Am 19. Februar 2020 fand das 15. corthum-Fachseminar in Marxzell-Pfaffenrot mit rund 100 Teilnehmern statt. Vier hochkarätige Referenten informierten Landschaftsarchitekten, kommunale Entscheider sowie Unternehmer aus dem Garten- und Landschaftsbau zu aktuellen Praxisthemen wie Wurzelraumansprache, ressourcenschonende Bewässerung, erfolgreiche Staudenpflanzungen und begrünbare Flächenbefestigungen.
Mittlerweile ist dieses Fachseminar so begehrt, dass bereits wenige Tage nach dem Versand der Einladung alle Plätze belegt sind. „Das ist schon fast wie bei einem guten Rock-Konzert“ schmunzelt corthum-Mitarbeiter Bernward Pawliczak nicht ohne Stolz. „Trotz großem Andrang möchten wir diesen familiären Rahmen auch in Zukunft beibehalten. Wir schätzen den persönlichen Kontakt zu unseren wissensdurstigen Gästen sehr und das soll so bleiben“, erklärte Uwe Schönthaler auf die Frage, ob sich corthum hier einen größeren Rahmen vorstellen kann.
Effiziente Bewässerung im GaLaBau
Professor Dr. Stephan Roth-Kleyer, zuständig für das Lehr- und Forschungsgebiet Vegetationstechnik an der Hochschule Geisenheim University, widmete sich dem „Öl des 21. Jahrhunderts“, wie die FAZ das Wasser bereits im Jahr 2001 bezeichnete. „Schon die alten Philosophen zählten das Wasser zu den vier Urelementen, und seine drei Aggregatzuständen fest, flüssig und gasförmig, in denen es auf der Erde vorkommt, sind etwas Besonderes“, erklärt Roth-Kleyer. Bei 3,98° Celsius hat dieses Element seine höchste Dichte, darüber oder darunter dehnt es sich aus. Wasser ist ein sehr wichtiger Faktor für die Entwicklung der Wirtschaft, und zwar weltweit und ohne Wasser gibt es kein Leben. Wasser ist Bestandteil der Zelle und Medium grundlegender biochemischer Stoffwechselprozesse zur Energiegewinnung und -speicherung. Nur rund 2,5 Prozent des auf der Erde vorkommenden Wassers besteht aus Süßwasser. Davon sind 68,7 Prozent an den Eiskappen und in Gletschern, sowie 30,1 Prozent im Grundwasser gebunden. Das dann noch verbleibende eine Prozent teilt sich auf Flüsse (2 %), Sümpfe (11 %) und Seen (87 %) auf. „Die Versorgung eines großen Teils der Menschheit mit Trinkwasser ist bislang immer noch nicht sichergestellt. Das ist die Herausforderung der künftigen Jahrzehnte“, meint Roth-Kleyer. In Deutschland stehen jährlich rund 182 Millionen Kubikmeter Wasser zur Nutzung zur Verfügung. Tatsächlich verwenden Industrie, Landwirtschaft, Kraftwerke und öffentliche Wasserversorger hiervon lediglich 24 Prozent und somit knapp 44 Millionen Kubikmeter.
