Fachzeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau

Am 20. Oktober geht der Flieger der beiden Teilnehmer Phil-Elias Kornmacher und Erik Stanke zusammen mit ihrem Teamtrainer und Experten Johannes Gaugel nach Tallinn in Estland. Hier findet vom 24. bis 27. Oktober der Wettbewerb für die Landschaftsgärtner mit der Skill-Nummer 37 statt.

Erik Stanke und Phil-Elias Kornmacher mit einigen ihren direkten Unterstützern, wie Trainer Georg Kahsnitz, Unternehmer Dieter Vogel von der Creativ Garten Sachsen GmbH in Großschirma, wo einige der Trainings stattfanden sowie Geschäftsführer Axel Keul vom Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Sachsen e. V. mit seiner Mitarbeiterin Susan Naumann, die sich um die komplette organisatorische Abwicklung im Hintergrund kümmert. (von li nach re: Axel Keul, Georg Kahsnitz, Phil-Elias Kornmacher, Dieter Vogel, Erik Stanke und Susan Naumann, Referentin für Nachwuchswerbung und Öffentlichkeitsarbeit beim VGL Sachsen.) Foto: AuGaLa

Die 46. WorldSkills Competition 2022 laufen in diesem Jahr als Special Edition, da die Berufswettkämpfe aufgrund der Absage Shanghais als Austragungsort in insgesamt 10 Ländern stattfinden werden. Die EU ernannte Tallinn bereits am 9. September 2021 zur „Grünen Hauptstadt Europas 2023“ – sehr passend für die Austragung dieser Wettbewerbsdisziplin.

Daten und Fakten

Zu den diesjährigen WorldSkills (Berufeweltmeisterschaften) 2022 werden über 1.000 Wettkämpferinnen und Wettkämpfer aus 57 Ländern und Regionen erwartet, die in insgesamt 61 Wettbewerbsdisziplinen antreten. Die Deutsche Berufe-Nationalmannschaft nimmt mit 37 Fachkräften in 32 Disziplinen an der WM der Berufe teil. In Tallinn starten im Skill 37 „Landscape Gardening“ 15 Zweierteams aus 15 Ländern und werden ebenfalls von 15 Experten bewertet. Die Teilnehmenden sind jeweils die besten ihres Landes und treten gegen die Weltspitze an.

WorldSkills bietet Führungskräften aus der Industrie und dem Handwerk, aber auch Schülerinnen und Schüler des austragenden Landes die Möglichkeit, Informationen über die verschiedensten Berufe sowie bewährte Ausbildungsmöglichkeiten zu sammeln. Diese Möglichkeit bietet in Tallinn der Garten- und Landschaftsbau. Der Wettbewerb ist der Öffentlichkeit, Schulen und Interessierten zugänglich.

Die Vorbereitung

Die große Unbekannte im Garten- und Landschaftsbau ist seit dem Jahr 2017 die Wettbewerbsaufgabe, die von unabhängigen Personen geplant wird. Zur Vorbereitung gibt es lediglich ein Testprojekt in Form einer Beschreibung und einer Skizze. In diesem Jahr ersetzt eine Bildergalerie, passend zu den angedachten Gartenelementen, die Zeichnung. Die Planungsidee liest sich – passend zum austragenden Land – sehr naturnah und in Teilen von der Küste Estlands inspiriert. Trockenmauern aus Kalkstein, dem „estnischen Nationalstein“, Natursteinwege, Kräuterhochbeete, trockenheitstolerante Bepflanzungen, hölzerne Brücken und ein Pfad aus Pflastersteinen sind nur einige Punkte, die es innerhalb der Wettbewerbsaufgabe umzusetzen gilt. „Deshalb trainierten Phil-Elias Kornmacher und Erik Stanke in ihrer vorletzten Trainingseinheit vor allem Naturstein- und Holzarbeiten. Dabei standen geschwungene Formen im Fokus“, berichtet Johannes Gaugel, GaLaBau-Unternehmer aus Heuchlingen und seit dem Jahr 2017 als Experte für das deutsche Team der Landschaftsgärtner zuständig. Weiteren Aufschluss über das, was eventuell auf die Wettbewerbsteilnehmer zukommt, gibt die Liste der benötigten Werkzeuge. Die Werkzeugbox mit ihren exakt vorgegebenen Dimensionen und Inhalten ist bereits per Paketdienst unterwegs nach Estland. Trainiert wird das sächsische Team neben Johannes Gaugel auch von Georg Kahsnitz aus Bahretal (EdGarten GmbH) sowie vom Natursteinexperten Christian Dietz aus Wilsdruff.

