hierfür 15 Milliarden Euro pro Jahr erforderlich. Und die pauschale Flächenprämie, die rund drei Viertel der Agrar-Subventionen ausmacht, muss bis 2027 auslaufen. „Andernfalls wird Europa mit seinen Klima- und Artenschutzzielen scheitern“, so Miller.

Derzeit fließen jedes Jahr rund 60 Milliarden Euro an Steuergeldern in die EU-Agrarpolitik. Es ist der größte Haushaltsposten der EU. Vom jetzigen Subventionssystem profitieren vor allem jene Betriebe, die hoch-intensiv produzieren.

Zum offenen Brief: siehe Link

Der offene Brief wurde gestern am Dienstag an die beiden Ausschüsse des EU-Parlaments für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) sowie Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) versandt. Gemeinsam unterzeichnet haben ihn folgende Organisationen:

  • European Ornithologist Union
  • European Mammal Foundation
  • Societas Europaea Herpetologica
  • Societas Europaea Lepidopterologica
  • Butterfly Conservation Europe
  • European Bird Census Council

Weitere Informationen zur EU-Agrarpolitik: siehe 2. Link

 

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