Die Corona-Krise hat sich auf die Wirtschaft in Ost- und Westdeutschland ähnlich gravierend ausgewirkt. Zwar gab es in einzelnen Branchen und Wirtschaftszweigen durchaus regionale Unterschiede, insgesamt zeigt sich jedoch ein vergleichsweise einheitliches Bild, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Tages der Deutschen Einheit am 3. Oktober mitteilt.
Aufgrund bestehender struktureller Unterschiede zwischen Ost und West zeigten sich allerdings Abweichungen bei der Wirtschaftsleistung der jeweiligen Bundesländer im Jahr 2020.
Die stärksten Umsatzeinbußen hatte in Ost wie West das von den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie besonders betroffene Gastgewerbe zu verzeichnen: Hier gingen die nominalen Umsätze in den ersten 12 Monaten nach Ausbruch der Pandemie – also von März 2020 bis Februar 2021 – gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fast die Hälfte zurück. Auch in den darauffolgenden Monaten verbesserte sich die Lage im Gastgewerbe kaum, allerdings zeigte sich bei den Umsätzen in Westdeutschland von März bis Juli 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum eine leichte Erholung (+1,7 %), während sie im Osten noch stärker einbrachen (-7,5 %).
Im Verarbeitenden Gewerbe zeigte sich in Ost und West von März bis Juli 2021 eine starke Erholung: Die nominalen Umsätze lagen 22,1 % (Ost) beziehungsweise 23,0 % (West) über denen des Vorjahreszeitraums, der größtenteils vom ersten Lockdown überschattet war, – und damit jeweils nahezu auf Vorkrisenniveau. In den ersten 12 Monaten der Pandemie war der Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe in den westdeutschen Ländern mit einem Minus von 9,9 % stärker eingebrochen als im Osten (-5,7 %). Das Bauhauptgewerbe insgesamt verzeichnete seit Ausbruch der Pandemie keine Umsatzeinbrüche. Allerdings bremste der unter anderem durch Corona-Effekte hervorgerufene Rohstoffmangel die Konjunktur von März bis Juli 2021: Gegenüber dem Vorjahreszeitraum gab es in Ost (+1,1 %) wie West (+ 1,4 %) nur geringe Umsatzzuwächse.
Verarbeitendes Gewerbe: Branchen in Ost und West ähnlich stark betroffen
Der Industriesektor ist im Westen Deutschlands stärker ausgeprägt als im Osten. In den westdeutschen Ländern war die Automobilherstellung als bedeutsamste Industriebranche in den knapp anderthalb Jahren seit Beginn der Krise den stärksten Schwankungen unterworfen. In der Automobilbranche gingen die nominalen Umsätze in den 12 Monaten nach Ausbruch der Pandemie gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 14,8 % zurück. Von März bis Juli 2021 folgte ein Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fast die Hälfte (+43,0 %), das Vorkrisenniveau war damit allerdings noch nicht erreicht. Hohe Umsatzeinbußen verzeichneten im ersten Krisenjahr auch der Maschinenbau (-10,9 %) sowie die Metallerzeugung und -bearbeitung (-9,1 %). Von der wirtschaftlichen Erholung seither profitierte vor allem die Metallbranche: Die Umsätze in der Metallerzeugung und -bearbeitung legten von März bis Juli 2021 um 41,3 % % gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu.
In den ostdeutschen Bundesländern fiel der coronabedingte Umsatzeinbruch von März 2020 bis Februar 2021 im Maschinenbau (-12,8 % gegenüber Vorjahreszeitraum) und bei der Herstellung von Metallerzeugnissen (-11,6 %) besonders hoch aus. Dagegen konnten die ostdeutschen Hersteller von elektrischen Ausrüstungen im Gegensatz zu jenen in Westdeutschland ihre Umsätze steigern – um 7,8 %. Von der wirtschaftlichen Erholung in den Folgemonaten des Jahres 2021 profitierte im Osten Deutschlands – ähnlich wie im Westen – vor allem die Automobilindustrie (+69,1 % gegenüber März bis Juli 2020) und die Metallerzeugung und -verarbeitung (+54,5 %). Die nominalen Umsätze lagen hier über dem Vorkrisenniveau.