„In den ersten beiden Trainingswochen haben wir den Schwerpunkt ganz bewusst auf das Zeitmanagement sowie Problemlösungsstrategien gesetzt. Das Training von Steinarbeiten bei einem konstant hohen Arbeitstempo stand ebenfalls auf unserer To-Do-Liste. Die Schnelligkeit haben Erik und Phil-Elias mittlerweile verinnerlicht", erläutert Gaugel, der viel Wert auf eine zielgerichtete Zeiteinteilung legt.

Das Team

Erik Stanke ist 21 Jahre alt und arbeitet inzwischen als Fach- und Vorarbeiter bei seinem Ausbildungsbetrieb Schubert & Reimann aus Ebersbach-Neugersdorf. Natursteinarbeiten wie Mauern und Wegebau sind ganz nach seinem Geschmack. Als aktiver Handballer in Neugersdorf ist er Leistungsdruck gewohnt. Er beschreibt sich selbst als völlig unaufgeregten Typ und ruhigen Menschen.
Phil-Elias Kornmacher ist ebenfalls 21 Jahre und arbeitet als Fach- und Vorarbeiter bei der Creativ Garten Sachsen GmbH in Großschirma, die ihn auch ausgebildet hat. Phil-Elias Hobby ist gute Musik und die legt er als DJ auf Stadt- und Dorffesten sowie in Jugendclubs auf. Auch er ist Handballer und spielt als Linksaußen oder Aufbauspieler beim SSV Lommatzsch 1923 e. V..

So langsam steigt die Spannung bei beiden Weltmeisterschaftsteilnehmern, denn nun geht es in die heiße Phase. „Das mittlerweile veröffentlichte Testprojekt zum Wettbewerb enthält lauter Aufgaben, die uns recht gut von der Hand gehen könnten“, meinen die beiden.

Sowohl Phil-Elias als auch Erik haben gebührenden Respekt vor der fachlichen Herausforderung, die in Tallinn auf sie zukommt. Trotz der Verschiebung um ein Jahr und der danach folgenden Änderung des Wettbewerbsortes hat die Motivation für diesen Wettbewerb bei beiden nie nachgelassen. Das zeugt von einer hohen Resilienz dieses Teams.

Ende August traf sich die gesamte deutsche Nationalmannschaft in der Nähe von Koblenz zur gemeinsamen Vorbereitung und einem letzten persönlichen Austausch. „Die mittlerweile fünfte und letzte Trainingswoche hier in Siebenlehn ist dem Feinschliff gewidmet“, erläutert Gaugel.

In der Fankurve in Tallinn wird neben den Familien der beiden Teilnehmer auch Axel Keul, Geschäftsführer des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Sachsen e. V. (VGL) mit gedrückten Daumen stehen. Keul weiß, wie wichtig die Gewinnung von Nachwuchs und Fachkräften für seine Betriebe ist und steht deshalb komplett hinter diesem Wettbewerb, der auch vom VGL einiges an zeitlichem sowie finanziellem Aufwand fordert.