„Diplomingenieur Bernd Roser vom Grünflächenamt in Frankfurt führte für den heißen Sommer 2018 verschiedene Klimaaufzeichnungen durch und ermittelte so für Frankfurt eine Sonnenscheindauer von plus 33 Prozent zum Normalwert in diesem heißen Sommer. In Frankfurt war es nach der Bilanz des Deutschen Wetterdienstes so warm wie an keinem anderen Ort in Deutschland, seit Beginn der Wetteraufzeichnungen“, beschreibt Roth-Kleyer. Kronen- und Astdürren, Grünastbrüche, Braunfärbung der Blätter, früher Laub- und Fruchtfall wurden von Rose in diesem Jahr festgestellt. Die Langzeitschäden zeigen sich vermutlich erst in drei bis fünf Jahren. Seine daraufhin errechnete Prognose für die durch den Klimawandel notwendigen Anpassungen in der Grünpflege, beläuft sich auf 760.000 Euro. „Das ist eine stolze Zahl und das sind 450.000 Euro mehr als in Frankfurt bislang veranschlagt sind“, erläutert Roth-Kleyer. „Eine sachgerechte Bewässerung, kombiniert mit einer vegetationstechnisch fachgerechten Ausführung sowie klimatisch tauglichen Pflanzen, kann unsere Grünflächen zukünftig nachhaltig und ressourcenschonend sichern“, so der Wissenschaftler. „Dabei ist die Technologie der druckkompensierten Tropfbewässerung in der Regel die ökologisch und ökonomisch sinnvollste Form, wenn es um automatisierte Bewässerungen geht“, so Roth-Kleyer, der für die ausschreibenden Stellen und die ausführenden Betriebe die FLL-Bewässerungsrichtlinien für die Planung, Installation und Instandhaltung von Bewässerungsanlagen in Vegetationsflächen aus dem Jahr 2015 empfiehlt. „Durch sachgerecht geplante und installierte Tropfbewässerungen lassen sich zwischen 30 und 60 Prozent des gegenwärtig benötigten Wassers einsparen. Die verminderte Verdunstung, der verringerte oberflächliche Abfluss und null Winddrift schlagen hier zu Buche. Sogar Hänge und Böschungen können mit diesem System effizient versorgt werden. Kleinere Pumpenanlagen sowie geringere Rohrleitungsdimensionen reichen aus, was die Energiekosten zusätzlich senkt“, erläutert der Professor und empfiehlt eine umsichtige und vorausschauende Planung von Neuanlagen, aber auch die für wertvolles Grün in der Stadt notwendigen Erhaltungsmaßnahmen.
Erfolgreiche Staudenpflanzungen
Professor Dr. Bernd Hertle von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf ist Leiter der Weihenstephaner Gärten und lehrt das Fach Freilandzierpflanzen an der Fakultät für Gartenbau und Lebensmitteltechnologie. Sein Vortrag beleuchtete verschiedene Konzeptionen für Staudenpflanzungen. Der Erfolgsfaktor liegt dabei laut Hertle in der Verknüpfung von Ökologie, Ökonomie, Funktionalität und Ästhetik. Bei der Ökonomie geht es beispielsweise um die zeitliche Kapazität und das vorhandene Fachwissen der Pflegekräfte, das bereits bei der Planung entsprechend berücksichtigt werden sollte. Hinter der Ökologie stecken sinnvolle Pflanzengemeinschaften, die sich das Leben nicht gegenseitig schwer machen und den zur Verfügung stehenden Standort schätzen. An erster Stelle der Entscheidungskette steht für Hertle deshalb immer die Gesamtsituation vor Ort. Einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Entwicklung, ist dabei der Boden, also die Vegetationstragschicht beziehungsweise das Substrat. Aber auch das Klima, mit Lichtsituation, Temperatur und Feuchtigkeit ist zu berücksichtigen. „Das alles sollte vor der Planung gründlich erfasst werden“, erläutert Hertle. „Das Rüstzeug für den Erfolg sind funktionierende Lebensgemeinschaften, das ist zwar altes Wissen, aber absolut kein veraltetes Wissen“, so der Wissenschaftler. Die vorherrschenden Bedingungen entscheiden für Hertle über die Pflanzenauswahl und hier greift er gerne zu den drei folgenden Strategietypen (nach Grime): „Ruderal-Strategen sind meist ein- bis zweijährige Kulturfolger und echte Vagabunden, die beispielsweise vom Störungspotenzial der Feldbewirtschaftung leben, wie der Mohn mit seinem hohen Versamungspotenzial. Ruderalstrategen gehören deshalb auch in die Kategorie der Blender, denn in der Regel ist ihr Auftreten von Kurzlebigkeit bestimmt. Spätestens im dritten Standjahr sind sie verschwunden, dafür geben sie alles bei der Neuanlage, was schöne Effekte verspricht. Stress-Strategen beherrschen Mangelsituationen, sie sind