Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat die Position des Bundesumweltministeriums (BMU) zu Gentechnik in der Landwirtschaft vorgestellt. Angesichts der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt müsse das geltende EU-Recht auch künftig für Verfahren der Neuen Gentechnik angewandt werden.

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Das BMU-Positionspapier "Für Wahlfreiheit und Vorsorgeprinzip" listet dazu wesentliche Maßnahmen auf, die dringend auf nationaler und europäischer Ebene angegangen werden müssen. Dazu gehört zum Beispiel, die unabhängige Risikoforschung für Neue Gentechnik zu fördern und Nachweismethoden für genom-editierte Produkte wie Saatgut zu entwickeln. Außerdem müsse ein EU-weites System zur Herkunfts-Kennzeichnung entlang der Lieferkette etabliert werden. Das BMU zeigt damit Möglichkeiten auf, um geltendes Gentechnik-Recht anzuwenden und so das Vorsorgeprinzip zu wahren und die Wahlfreiheit zu sichern.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: "Auch Neue Gentechnik ist Gentechnik. Jedes gentechnisch veränderte Produkt in der EU soll weiterhin auf sein Risiko geprüft und gekennzeichnet werden. Dies gilt ohne Ausnahme, also auch für die Neue Gentechnik. Denn was einmal in die Umwelt gelangt ist, ist nie wieder rückholbar. Für die Regulierung solcher Verfahren und Produkte im geltenden Gentechnik-Recht gibt es Lösungen. Diese müssen nun endlich weiterverfolgt werden. Die Bundesregierung wird sich hier künftig auf nationaler und europäischer Ebene besser aufstellen müssen. Dann lässt sich auch in Zukunft gewährleisten, dass Bürgerinnen und Bürger frei wählen können, ob sie Gentechnik auf ihrem Tisch haben möchten oder nicht. Und so lässt sich auch bewerten, welches Risiko von den gentechnisch veränderten Pflanzen ausgeht, bevor sie in die Umwelt gelangen."

Verfahren der Neuen Gentechnik, wie beispielsweise das Genome Editing mit der Genschere CRISPR/Cas, unterliegen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2018 der Gentechnik-Regulierung, können also nur nach einer strengen Prüfung zugelassen werden. Da die Neue Gentechnik relativ neu ist, fehlen jedoch zurzeit noch Verfahren, mit denen sich alle Pflanzen aus Neuer Gentechnik nachweisen lassen. Die Ansätze der klassischen Gentechnik greifen hier nicht. Deshalb müssen hierfür Lösungen erarbeitet und ein System der Rückverfolgung entlang der Lieferkette entwickelt werden. Auch muss die unabhängige Risikoforschung deutlich und dauerhaft ausgeweitet werden und Hersteller müssen ihr genom-editiertes Saatgut für diese unabhängige Forschung bereitstellen. "Produkte, bei denen Hersteller nicht bei der unabhängigen Risikoforschung kooperieren, sollten auch nicht zugelassen werden können", so Schulze. Denn Risiken und Nebenwirkungen dieser neuen Technologie sind noch weitgehend unbekannt, insbesondere für Ökosysteme. Da einmal freigesetzte gentechnisch veränderte Organismen nicht mehr rückholbar sind, ist die vorgeschriebene, sorgfältige Zulassungsprüfung zwingend geboten. Diese Verfahren können zu ungewollten Veränderungen im Genom führen, wie das Beipiel hornloser Rinder in den USA zeigt, die durch das Verfahren unbeabsichtigt Antibiotikaresistenzgene bekommen haben. Außerdem gilt es zum Nachweis gentechnisch veränderten Saatguts und Produkte, internationale Register mit Informationen zu Neuen-Gentechnik-Pflanzen auszubauen, denn sie helfen Analysemethoden zu entwickeln. Weiteren Input für die von BMU vorgeschlagenen Ansätze erhofft sich das Bundesumweltministerium von einer Studie der EU-Kommission zu Neuer Gentechnik, die am 30. April veröffentlicht werden soll.

Die aktuelle Rechtslage wird derzeit von einigen Pflanzenzüchterverbänden und -unternehmen, der Agrarindustrie und Teilen der Wissenschaft scharf kritisiert. Sie fordern, dass Teile der Neuen Gentechnik von der bestehenden Regulierung ausgenommen werden. Die Folge wäre, dass die mit diesen Verfahren hergestellten Produkte keinen Genehmigungsprozess durchlaufen müssten und auch eine entsprechende Kennzeichnung für Verbraucher*innen nicht mehr verpflichtend wäre. Häufig wird dabei argumentiert, die neuen Sorten seien zur Anpassung an den Klimawandel erforderlich.

Dazu Schulze: "Die bisherige Erfahrung zeigt, dass genmanipulierte Pflanzen nicht zur Klimaanpassung der Landwirtschaft oder zur Pestizidreduktion beitragen. Die Fokussierung auf wenige manipulierte Turbopflanzen blockiert vielmehr den dringend erforderlichen Wandel hin zu einer umwelt- und naturverträglichen Landwirtschaft. Es ist zu befürchten, dass die Neue Gentechnik genau das Agrarsystem verlängert, das viele der Probleme, die es auf den Äckern und in den Betrieben heute gibt, selbst verursacht hat. Und sollte es tatsächlich einmal eine der versprochenen Wunderpflanzen geben, die revolutionär und zugleich sicher ist, wird sie das vorgeschriebene Zulassungsverfahren auch bestehen."