Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Manche Flächen gehören nicht mehr wirklich zum privaten Garten, aber auch nicht zum öffentlichen Freiraum. Sie werden nicht direkt genutzt und meistens nicht betreten. Sie begrenzen Parkplätze, begleiten Geh- oder Radwege, sind Baumscheiben, Verkehrsinseln oder liegen im Zentrum von Straßen und nennen sich Mittelstreifen oder Kreisverkehre.

Kreisverkehre verbrauchen weniger Fläche als vergleichbar leistungsfähige Kreuzungsanlagen und sie können, wie hier mit bodendeckenden Gräsern gestaltet, sehr attraktiv aussehen. (Foto: elegrass)

Viele dieser Flächen sind Restflächen und sie gewinnen derzeit wirkungsvoll an Bedeutung, hat man doch längst begriffen, dass es sich dabei um viele kleine grüne Inseln handelt, die in Summe ihrer ökologischen Leistung erheblich sein können und wichtiger Teil einer grünen Infrastruktur. Klimawandel, Hitzeinseln, Biodiversität, Nachhaltigkeit – von diesen Themen hören und lesen wir täglich. Eine jede natürlich grüne Fläche trägt das ihre zu diesen Themen bei, aber längst nicht jede ist ansprechend gestaltet, geschweige denn nachhaltig. Immer mehr private Gartenbesitzer denken neu über das direkte Umfeld ihres Hauses nach und so manche einst vermeintlich pflegeleicht geschotterte oder versiegelte Fläche wird mit erheblichem Aufwand wieder "renaturiert“ oder „entsteint“, wenn sich die Natur der Flächen nicht selbst mit Disteln, Ahornsämlingen und Brennnesseln bemächtigt hat. So etwas führt nicht selten zu Ärger mit den Nachbarn.

Grüne, lebendige Mitbewohner

Es gibt schaurige Beispiele von versteinerten Vorgärten, aber davon wollen wir gar nicht reden. Die erfolgreiche Initiative „Rettet den Vorgarten“ des Bundesverbands der Landschaftsgärtner (siehe 1. Link) kommuniziert seit Jahren, was die Vorteile begrünter, artenreicher Vorgärten sind. Auch Kommunen fördern eine natürliche Bepflanzung und verweisen auf Verbote in den Landesbauordnungen, allerdings meistens ohne Sanktionen bei Zuwiderhandlung. Jetzt war das Frühjahr nicht besonders warm, aber der heiße Sommer hat angefangen. Jeder, der lebendiges Grün ums Haus hat, beschattende Bäume, eine grüne Fassade oder eine Dachbegrünung, kennt die kühlende Eigenschaft von Pflanzen vor allem in der Nacht. Einen attraktiven Lebensraum mit guter Aufenthaltsqualität haben die Menschen vor allem in der Pandemiezeit schätzen gelernt. Wer keinen eigenen Garten hat, den zog es in die Natur, den Wald oder in den Park.

Das Thema versiegelter oder verschotterter Flächen ist für Privatgärten schwer in der Diskussion, aber es betrifft leider auch Städte und Gemeinden. Es lohnt der wache Blick bei einem Spaziergang durch Kommunen im ganzen Land und man lernt das Staunen und Fürchten, wie Plätze und Flächen um Kirchen und Rathäuser, Schulen und Kindergärten, Gemeindehäuser, Banken und Einzelhandelsgeschäfte immer noch mit Kies, Schotter, Betonsteinen oder gleich mit schwarzem Asphalt laubsaugertauglich „gestaltet“ sind. Aber es gibt auch gute Beispiele. An manchen Stellen engagieren sich ortsansässige Gartencenter, Landschaftsgärtner, Baumschulen oder Staudengärtner und verbinden die positive Werbung für ihre Unternehmen mit der guten Tat und bepflanzen beispielsweise Kreisverkehre und weisen auf sympathische Art auf ihre Sortimente oder ihre Dienstleistung.