zäh, anpassungsfähig und brauchen keine Bewässerung. Durchaus wettbewerbsfähig und in Konkurrenz tretend sind dagegen die C-Strategen, die ich auch gerne als Platzhirsche bezeichne“, beschreibt Hertle die Pflanzentypen. Unter den Stauden gibt es wenig reine R-, S- oder C-Strategen, sondern viele attraktive Mischformen, die manchmal zwei oder sogar alle drei Strategien beherrschen. Fertige Staudenrezepte, bei denen keine Denkleistung mehr gefordert wird, gibt es laut Hertle nicht. Die Standortbestimmung inklusive der Niederschlagsmenge, plus dem fachlichen Potenzial der Pflegekräfte entscheidet, was passt. „Wenn keine Fachkräfte in der Pflege zur Verfügung stehen, ist eine „Einartige Pflanzung“ aus Geranium macrorrhizum als Baumunterpflanzung nicht immer die schlechteste Lösung“, so Hertle. Driftpflanzung schaffen wunderschöne Bilder. Flächenpflanzungen sind einfacher zu pflegen als differenzierte Mosaikpflanzungen, denn unerwünschte Beikräuter sind leichter zu unterscheiden und Lücken können durch funktionierende Arten gefüllt werden. Pflanzungen nach Geselligkeitsstufen imitieren natürliche Lebensgemeinschaften. Sie bestehen aus Leitstauden und ihren Begleitern, sogenannten Füllstauden und Flächenpflanzen. Solche Konzepte unterliegen einer großen, zu steuernden Dynamik und benötigen sehr viel Pflegewissen. Bei den modernen Stauden-Mischpflanzungen dominieren in den ersten Jahren kurzlebige Arten, die später in einer Art Eigendynamik durch ausdauernde Stauden abgelöst werden. Solche Pflanzungen haben auch bei einer Pflege, die nur aus der Unkrautbeseitigung und Steuerung der Dynamik besteht, durchaus eine Lebensdauer von 15 und mehr Jahren. „Je höher die Dynamik in der Pflanzung ist, desto mehr pflegerisches Fachwissen ist gefordert“, erörtert Hertle. Für ihn hängt der langfristige Erfolg allein von der Korrelation Pflanzenauswahl zu Pflegekompetenz ab und Letzteres ist leider immer noch der am Häufigsten unterschätzte Faktor. „Fachkräfte müssen Gewünschtes von Ungewünschtem unterscheiden können. Und danach richtet sich die Vielfalt einer Staudenpflanzung“, so der Professor, für den individuelle Lösungen immer noch die besten sind. Den Startpunkt einer Pflanzung bestimmt die Planung, für die Reiseroute ist das Pflegepersonal zuständig. „Leider schauen viele Planer nicht, was sich aus ihren Staudenkonzepten über die Jahre hinweg entwickelt und so werden immer wieder dieselben Fehler gemacht.“ Hertle plädiert an dieser Stelle für mehr gärtnerisches Selbstbewusstsein, und zwar sowohl bei der Planung und Anlage als auch bei der Pflege von Staudenflächen. „Wer etwas kann, sprich über Fachwissen verfügt, darf auch gutes Geld hierfür verlangen“, so Hertle.
Die Hypothese, im städtischen Umfeld nur noch trockenheitsverträgliche Stauden zu verwenden, stellt der Wissenschaftler zudem in Frage, denn der innerstädtischen Erwärmung lässt sich am effektivsten durch Verdunstungskälte entgegenwirken. Zudem ist frisches Grün im tristen Innenstadtgrau auch psychologisch sehr wertvoll, was ein Umdenken in funktionierende stressresistente grüne Lebensgemeinschaften erfordert.
Die „Geheimnisse“ der Wurzelraumansprache
Dr. Katharina Weltecke studierte Forstwirtschaft und ist Sachverständige für Baumstandorte. Sie ist Mitglied beim Arbeitskreis Baum im Boden, der demnächst im Eigenverlag das „Praxishandbuch Wurzelraumansprache“ veröffentlicht, welches ab April bei verschiedenen Händlern bezogen werden kann, die auf der Internetseite aufgeführt sind (siehe 1. Link). Im Praxishandbuch geht es zuerst darum, was ein Baum im Boden zum Leben braucht. Danach folgen verschiedene Störungen im Wurzelraum und deren Bedeutung für den Baum. Eine Diagnose sowie eine Beurteilung mit Handlungsmöglichkeiten schließen sich jeweils an. Jedes dieser Kapitel enthält am Ende einen Musteraufnahmebogen, wie die jeweilige Störung diagnostiziert werden kann. Ein separates Kapitel widmet sich der elementaren Frage "Wo sind die Wurzeln?", ein anderes den baulichen Eingriffen im Wurzelbereich sowie der Interaktion mit Bauwerken. „Am Ende des Buches wird auf verschiedene Bodenthemen, wie z. B. Mykorrhiza, Regenwürmer oder gesetzliche Grundlagen zum Boden- und Baumschutz, noch einmal vertiefend eingegangen“, erklärt Weltecke.