Der Ablauf des Wettbewerbs

Am Tag vor der Eröffnung des Wettbewerbs werden die Details gelüftet. „Wir dürfen zusammen mit allen Teilnehmenden unseren Skill-Standort, die Materialien und die Werkzeuge ansehen. Die Aufgabe wird dann den 15 teilnehmenden Teams gemeinsam und zum ersten Mal vorgestellt“, skizziert Gaugel den Ablauf in Tallinn. Während des Wettbewerbs haben Team und Experte nur begrenzte Zeiten, sich fachlich abzustimmen: jeweils morgens eine viertel Stunde, eine Stunde während der Mittagspause und am Abend nach dem täglichen Schlusspfiff weitere 15 Minuten. „Alles weitere müssen die Jungs auf ihrer Baustelle selbst entscheiden“, so Gaugel.

An den Wettbewerbstagen (24. bis 27. Oktober 2022) wird es dann für Phil-Elias und Erik vier Tage lang schweißtreibend und nervenaufreibend. In nur 22 Stunden ist ein kompletter Garten nach einem detaillierten Plan zu bauen. Das Tempo, das die beiden jungen Landschaftsgärtner bereits jetzt bei ihren Trainings vorlegen, ist deshalb bewusst hoch. Gaugel weiß, wie sich die Mitbewerber vorbereiten und dass es immer mehr Teams gibt, die in der Spitzenregion mitspielen. Um weiterhin vorne mit dabei zu sein, sind volle Konzentration, Nervenstärke, perfektes Zeitmanagement und Zusammenspiel sowie höchste fachliche Präzision gefordert. „Das berühmte Quäntchen Glück brauchen wir natürlich auch. Die knappe Zeitvorgabe reicht nämlich nur dann für die vorgegebene Aufgabe, wenn alles reibungslos abläuft. Fehler kann sich kein Team leisten. Nach jedem Wettbewerbstag werden abends bereits Teile des Gartens bewertet. Dieses modulare System mit 50 Prozent subjektiven und 50 Prozent objektiven Kriterien, wie beispielsweise exakte Vermessungspunkte, bleibt somit auch in diesem Jahr erhalten", führt Johannes Gaugel aus.

Stadt und Leute

Tallinn ist die Hauptstadt Estlands sowie das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes. Nach der Auflösung der UdSSR begann die Privatisierung nach skandinavischem Vorbild. Das liberale Wirtschaftsumfeld macht Tallinn attraktiv für Unternehmen. Die kostenlose VoIP-Software Skype entstand beispielsweise hier. Zudem haben sich in Tallinn viele nordeuropäische Banken aufgrund der gut ausgebildeten Arbeitskräfte ein Standbein aufgebaut. Die mittelalterliche Altstadt gehört zum UNESO Weltkulturerbe und ist absolut sehenswert. Mit rund 430.000 Einwohnern, die sich aus Esten, russisch sprachigen Einwohnern sowie einigen Finnen zusammensetzt, ist Tallinn auch die größte Stadt des Landes. Sie liegt am Finnischen Meerbusen der Ostsee und ist somit nur 80 Kilometer von Helsinki entfernt. Die Temperaturen im Oktober sind bereits sehr kühl und überschreiten den einstelligen Bereich nicht mehr.

Fast live dabei

Tallinn ist der deutschen Zeit im Oktober um eine Stunde voraus. Somit wird es die ersten Posts auf Facebook und die ersten Stories auf Instagram an den Wettbewerbstagen gegen 10.00 Uhr deutscher Zeit geben, denn der tägliche Anpfiff erfolgt vermutlich um 9.00 Uhr Ortszeit. Die Berichterstattung beginnt mit dem ersten Wettbewerbstag, am 24. Oktober. Ab dann wird jeden Tag mit Fotos, Videos und kurzen Kommentaren über den Verlauf des Wettbewerbes auf der Facebook-Seite der Landschaftsgärtner ´(1. Link) sowie auf dem Instagram-Account (2. Link) berichtet.

Das Ausbildungsförderwerk Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (AuGaLa) stellt neben der Finanzierung und den Kosten in Tallinn auch die Internetplattform (3. Link) mit eigener ausführlicher Rubrik (unter Events) zur Verfügung. Nach der Eröffnung des Wettbewerbs gibt es hier täglich aktuelle Bilder und Informationen zur deutschen Baustelle. Eine Lektüre, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

 

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