Mit gutem Beispiel vorangehen

Zwei konkrete Beispiele am Niederrhein verdienen Erwähnung. Eines ist Kranenburg, nahe der niederländischen Grenze. Wie viele andere ist auch diese Stadt randvoll mit Sinn und Zweck, mit Gewerbe und Geschäften und Verkehrswegen – und wie überall haben es die Freiflächen auch hier schwer. Nicht nur, weil Boden knapp und teuer ist, sondern auch, weil Freiflächen gepflegt werden wollen. Aber es geht offensichtlich auch anders: Rund um das Rathaus in Kranenburg, an Bushaltestellen, am Einkaufszentrum, zwischen Fahrbahn und Gehweg, und in Mitten von Kreisverkehren, zeigt sich seit mehreren Jahren ganzjährig eine gepflegte Bepflanzung aus Gräsern, im Sommer mit Stauden und im Frühjahr mit Zwiebelblumen. Angelegt wurde dieser attraktive, städtische Freiraum vom ortsansässigen Unternehmen Stauden Peters als Test. Dem Gärtner sind verschotterte, tote Flächen ein Dorn im Auge und er wollte herausfinden, welche Gräser und Stauden sich bei überschaubarem Pflegeaufwand dauerhaft etablieren und seinem Städtchen eine ansprechende Identität verleihen. Die Ortsmitte sieht gepflegt aus, die Bushaltestelle macht das Warten kurzweilig, der Garten um das schöne Rathaus strahlt Bürgernähe, Aufmerksamkeit und Wertigkeit aus. Die Kreisverkehre machen unmissverständlich deutlich, dass man sich hier in einem Gartenbaugebiet befindet. Inspiriert vom amerikanischen Gräser- und Wiesen“papst“ John Greenlee wurden vor ein paar Jahren die Beete so ausgeklügelt angelegt, dass die Gräser fast ganzjährig die Bodendecke übernehmen, Unkräuter in Schach halten, so gut wie keinen Schnitt brauchen, und darüber hinaus im Miteinander mit Stauden und wiederkehrenden Zwiebelblühern wie Narzissen oder Allium ein unaufdringliches, aber gepflegtes, naturnahes Gefüge entstehen lassen. Man gewinnt als Besucher und Bürger den Eindruck, dass man sich hier um das Gemeinwesen kümmert!

Dieser Idee ist man in diesem Jahr auch in Kleve gefolgt. Breit unterstützt vom Bürgermeister und den Ämtern der Stadt wurde auch hier der Platz um das Rathaus mit Stauden und Gräsern dauerhaft bepflanzt. Damit folgt auch Kleve dem, was sich Bürgerinnen und Bürger heute wünschen: Einen gepflegten, gestalteten Freiraum, der die Artenvielfalt fördert, Bienen, Insekten und Schmetterlinge lockt und zum Aufenthalt oder zum Spazierengehen einlädt. Durch ein freundliches, zugewandtes Erscheinungsbild entsteht durch solche Freiräume Identifikation und eine ansprechende Aufwertung des Stadtraums.

Noch ein Wort zum Kreisel

Kreisverkehre sparen Ampeln, machen den Verkehr flüssiger und verursachen weniger Unfälle – sie sind eine tolle Erfindung. (Der erste entstand übrigens 1906 im Central Park in New York.) Wir wären nicht in Deutschland, wenn der Kreisverkehr nicht durch jede Menge Vorschriften geregelt wäre. Schließlich geht es hier um Sicherheit von Verkehrsteilnehmern. Aber in Zeiten wie diesen auch wichtig: Sie verursachen weniger Flächenversiegelung als gleich leistungsfähige Kreuzungen. In Kranenburg wurden die Kreisverkehre mit heimischen Gräsern bepflanzt. Das macht die Kreisel sicher, lockt keine Fußgänger auf die Fläche und macht sie zu einer Art sympathischer Landmarke. Das Kranenburger Wahrzeichen, der Kranich, thront wie ein Storch erhaben auf einer Säule, die einem filgranen, wolkigen Nest entwächst. Die Gräser sind gut trockenverträglich und haben ihre hohe Zeit im Herbst und im Winter, ja gerade ihre Wintersilhouette ist besonders reizvoll. Auch der Forderung nach Sicherheit wird mit den relativ niedrigen Gräsern Rechnung getragen. Weitere Informationen unter: 2. Link

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