Der Musteraufnahmebogen zur Wurzelraumansprache, ein Schlüssel zur Ansprache von Bodenschadverdichtung urbaner Baumstandorte und ein Muster-Wurzelprotokoll als wesentlicher Teil der baumfachlichen Baubegleitung befinden sich im Anhang des Buches und stehen ab Mitte April kostenfrei unter zum Download zur Verfügung (1. Link).
Einen intensiveren Einblick in das Thema Bodenschadverdichtung – eine der Hauptstörungen im Wurzelraum von Stadtbäumen – gewährte Weltecke den Seminarteilnehmern vorab. „Im Musterkontrollblatt der FLL-Baumkontrollrichtlinien werden 43 oberirdische und nur 11 unterirdische Merkmale zum Wurzelraum aufgeführt. Diese Diskrepanz steht der Bedeutung des Wurzelraumes für den Baum diametral entgegen“, erklärt Weltecke. Wurzeln müssen im Feinwurzelbereich atmen. Dabei werden 25 bis 50 Prozent der produzierten Assimilate im Wurzelraum wieder veratmet. Bei einem intakten Boden ist der Austausch von O2 und CO2 gegeben. Durch Befahren oder andere Belastungen nehmen die Hohlräume und weiten Grobporen in der Bodenstruktur ab. Das geht zu Lasten der Belüftung und lässt die CO2-Konzentration im Boden ansteigen. „Bereits 1 Prozent CO2 im Boden hat eine wurzelschädigende Wirkung“, erklärt Weltecke. Zur Documenta 7 im Jahr 1982 in Kassel initiierte der Künstler Joseph Beuys das Landschaftskunstprojekt "7000-Eichen" und ließ innerhalb von fünf Jahren über die Stadt Kassel verteilt 7.000 Bäume unterschiedlichster Arten pflanzen, darunter viele Eichen. Untersuchungen ergaben, dass Baumhöhe und Durchmesser der untersuchten Eichen mit der Bodenbelüftung korrelieren. „Je besser die Bodenbelüftung am Standort war, desto höher und dicker wuchsen die Bäume“, zeigt die Wissenschaftlerin auf. Durch zu wenig Sauerstoff im Boden sterben Feinwurzeln ab, was zu einer schlechteren Versorgung des oberirdischen Baumteils führt und letztendlich zum Absterben weiterer Pflanzenorgane. Im schlimmsten Fall stirbt der Baum. „Verdichtung kann im Wurzelraum mit aufmerksamem Blick diagnostiziert werden. Fahrspuren von Baumaschinen, PKWs oder LKWs, Pfützen, fehlender Aufwuchs, keine Regenwurmlosung sowie das Vorkommen von pflanzlichen Verdichtungszeigern wie Rotklee, Löwenzahn und Breitwegerich sind beispielsweise deutliche Zeichen“ zählt Weltecke auf. „Wenn Baumkontrolleure und andere Baumverantwortliche auf einen Verursacher von Bodenschadverdichtung treffen, sollte unbedingt Ort, Uhrzeit und Verursacher namentlich festgehalten sowie ein Foto von der Situation gemacht werden. Dieser Protokollinhalt kann später unter Umständen erklären, warum dieser Baum Vitalitätsstörungen entwickelt“, so die Sachverständige. Das wichtigste Hilfsmittel zur Ansprache des Wurzelraumes ist die Bodensonde, alternativ auch einfach der Sondierstab. Hiermit lassen sich tieferliegende Verdichtungshorizonte schnell und sicher aufspüren. "So kann zum Beispiel aufgedeckt werden, ob der oben aufliegende, mit Rasen eingesäte Mutterboden lediglich der "grüne Mantel des Vergessens" ist, unter dem sich ein durch Bautätigkeit stark verdichteter, nicht durchwurzelbarer Boden befindet.“ Da der Bodenwiderstand von verschiedenen Faktoren, wie beispielsweise der Bodenfeuchtigkeit abhängig ist, sollte zeitgleich auch immer der Bodenwiderstand auf einer Referenzfläche untersucht werden. „Verdichtungen können mit Tiefenpflug oder Mini-Bagger mit Reißzahn saniert werden, aber das geht natürlich nur ohne Bäume“, so Weltecke. Druckluftlanzen können dagegen auch mit Baumbestand verwendet werden. Sie lassen Risse im Boden entstehen, die die Bodenbelüftung wieder ermöglichen. Allerdings sind die Erfahrungen damit sehr unterschiedlich. „Bei orientierenden Untersuchungen ließ sich durch die Behandlung