Bis 2030 wird die Treibhausgasminderungsquote für Kraftstoffe von heute sechs auf 25 Prozent ansteigen. So sieht es eine Gesetzesänderung vor, die gestern Abend im Bundestag verabschiedet wurde. Das bedeutet, Mineralölunternehmen müssen künftig deutlich mehr erneuerbare Energien einsetzen, um ihre CO2-Emissionen zu senken.
Mit dem Beschluss verbannt Deutschland zudem ab 2023 Biokraftstoffe auf Basis von Palmöl aus dem Tank. Neben starken Anreizen für den Einsatz grünen Wasserstoffs und die Förderung von Ladesäulen sollen künftig vor allem fortschrittliche Biokraftstoffe, die aus Abfall- und Reststoffen gewonnen werden, gefördert werden.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Deutschland wird mit dem Beschluss zum Vorreiter bei den erneuerbaren Energien im Verkehr. Wir gehen mit den neuen Quoten für klimafreundliche Kraftstoffe und erneuerbare Energie im Verkehr weit über die EU-Vorgaben hinaus. Und wir schaffen den Ausstieg aus der Nutzung von Palmöl im Tank in weniger als zwei Jahren. Künftig werden nur noch solche Technologien zusätzlich gefördert, die effizient sind und den Verkehr wirklich nachhaltig machen: Elektromobilität im Straßenverkehr, fortschrittliche Biokraftstoffe aus Abfall- und Reststoffen und grüner Wasserstoff in Raffinerien. Synthetische Kraftstoffe fördern wir gezielt dort, wo nicht-fossile Alternativen fehlen: im Flugverkehr.“
Mit der Gesetzesnovelle setzt die Bundesregierung die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien im Verkehr um (RED II). Diese gibt den Mitgliedsstaaten vor, dass der Anteil erneuerbarer Energien bis ins Jahr 2030 auf mindestens 14 Prozent am gesamten Energieverbrauch im Verkehrssektor steigen muss. Deutschland wird mit dem Beschluss des Bundestags diese EU-Vorgaben deutlich übertreffen und den Anteil von derzeit 10 Prozent auf rund 32 Prozent erhöhen. Dies geschieht über die Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote) im Bundesimmissionsschutzgesetz. Mit der THG-Quote werden Mineralölunternehmen verpflichtet, die Treibhausgasemissionen ihrer Kraftstoffe zu senken. Dazu können sie etwa grünen Wasserstoff, erneuerbar erzeugten Strom oder Biokraftstoffe einsetzen. Laut der vom Bundestag beschlossenen Gesetzesnovelle steigt die Minderung von zuletzt 6 Prozent im Jahr 2020 bis 2030 schrittweise auf 25 Prozent.
Für die einzelnen Kraftstoffoptionen bedeutet die Umsetzung der RED II in Bundesrecht:
Der Anteil von Biokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermitteln wird beim Status Quo eingefroren. Die aktuelle Obergrenze von 4,4 Prozent wird nicht mehr überschritten. In diese Gruppe von Kraftstoffen fällt auch Palmöl, das ab 2023 von der Quotenanrechnung ausgeschlossen ist. „Die Steigerung von Biokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen ist für uns keine Option. Für Biosprit Wälder zu roden und Natur zu zerstören, ist nicht hinnehmbar“, sagt Svenja Schulze.
Innerhalb der THG-Quote soll der Anteil von fortschrittlichen Biokraftstoffen von derzeit nahe null auf mindestens 2,6 Prozent bis 2030 steigen. Fortschrittliche Biokraftstoffe werden zum Beispiel aus Reststoffen wie Stroh und Gülle gewonnen. Die Verwendung dieser Rohstoffe ist nachhaltig und wird oberhalb der für die einzelnen Jahre vorgegebenen Mindestmengen zusätzlich mit einer doppelten Anrechnung innerhalb der THG-Quote gefördert. Biokraftstoffe aus Altspeiseölen und erstmals auch tierische Abfallstoffen können bis zu einer festen Obergrenze angerechnet werden.
Strombasierte Kraftstoffe auf Basis von grünem Wasserstoff sollen einen wichtigen Beitrag zu den Klimazielen im Verkehr leisten. Mit dem Beschluss des Bundestags wird erstmals der Einsatz von grünem Wasserstoff in Raffinerien als Erfüllungsoption eingeführt. Außerdem wird der Einsatz von grünem Wasserstoff im Straßenverkehr und in Raffinerien über eine doppelte Anrechnung vorangetrieben. Da in Raffinerien derzeit fast ausschließlich Wasserstoff aus fossilen Quellen eingesetzt wird, führt der Einsatz grünen Wasserstoffs zu Treibhausgasminderungen bei Kraftstoffen für alle Verkehrssektoren. Bei allen Anwendungen kommt es stets auf den möglichst effizienten Einsatz des grünen Wasserstoffs an. Denn: Ökostrom ist und bleibt auf absehbare Zeit ein kostbares Gut. Auch müssen die nötigen Produktionskapazitäten für strombasierte Kraftstoffe erst noch geschaffen werden. Daher will die Bundesregierung strombasierte Kraftstoffe dort zuerst einsetzen, wo es keine effizienteren klimafreundlichen Alternativen als die direkte Stromnutzung gibt. Das trifft im Verkehrssektor vor allem auf den Luftverkehr zu.
Im Luftverkehr wird deswegen eine Mindestquote für flüssige Kraftstoffe aus Ökostrom (Power-to-Liquid, PtL) ab 2026 in Höhe von 0,5 % eingeführt, die bis 2030 schrittweise auf zwei Prozent steigt. Die Europäische Kommission prüft derzeit noch Regelungen, die einen derartigen Anstieg auch für die gesamte EU vorsehen. Deutschland wird demnach mit seinem Beschluss zum Vorreiter in Europa. Zusätzlich werden strombasierte Kraftstoffe im Straßenverkehr doppelt auf die THG-Quote angerechnet und damit stärker gefördert. Damit werden auch Nebenprodukte aus der E-Kerosinherstellung genutzt und anderen Optionen gleichgestellt.
Der direkte Einsatz von Strom in Elektroautos wird mit einer dreifachen Anrechnung innerhalb der THG-Quote gefördert. Dadurch wird die Mineralölwirtschaft am Betrieb der bundesweiten Ladeinfrastruktur beteiligt werden. Aktuell ist der Betrieb von Ladesäulen im Durchschnitt noch mit erheblichen Verlusten für die Betreiber verbunden und der Ausbau wird noch stark über Steuergelder finanziert. Die Mehrfachanrechnung führt hier zu erheblichen Verbesserungen, weil die Ladesäulenbetreiber die getankten Strommengen künftig für die Anrechnung auf die THG-Quote attraktiver vermarkten können. Das schmälert nicht Möglichkeiten für die anderen Erfüllungsoptionen wie Wasserstoff, denn das Gesetz hat einen Schutzmechanismus eingeführt, der verhindert, dass durch Strom Biokraftstoffe und grüner Wasserstoff vom Markt gedrängt werden. Wird ein bestimmter über die Jahre ansteigender Schwellenwert überschritten, wird die THG-Quote weiter nach oben angepasst.
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