Bauwirtschaft: Positive Entwicklung im Westen etwas stärker
Das Baugewerbe spielt für die Wirtschaft in Ostdeutschland eine etwas größere Rolle als für den Westen. Gerade dort kam allerdings die insgesamt positive Entwicklung der Branche nach Ausbruch der Pandemie weniger zum Tragen: In den ersten 12 Monaten der Krise nahmen die nominalen Umsätze in Ostdeutschland um 0,7 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu, in den westdeutschen Ländern dagegen um 4,4 %. Größere Unterschiede gab es vor allem beim Wohnungsbau (+2,1 % im Osten, +8,2 % im Westen) sowie beim gewerblichen Tiefbau (-2,7 % im Osten, +11,4 % im Westen).
Gastronomie und Beherbergung: Erholung im Westen, Einbußen im Osten
Die coronabedingten Einschränkungen sorgten im Gastgewerbe im ersten Jahr der Pandemie bundesweit für deutliche Umsatzeinbrüche. Diese fielen sowohl mit Blick auf die Gastronomie als auch mit Blick auf die Beherbergungsbetriebe in Ost und West ähnlich deutlich aus. Von März 2020 bis Februar 2021 verzeichneten die Gastronomen in Ostdeutschland um 40,1 % geringere Umsätze als im Vorjahreszeitraum (Westdeutschland -43,8 %); die Beherbergungsbetriebe verbuchten in den ostdeutschen Ländern mit 52,6 % ein leicht geringeres Umsatzminus als jene in den westdeutschen Ländern (-58,1 %). Während sich in den darauffolgenden Monaten jedoch in den westdeutschen Ländern eine leichte Erholung abzeichnete, gingen die Umsätze im Osten Deutschlands weiter zurück: So mussten die Beherbergungsbetriebe in Ostdeutschland von März bis Juli 2021 ein Umsatzminus von 14,6 % gegenüber dem bereits von der Pandemie überschatteten Vorjahreszeitraum hinnehmen (Westdeutschland: +0,9 %). In der Gastronomie in Ostdeutschland fiel das Minus gegenüber März bis Juli 2020 mit -3,6 % nicht ganz so hoch aus wie in den Beherbergungsbetrieben, im Westen war dagegen eine leichte Erholung von 2,0 % zu verzeichnen.
Wirtschaftsleistung ging 2020 in ostdeutschen Ländern weniger stark zurück
Aufgrund der strukturellen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland bei den einzelnen Wirtschaftsbereichen wirkten sich die wirtschaftlichen Entwicklungen im Corona-Jahr 2020 unterschiedlich stark auf die ökonomische Gesamtleistung der Bundesländer aus. Beim preisbereinigten Bundesinlandsprodukt (BIP) fiel der Rückgang im Jahr 2020 gegenüber 2019 in den ostdeutschen Ländern (-3,8 %) geringer aus als im Westen (-5,1 %). Deutlich eingebrochen ist 2020 das Verarbeitende Gewerbe: Mit einem Minus der preisbereinigten Bruttowertschöpfung von 10,8 % war der Rückgang in den westdeutschen Bundesländern deutlich stärker als in den ostdeutschen Ländern (-7,4 %). Zudem ist der Anteil des Verarbeitenden Gewerbes an der Wirtschaftsleistung im Westen mit 20,9 % deutlich höher als im Osten (13,5 %).
Nicht ganz so ausgeprägt ist der Ost-West-Unterschied der wirtschaftlichen Entwicklung 2020 in den Dienstleistungsbereichen, zu denen auch Handel und Gastgewerbe zählen. Aber auch hier ist der Rückgang 2020 gegenüber dem Vorjahr mit -4,4 % in den alten Bundesländern etwas stärker als in den neuen Ländern (-4,0 %). Der Anteil der Dienstleister an der Wertschöpfung insgesamt ist dabei im Westen mit 69,6 % niedriger als im Osten (73,9 %). Ein anderes Bild ergibt sich beim Baugewerbe, das relativ gut durch das Jahr 2020 kam. Die preisbereinigte Bruttowertschöpfung legte im Westen um 3,3 % gegenüber dem Vorjahr zu, im Osten lag sie mit 0,8 % nur leicht über dem Vorjahresniveau. Mit 7,4 % ist der Anteil des Baugewerbes an der Wirtschaftsleistung in Ostdeutschland dabei etwas höher als in Westdeutschland.