eine Reduzierung der CO2-Konzentration im Boden nachweisen. Eine andere Untersuchung hat gezeigt, dass die CO2-Konzentration auch auf einer nicht behandelten Referenzfläche zurückging, was die Maßnahme wiederum in Frage stellt“, erläutert Weltecke. Bohrlöcher und Belüftungsgräben mit Bodenaustausch sind weitere mögliche Maßnahmen mit wissenschaftlich nicht nachgewiesener Verbesserung. Als Ökosystem-Ingenieure bezeichnet Weltecke Pflanzen, die auch auf verdichteten Böden wachsen und diese mit ihrem sehr intensiven Wurzelgeflecht durchdringen. Nach Absterben der Wurzeln bleiben Poren zurück, die für eine Belüftung des Bodens sorgen. Auch Regenwürmer gehören zu dieser „Spezies“ der Ökosystem-Ingenieure und sind der wichtigste Partner im Boden. "Ohne Bienen und ohne Regenwürmer wären wir nichts", sagt Weltecke. Damit Regenwürmer existieren können, benötigen sie Nahrung. „Lassen Sie das Herbstlaub so irgendwie möglich in den Anlagen. Regenwürmer und andere Bodenorganismen zersetzen das Laub, so dass die darin gebunden Nährstoffe den Bäumen wieder zur Verfügung stehen. Außerdem erhöht Humus das Vermögen des Bodens Wasser zu speichern und weiterhin werden durch die Aktivität der Bodenlebewesen Poren geschaffen, durch die Wasser und Luft in den Boden eindringen können“, zeigt Weltecke den Kreislauf auf. Urbane Baumscheiben können mit Pflanzen wie verschiedene Leguminosen, Sonnenblumen oder Phacelia, die alle mit ihren tiefen dichten Wurzeln Bodenporen schaffen (Phytomelioration), bepflanzt werden. Da auch hier noch nicht hinreichend bekannt ist, welche Pflanzen gut auf städtischen Baumstandorten wachsen, ist die Ausbringung von Mischungen mit verschiedenen verdichtungstoleranten, tief und intensiv wurzelnden Pflanzen sinnvoll. „Ein weiterer Vorteil ist, dass niemand diese Baumscheiben betritt und weiter verdichtet“, so Weltecke.
Noch sind sehr viele Fragen zur Bodensanierung offen, weshalb sich Weltecke auf ein neues DBU-Forschungsprojekt freut, das an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Göttingen bearbeitet wird und das sie betreut. „Hier geht es um die „Sanierung von Bodenschadverdichtung urbaner Baumstandorte (SANURBAUM)“ und ich freue mich auf neue Ergebnisse“, so die engagierte Wissenschaftlerin. Des Weiteren hat der Arbeitskreis Baum im Boden bereits ein neues Buch in Planung, in welchem es genau um diese Sanierungsmöglichkeiten gehen wird.
Begrünbare Flächenbefestigungen
Thomas Leopoldseder, der am Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau tätig ist, stellte die neuen FLL-Richtlinien für Planung, Bau und Instandhaltung von begrünbaren Flächenbefestigungen vor. „Der Hauptpunkt bei der Überarbeitung war die Anerkennung solcher Flächenbefestigungen durch die Feuerwehr, die in der Ausgabe aus dem Jahr 2008 noch nicht geregelt war“, erklärte Leopoldseder. In den aktuellen Richtlinien gibt es deshalb nun die Nutzungskategorien N 1 bis N 3 zuzüglich der für die Feuerwehr als NFW ausgewiesenen. N 1 umfasst Flächen wie Terrassen, Wege und Sitzplätze, in N 2 wird der Belastung durch PKWs bis zu 3,5 Tonnen bei Garageneinfahrten und Stellplätzen Rechnung getragen und die N 3 kümmert sich um die gelegentliche Befahrung mit Fahrzeugen bis 20 Tonnen. „Bei Flächenbefestigungen, die für die Feuerwehr erstellt werden, können Punktlasten von bis zu 800 kN pro Quadratmeter auftreten und Achslasten von 10 Tonnen, weshalb diese Flächen einer besonderen Nutzungskategorie und bautechnischen Anforderungen unterliegen“, so Leopoldseder. „Die Feuerwehren benötigen hierzu den Nachweis einer messtechnischen Prüfung, denn bei dieser hohen Verkehrslast braucht es auch ein hohes Verformungsmodul auf der Tragschicht“, so Leopoldseder.
