Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Krüger: Rechtsrahmen zum Kohlenstoffabbau könnte wertvolle Funktionen unserer Böden erhalten / Ganzheitlicher Ansatz dringend notwendig

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger (Foto: NABU/Frank Müller)

Seit heute tauschen sich die Landwirtschaftsministerinnen und -minister der EU-Mitgliedsstaaten beim informellen EU-Agrarrat zum Thema Carbon Farming aus. Der NABU begrüßt, dass die Bedeutung der europäischen Böden im Kampf gegen den Klimawandel zunehmend an Aufmerksamkeit gewinnt. Es sei jedoch essenziell, nicht nur die Speicherfunktion der Böden, sondern auch deren Wert für die biologische Vielfalt in den Fokus zu rücken. 

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Gesunde Böden sind unerlässlich für den Schutz unseres Klimas und unserer Artenvielfalt. Dass die EU-Agrarministerinnen und -minister den Erhalt der wertvollen Funktionen unserer Böden in den Fokus rücken, ist ein erster wichtiger Schritt. Auch die Initiative der EU-Kommission, einen gesetzlichen Rahmen zur Zertifizierung des CO2-Abbaus zu entwickeln, stimmt zunächst einmal optimistisch. Solange Carbon Farming jedoch ausschließlich auf einen Emissionsausgleich durch CO2-Zertifikate abzielt, kann es nur wenig zur Lösung unserer ökologischen Krisen beitragen – im Gegenteil: Es könnte die Krisen sogar noch verschlimmern, zum Beispiel, wenn der Kohlenstoff im Boden durch einen stärkeren Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln erhöht werden soll. 

Damit Carbon Farming sein volles Potenzial für Klima und Natur entfalten kann, braucht es einen ganzheitlichen Lösungsansatz, der nicht nur die Reduktion aller Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft sicherstellt, sondern auch die Regeneration unserer Ökosysteme. Konkret heißt das: Der Schutz unserer Natur gehört in den Mittelpunkt der Carbon Farming Initiative. Ein freiwilliger CO2-Zertifikatemarkt kann dieser Herausforderung alleine nicht gerecht werden.

Die EU-Kommission ist daher in der Verantwortung, einen politischen Rahmen zu entwickeln, der Landwirtinnen und Landwirte das nötige Wissen an die Hand gibt und genügend Anreize bietet, die gesamte Bodengesundheit zu fördern.” 

Hintergrund: Carbon Farming in der EU

Carbon Farming hat das Ziel, Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft zu reduzieren und Kohlenstoff aus der Atmosphäre im Boden zu binden, um so der Klimakrise entgegenzuwirken. Aktuell gibt es jedoch kein politisches Instrument, dass Landwirtinnen und Landwirten Anreize für die Kohlenstoffbindung und den Schutz der biologischen Vielfalt bietet. Bis Ende 2022 möchte die EU-Kommission daher einen EU-Rechtsrahmen für die Zertifizierung des CO 2 -Abbaus vorschlagen. Der französische Landwirtschaftsminister Julien Denormandie möchte - wie er im Januar betonte – während der französischen Ratspräsidentschaft sicherstellen, dass das Thema Carbon Farming in allen Mitgliedsstaaten einen hohen Stellenwert einnimmt. 

Hintergrund: Leistungen und Zustand unserer Böden

Gesunde Böden sind die Grundlage unserer Ernährungssicherung und die Voraussetzung der biologischen Vielfalt an Land. Gleichzeitig sind sie ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die Klimakrise. Ihre Humusschicht speichert und filtert Wasser, stellt wichtige Nährstoffe bereit und bindet Kohlenstoff. So entzieht zum Beispiel eine neu gebildete Tonne Humus der Atmosphäre etwa 1,8 Tonnen CO2 (Idel 2020). Die Realität in der aktuellen Landnutzung sieht jedoch anders aus: Viele der wertvollen Ökosystemdienstleistungen, die Böden erbringen, werden zerstört oder sogar umgekehrt. So speichern selbst die meisten deutschen landwirtschaftlich genutzten Böden heute kein Kohlenstoff, sondern emittieren im Schnitt 0,19 Tonnen CO2 pro Hektar und Jahr (Jacobs et al. 2018). Eine Trendumkehr in der Entwicklung der Gesundheit unserer Böden ist nun schnellstmöglich notwendig, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen erreichen zu können.

 

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