Unter die begrünbaren Beläge fallen Kunststoffwabenelemente, Rasenklinker, Rasengittersteine und Pflaster mit Rasenfugen, für die die Richtlinien Schichtaufbauempfehlungen mit konkreten Beispielen enthalten. Auch für die Erstellung von Schotterrasen gibt es entsprechende Empfehlungen. Die Materialeigenschaften der Baustoffe, wie beispielsweise Körnung, Anteil organische Substanz, Wasserdurchlässigkeit, Wasserkapazität und viele mehr, sind in eigenen Tabellen definiert, damit sie bei der Anlieferung der Vegetationstragschicht geprüft werden können. Beim Einbau kommen weitere Kennwerte, zum Beispiel zur Tragfähigkeit, ins Spiel. Diese müssen durch den Verarbeiter auf der Baustelle eingehalten werden. „Eine Kontrollprüfung ist übrigens eine besondere Leistung und muss extra ausgeschrieben werden“, erläutert Leopoldseder, der im Fall von Feuerwehrflächen zur Beauftragung eines unabhängigen Gutachters als beste Lösung rät. Mit diesem Qualitätsnachweis akzeptiert mittlerweile sogar die Feuerwehr Schotterrasen. Allerdings ist für diese Flächen der Anteil an organischer Substanz in der Substratmischung auf 1 Prozent reduziert und die Bauweise ist keine Einfachbauweise mehr. Rasenfilz und andere organische Substanzen sind von diesen Flächen zudem regelmäßig zu entfernen. Der Bewuchs ist auf 10 Zentimeter Höhe beschränkt und beim Winterdienst ist der Schnee soweit als möglich zu entfernen
Das Ziel der Anerkennung durch die Feuerwehr führte bei diesen FLL-Richtlinien zu bautechnisch optimierten Bauweisen für Flächenbefestigungen, die nicht für alle Anwendungen auch gleichzeitig eine vegetationstechnisch optimale Lösung erreicht haben. Die einzusetzenden Deckschichten sowie Saatgut und Saatgut-Mischungen werden dennoch klar definiert. „Bei den Rasengitter-Steinen mussten wir im Vergleich zur Richtlinie aus dem Jahr 2008 mit der Stärke zulegen, da diese bei höheren Belastungen gerne brechen. Für die Kunststoffelemente, die altersbedingt zur Versprödung neigen, empfehlen wir nun eine Überdeckung mit Bettungs- und Füllsubstrat“, erklärt Leopoldseder, der selbst an diesen Richtlinien mitgearbeitet hat.
„Bei der Anwendung von FLL-Richtlinien gelten die gleichen Grundsätze wie bei anderen Regelwerken: Sie sind keine zwingenden gesetzlichen Vorgaben. Man kann sich mit seinem Auftraggeber auch auf individuelle Absprachen einigen, die man allerdings ausdrücklich schriftlich festhalten sollte. Richtlinien sind auch kein leicht verständliches Lehrbuch, sie verweisen auf andere Regelwerke und Normen. Auch geben sie meist eine Standardlösung vor, um ausführliche Festlegungen im Einzelvertrag zu ersparen, sprechen damit aber kein Verbot anderer Ausführungsvarianten aus“, so Leopoldseder. Der Bezug aller FLL-Richtlinien und Regelwerke ist online möglich (2. Link).
Die Moderation der Veranstaltung übernahm Johannes Prügl, vom gleichnamigen Bodeninstitut aus Au in der Hallertau, in gewohnter hinterfragender Weise und entlockte so den Referenten – zusammen mit den Fragen aus dem Publikum – noch mehr wertvolles Fachwissen.